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14.04.2012 | 20:47 | Wilderei 

Verzweifelte Suche nach einer Strategie gegen Nashorn-Wilderer

Kapstadt - Es ist ein blutiges, widerliches Geschäft: Die Wilderer entfernen den meist angeschossenen oder betäubten Nashörnern brutal mit Äxten oder großen Kettensägen das mächtige Horn vom Fleisch.

Jagdgewehr
(c) proplanta
Die Tiere werden heftig blutend und waidwund zurück gelassen. Die meisten verenden - ein qualvoller Tod.

Die illegale Jagd auf Nashörner im südlichen Afrika, ihrem letzten großen Lebensraum, nimmt seit Jahren zu. Bis März dieses Jahres haben Wilderer allein in Südafrika 135 der Dickhäuter getötet. 2011 waren es 448 Rhinozerosse, 2010 noch 333 - fast dreimal so viel wie noch 2009. Hinzu kommen die legal erlegten Nashörner: 2011 zahlten dafür 143 Großwildjäger bis zu jeweils 80.000 Euro.

Die Jagd wird von einem wachsenden Markt für das begehrte Nashorn angeheizt. In China und Südostasien gilt es vielen als Medizin und - entgegen aller wissenschaftlicher Erkenntnisse - als Aphrodisiakum, also als Mittel zur Anregung der sexuellen Lust. Käufer zahlen laut der «International Rhino Foundation» bis zu 50.000 Euro pro Kilogramm.

«Nashorn-Wilderei wird von der internationalen organisierten Kriminalität betrieben», sagt der Leiter der Umweltorganisation WWF in Südafrika, Morné du Plessis. Es genüge deshalb nicht, «die Wilderer zu jagen. Die Regierungen in Afrika und Asien müssen zusammenarbeiten, um die Bandenbosse zu finden».

Zwischen den oft bestens organisierten und ausgerüsteten Wilderern und den Tierschützern tobt ein Krieg. Beide Seiten haben in den vergangenen Jahren massiv aufgerüstet. Die kriminellen Jäger kommen mit Hubschraubern und Geländewagen, operieren mit halbautomatischen Waffen und Nachtsichtgeräten, mit denen man sogar aus vier Kilometern Entfernung die Umrisse eines Nashorns erkennt.

Allein 2011 wurden 26 Wilderer in Südafrika von Sicherheitskräften erschossen. Sicherheitskräfte nahmen über 230 Personen - darunter mehrere Asiaten - wegen Nashorn-Wilderei fest. In Pretoria war sogar eine vietnamesische Diplomatin mit abgesägten Hörnern festgenommen worden, wurde aber wegen ihrer Immunität nur ausgewiesen.

«Wir haben es mit organisierter Kriminalität auf höchstem Niveau zu tun», sagt die südafrikanische Umweltministerin Edna Molewa. «Wer die Wilderei bekämpfen will, muss zu allererst die Schwarzmärkte in Asien trocken legen», fordert WWF-Artenschutzexperte Volker Homes.

«In Vietnam gibt es elf Web-Adressen, bei denen man Nashorn bestellen kann», klagt Tom Milliken vom Naturschutzverband «Traffic». In Asien werde der Handel kaum verfolgt.

Hauptkriegsschauplatz in Südafrika ist der Krüger-Nationalpark, der mit 20.000 Quadratkilometern fast so groß ist wie Hessen. Wegen Größe und Lage - an der Grenze zu Mosambik - gelingt es trotz 650 Park-Rangern und dem Einsatz von Soldaten sowie elektronischer Grenzzäune nicht, den Park zu kontrollieren. Zumal jüngst auch noch Park-Ranger festgenommen wurden, die mit Wilderern zusammen gearbeitet haben sollen.

So wird weiter nach einer wirksamen Strategie gegen die Wilderei gesucht. Eine Idee war, das begehrte Horn der Nashörner durch einen Tierarzt fachmännisch zu entfernen und damit die Tiere für Wilderer unattraktiv zu machen. Die Hörner wachsen mit den Jahren wieder nach.

Aber die Tourismus-Branche ist davon wenig begeistert: «Die Besucher wollen richtige Nashörner sehen, mit Hörnern natürlich», so Katrin Pleske, deutsche Reiseleiterin in Kapstadt.

Andere erwägen, die Hörner der Tiere zu vergiften, damit sie für den Menschen nicht mehr genießbar sind. Im «Nashorn und Löwen Naturreservat» nahe Johannesburg wollte der Wildparkbetreiber Ed Hern sogar tödliches Zyankali in die Hörner der Dickhäuter spritzen - das allerdings wies der Tierarzt zurück. Nun wird mit Mitteln experimentiert, die beim Konsumenten heftige Bauchschmerzen auslösen. Naturschützer sind skeptisch.

In einigen Nationalparks in Südafrika, Kenia und Tansania wurden Nashörnern Mikrochips in die Hörner eingesetzt, damit man sie besser überwachen kann. Alarm wird ausgelöst, wenn ein Tier plötzlich losrennt, länger als normal schläft oder den Nationalpark verlässt. Der Einsatz der Chips erleichtert auch die Verfolgung von Wilderern. Die Spuren der Hörner lassen sich verfolgen.

Südafrikas Regierung hat kürzlich eine Studie in Auftrag gegeben, die klären soll, ob eine Legalisierung des Handels unter strenger staatlicher Kontrolle sinnvoll sein könnte. Der südafrikanische Wildfarmer John Hume ist davon überzeugt, «dass Nashörner bald ausgestorben sind, wenn wir den Handel nicht legalisieren». Nur so könne man das «Blutbad unter den Rhinozerossen beenden».

Inzwischen verhängen die Gerichte drakonische Strafen gegen Wilderer. Drei Männer aus Mosambik wurden jüngst zu jeweils 25 Jahren Haft verurteilt. Sie waren mit Gewehren, einer Axt und zwei frisch abgeschnittenen Hörnern erwischt worden. Ministerin Molewa lobte das Urteil. Damit werde gezeigt, wie ernst die Regierung den Kampf gegen Wilderer nehme. Südafrikas Nashörner seien ein «nationales Heiligtum», das es zu schützen gelte.

Verurteilt wurden jüngst auch fünf Männer, die eine 19-jährige Frau vergewaltigt hatten, weil sie lesbisch war, und die sie dann umbrachten. Das Strafmaß: Jeweils 18 Jahre für die Täter. Viele in Südafrika fragen sich, ob da nicht die Maßstäbe durcheinander geraten sind. «Warum bekommen tote Nashörner mehr Schlagzeilen als tote Menschen», kritisierte die Zeitung «Mail & Guardian».
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