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27.03.2011 | 03:27 | Agrarforschung 

Anden-Viagra hilft halben Zuchtbullen

Zürich - Maca aus den peruanischen Anden soll angeblich Libido und Fruchtbarkeit bei Mensch und Tier steigern. Tierernährungsspezialisten der ETH Zürich testeten die Wunderknolle an Zuchtbullen, deren Spermienqualität nicht gut genug ist.

Peruanische Bauern
Peruanische Bauern legen Maca zum Trocknen an die Sonne. (c) Nicole Locher / ETH Zürich
Anden-Viagra oder Anden-Ginseng: Die Namen sagen viel aus über die Vorzüge, die Lepidium meyenii angeblich haben soll. «Maca», so heisst die Pflanze auf Spanisch, gilt als Aphrodisiakum, als Wundermittel, das die Libido verbessert und die Manneskraft steigert. Nebenbei soll es auch gut für die körperliche Leistungsfähigkeit und die Psyche sein.

Tatsache ist: Maca enthält zahlreiche bioaktive Stoffe, darunter das Macaen und die Macamide, die nur diese Pflanze bildet. Doch was ist dran an der Potenz- und Libido-steigernden Wirkung dieses Gewächses, das ursprünglich nur in den peruanischen Anden rund um den Junin-See zwischen 3.800 und 4.200 Meter über Meer vorgekommen ist und dort offenbar optimale Wachstumsbedingungen vorfindet?


Beweglichere Spermien dank Maca

«Die Libido beim Tier steigert Maca eben gerade nicht», winkt Michael Kreuzer, Professor für Tierernährung an der ETH, ab. Das zeigen Versuche, die seine ehemalige Doktorandin Céline Clément in Zusammenarbeit mit Swissgenetics durchführte. Maca kann aber die Spermienqualität verbessern helfen. Das «Anden-Viagra» wurde jungen Zuchtstieren, deren Samenqualität für eine künstliche Befruchtung nicht genügend hoch war, als Zusatz ins Futter gegeben. Die Jungstiere erhielten 10 Wochen Maca-Zusatz, weitere 10 Wochen nicht.

Das Resultat der Zusatzfütterung überraschte die Forscher: Zwar lieferten die jungen Stiere nicht mehr Ejakulat, und sie hatten auch nicht mehr «Bock». Maca regte jedoch die Bildung von bewegungsfähigen Spermien an, ihre Zahl nahm deutlich zu. Überdies nahm die Zahl von Samenzellen mit DNS-Defekten ab. Die Effekte zeigten sich allerdings erst in den zweiten 10 Wochen, obwohl dort kein Maca mehr gefüttert wurde. «Ganz überraschend ist das nicht, weil die Spermabildung zirka acht Wochen dauert, so dass der Effekt erst später richtig zum Tragen kommt», sagt Kreuzer.

Maca-Zusatz könnte also junge Bullen mit grenzwertiger Samenqualität davor bewahren, frühzeitig im Suppentopf zu enden. «Die höchsten Kosten, die bei der Samengewinnung anfallen, sind nämlich die Haltungskosten der Stiere», sagt Kreuzer. Die wolle man minimieren. Deshalb haben Unternehmen wie Swissgenetics kein Interesse daran, einen jungen Stier, dessen Samen nicht verwendbar ist, durchzufüttern.


Inhaltsstoffe nur in dünner Luft

Allerdings ist Maca nicht gleich Maca. Von der Pflanze gibt es viele Farbvarianten. Bei Pflanzversuchen in Peru fand Céline Clément heraus, dass es neben der Farbvariante wesentlich ist, auf welcher Höhe und welchem Boden Maca wächst, damit die Pflanze einen möglichst hohen Gehalt an dem ihr eigenen Macaen und den Macamiden aufbaut. Nur Maca, das auf rund 4.000 Meter wächst, kann diese Pflanzenstoffe bilden. Auch Maca, das auf ausgelaugten Böden wuchs, fehlten diese charakteristischen Inhaltsstoffe, es enthielt dafür mehr Glucosinolate. Diese Pflanzenstoffe verleihen zahlreichen Gemüsesorten, wie Rettich oder Senf, den bitteren Geschmack.

Am höchsten ist der Gehalt an Macaen und Macamiden im radieschenähnlichen Hypocotyl, dem knollenartig verdickten Stängel unterhalb der untersten Blattpaare. Die Blätter enthalten nur noch einen Zehntel der Inhaltsstoffe.


Patentiertes Genom?

An den Maca-Inhaltsstoffen sind nicht nur Zuchtunternehmen interessiert. Auch Firmen, welche diese Produkte im Reformhaus verkaufen wollen, scheinen mit dieser Pflanze ein gutes Geschäft zu wittern. So gibt es Bemühungen, die Inhaltsstoffe der Pflanze synthetisch herzustellen und das Maca-Genom zu patentieren. Damit würde aber Maca nicht mehr den Anden-Bauern gehören, sondern Konzernen. ETH-Professor Michael Kreuzer befürchtet deshalb, dass dadurch den armen Bauern ein wichtiges Zusatzeinkommen entgehen könnte.


Maca

Maca stammt aus der Region Junin, Peru, wo diese Pflanze aus der Familie der Kreuzblütengewächse (Brassicaceae) schon vor 3000 Jahren angebaut wurde. 1843 wurde sie erstmals systematisch erfasst und als Lepidium Meyenii wissenschaftlich beschrieben. Noch im Jahr 1980 bauten die Bergbauern der Region Maca auf einer Fläche von nur 15 Hektaren an. Ab den 90er Jahren förderte die Regierung den Anbau, die Pflanze wurde aufgrund ihrer Potenz- und Libido-fördernden Wirkung immer stärker beachtet. Anbau und Export nahmen zu, bis im Jahr 2000 der Boom die Preise zerfallen liess. Die Pflanze wird nur 20 cm hoch, hat eine Hauptwurzel und sekundäre Knollen, das Hypocotyl, das verzehrt werden kann. Maca-Pulver wird in Europa und den USA seit einiger Zeit als Nahrungsergänzungsmittel verkauft und soll die Leistungsfähigkeit, Psyche, die Libido und die Potenz stärken.

ETH Life - Das Online-Magazin der ETH Zürich, Peter Rüegg, 22.03.2011
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