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25.02.2019 | 08:04 | GroKo 

Koalition streitet über Klimaschutz, Rente und Steuern

Berlin - Klimaschutz, Rente, Steuern - Union und SPD wollen sich mit diesen Themen profilieren, und sorgen für Ärger beim jeweils anderen Koalitionspartner.

Koalitionsvertrag
Die Koalition streitet. Anlass dazu sind Forderungen beider Seiten, die über den Koalitionsvertrag hinausgehen. Profilierung vor entscheidenden Wahlen in Europa und im Osten. (c) proplanta
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) stößt mit ihrem geplanten Klimaschutzgesetz auf massive Vorbehalte bei der Union, ebenso Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit seinen Ideen für eine Grundrente zugunsten geringverdienender langjähriger Beitragszahler.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wiederum will in diesem Jahr ein Gesetz zur Abschaffung des Solidaritätszuschlags für 90 Prozent der Zahler vorlegen. In der «Rheinischen Post» (Samstag) wies er die Unionsforderung nach voller Streichung ab.

Die Streitfelder im Überblick:

Klimaschutz: «Klimaschutz kann so nicht funktionieren», sagte der CDU-Energieexperte Jens Koeppen der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf Schulzes Klimaschutz-Gesetzentwurf. «Wer glaubt, mit Stichtagsregelungen und Daumenschrauben die Ressorts zu Einsparungen zwingen zu können, wird an den Pariser Klimaschutzzielen scheitern.»

Schulze will per Gesetz regeln, wie stark Bereiche wie Verkehr, Industrie und Landwirtschaft ihren Treibhausgas-Ausstoß Jahr für Jahr senken müssen, damit Deutschland sein Klimaschutzziel für 2030 - 55 Prozent weniger Treibhausgase als 1990 - und die EU-Vorgaben einhält.

Konkrete Maßnahmen überlässt sie den Fachressorts. Betroffen sind vor allem Kollegen der Union: Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Bauminister Horst Seehofer (CSU).

Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) sagte der dpa, die Koalition solle besser Schritt für Schritt vorgehen. «Jetzt legen wir zunächst den Pfad für einen auch wirtschaftlich und sozial vertretbaren Kohleausstieg fest. Dann geht es um konkrete, rasche Maßnahmen in allen Sektoren.» Im Gebäudebereich etwa sei die steuerliche Förderung energiesparender Sanierungen überfällig.

Der SPD-Wirtschafts- und Energiepolitiker Bernd Westphal sagte der dpa: «Das Klimaschutzgesetz ist im Koalitionsvertrag vereinbart und geht jetzt richtigerweise in die Umsetzung.» Die Ressorts müssten liefern. «Es wäre nicht zu vermitteln, wenn wir Zahlungen wegen Verfehlung der Klimaziele leisten müssten.»

SPD-Vizefraktionschef Matthias Miersch warnte die Union vor einer Blockade. Die große Koalition müsse jetzt liefern, sagte er in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin» am Sonntag. «Liefern wir nicht, blockiert die CDU/CSU weiter, ist das eine schwere Hypothek für diese große Koalition.» Miersch nahm auch Kanzlerin Angela Merkel in die Pflicht: «Ich erwarte natürlich von einer Kanzlerin, dass sie vorn an der Spitze der Bewegung steht.»

Ziel der Zusagen im Pariser Klimaabkommen von 2015 ist, die Erderwärmung auf unter zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Geht es weiter wie bisher, ist Ende dieses Jahrhunderts die Welt wohl gut drei Grad wärmer.

Steuern: Eine vollständigen Streichung des Soli für alle Zahler, wie von der Union gefordert, würde pro Jahr nochmals zehn Milliarden Euro kosten. Allerdings haben niedrige Zinsen und gute Konjunktur in den vergangenen zehn Jahren dafür gesorgt, dass der Staat zuletzt Überschüsse erwirtschaften konnte. 2018 erzielten Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen trotz Konjunkturabschwächung einen Rekordüberschuss von unter dem Strich 58 Milliarden Euro.

Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder bekräftigte die Forderung nach einem vollständigen Soli-Abbau. Dies sei «eine Frage der Glaubwürdigkeit», sagte er dem «Münchner Merkur» (Montag). «Wir haben kein Zweiklassen-Steuersystem.» Scholz argumentierte: «Wieso soll jemand, der eine Million im Jahr verdient, mehr als 20.000 Euro sparen? Es geht um eine Frage der Gerechtigkeit.»

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hielt dem im «Merkur» entgegen: «Die Leistungsträger in unserem Land, die Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen, sind eben auch die anderen zehn Prozent. Da geht's bereits um den Tischler mit ein paar Angestellten.» Der Soli werde auch nicht mehr nur für den Solidarpakt verwendet, sondern sei eine allgemeine Steuer des Bundes.

Rente: Scholz lehnt auch eine Bedürftigkeitsprüfung bei der geplanten Grundrente für Geringverdiener ab, denn dadurch könnten Empfangsberechtigte abgeschreckt werden, sagte er der «Rheinischen Post». «Im Streit mit CDU und CSU, die auf der Bedürftigkeitsprüfung bestehen, geht es doch um die Frage: Bekommen nur 100.000 Menschen die Grundrente - oder drei bis vier Millionen?»

Sozialminister Heil will bei der Grundrente auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichten, obwohl diese im Koalitionsvertrag vereinbart ist. Sein Plan sieht automatische Renten-Zuschläge für Geringverdiener vor, die mindestens 35 Jahre Beiträge gezahlt haben. Auch Teilzeitarbeit, Kindererziehungs- und Pflegezeiten zählen. Wer dann weniger als 896 Euro Rente hat, bekäme bis zu 447 Euro monatlich als Zuschlag. Dies kann rund fünf Milliarden Euro im Jahr kosten.

CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer argumentiert, für die Union sei die Prüfung der Bedürftigkeit eine Frage der Gerechtigkeit. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte der «Welt am Sonntag», Heils Konzept akzeptiere die Union auf keinen Fall. Die SPD wolle sich mit ihren Sozialstaatsplänen auf Kosten der Bürger profilieren.
dpa
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