Eine Wein- Majestät muss heute schließlich einiges bieten: Sie muss gute Reden halten, selbstbewusst auftreten, sich rund um Oechsle und Xylose auskennen und am besten auch noch witzig und charmant sein. Um sich für den königlichen Posten vorzubereiten, sind am Samstag in Trier 25 angehende Kronenträgerinnen von einem Profi trainiert worden. Die ehemalige deutsche
Weinkönigin Lydia Bollig-Strohm (1991/1992) bringt den jungen Frauen das königliche ABC bei, damit sie überzeugen und begeistern können. Für den Wein natürlich.
«Es ist ein wichtiges Amt, bei dem man viel bewegen kann», sagt die 39-Jährige, die heute in Offstein (Rheinhessen) mit ihrem Mann ein Weingut führt. Grundlage sei zwar Wissen über Wein, aber noch wichtiger sei es, «Freude» zu vermitteln. Und je nach Veranstaltung die richtige Ansprache und passende Kleidung zu finden. «Bei einer Party von jungen Winzern müsst Ihr natürlich anders auftreten als beim Seniorennachmittag», sagt Bollig-Strohm, die seit 15 Jahren Prinzessinnen und Königinnen in Franken, in der Pfalz und an der Mosel trainiert.
Seit der ersten deutschen Weinkönigin vor 60 Jahren hat sich das Amt deutlich verändert. «Früher durfte sie anstoßen und zuprosten, aber nur in außergewöhnlichen Ausnahmen reden», sagt der Sprecher des Deutschen Weininstituts (DWI), Ernst Büscher, in Mainz. Bei ihren Auftritten trug sie brav Trachten und reiste maximal bis nach Bonn oder Berlin. Ende der 1980er kam der Wandel: «Da wurden die Damen auf einmal kesser», sagt Büscher. Petra Mayer (1988/1989) trug plötzlich Jeans und küsste auf einer Schifffahrt US-Präsident George Bush sr.
«Das Amt der Gebiets- und deutschen Weinkönigin ist schon ein Vollzeitjob», sagt Bollig-Strohm. Immerhin rund 250 Termine warten auf eine deutsche Weinhoheit. Weltweit. Tokio, Taipeh, Hongkong sind Routine. Von diesem Jahr an wirbt die deutschen Kronenträgerin auch in der Luft für den Wein - in der First Class bei der Lufthansa.
«Der Job geht nur, wenn man ihn als Hobby sieht», sagt Michaela Zimmer (25), Saar-Obermosel-Prinzessin. Sie sei stolz, «etwas für die Kultur, Tradition und Region zu tun», sagt die Bankkauffrau. «Ihre» Königin Judith Schmitt (25), die Freizeit- und Tourismusgeografie an der Uni Trier studiert, liebt ihren Job ebenfalls. «Vielleicht bewerbe ich mich dieses Jahr als Gebietsweinkönigin», sagt sie.
Anfangs stammten alle Königinnen aus einer Winzerfamilie, sagt Bollig-Strohm. Das war Pflicht. Heute trifft das nur noch bei wenigen der Erzieherinnen, Studentinnen oder Medienwissenschaftlerinnen zu. Büscher findet den Wandel gut: «Sie tragen dazu bei, das Bild des deutschen Weines zu verändern und das Amt der Weinkönigin moderner zu machen», sagt er. Im Ausland, gerade in Asien, würden die Königinnen hofiert. Viele Japaner wollten sich allein mit den Hoheiten ablichten lassen. Nur in Großbritannien übt die deutsche Majestät Zurückhaltung. «Da lassen wir sie nicht mit Krone auftreten. Da sind die Engländer dann doch ein bisschen empfindlich»,sagt Büscher. (dpa)