Während bei Vion und der
Westfleisch deutlich weniger Tiere an den Haken kamen, konnten einige mittelständische Unternehmen ihr Produktionsniveau halten oder sogar leicht ausbauen. Dies geht aus dem aktuellen Schlachthofranking der
Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) hervor, das am Freitag (29.3.) veröffentlicht wurde. Demnach wurden 2018 bei den Top 10 der Branche insgesamt 44,74 Millionen Schweine geschlachtet; das waren 1,11 Millionen oder 2,4 % weniger als im Vorjahr.
Im gesamten Bundesgebiet hat das Schlachtaufkommen jedoch mit einem Minus von 3,0 % auf 56,67 Millionen Schweine noch etwas stärker abgenommen. Der aggregierte Marktanteil der Top-10-Unternehmen nahm deshalb weiter zu, im Vergleich zu 2017 allerdings nur um 0,4 Prozentpunkte auf 78,9 %. Die Top-3-Schlachter Tönnies, Vion und Westfleisch brachten es dabei auf einen praktisch unveränderten Anteil von 57,2 %.
Branchenprimus Tönnies konnte laut der ISN-Erhebung 2018 nur im Ausland wachsen; im Bundesgebiet stagnierten die Schlachtungen auf dem Vorjahresniveau von 16,60 Millionen Schweinen. Im rückläufigen Gesamtmarkt bedeutete das allerdings einen Anstieg des Marktanteils um 0,9 Prozentpunkte auf 29,3 %.
Wie das Unternehmen kürzlich berichtete, ging der Gesamtumsatz im Vergleich zu 2017 um 3,6 % auf 6,65 Mrd. Euro zurück, was insbesondere an den gesunkenen Schweinepreisen lag. Laut
ISN spürt auch Tönnies die Grenzen des Wachstums, weshalb aktuell nicht in Schlachthaken, sondern in die
Modernisierung von Verarbeitungskapazitäten investiert werde.
In den für die Wursthersteller wirtschaftlich schlecht gelaufenen Jahren 2016 und 2017 wurden durch Tönnies einige Unternehmen zugekauft. Diese stehen aktuell auf dem Prüfstand, werden entweder modernisiert oder geschlossen.
Vion lässt FedernDie Nummer zwei am deutschen
Schlachtschweinemarkt, die
Vion Food Group, musste im vergangenen Jahr einen weiteren Rückgang ihrer Schweineschlachtungen hinnehmen, und zwar um rund 500.000 Tiere oder 5,9 % auf 8,0 Millionen Stück. Der Marktanteil ging von 14,6 % auf 14,1 % zurück. Damit werde deutlich, wie schwierig das Jahr für Vion gelaufen sei, erläuterte die ISN.
Der Preis- und Margendruck auf den wichtigsten Märkten in Asien und Europa sei enorm gewesen, was das niederländische Unternehmen wohl dazu bewogen habe, zurückhaltender im Einkauf zu agieren und immer wieder auch mit Hauspreisen aufzufallen.
Zukünftig sollen im Rahmen des „Good-farmingbalance"- Programms Schweinehalter in Deutschland mit speziellen Abrechnungsmasken vertraglich an das Unternehmen gebunden werden und nach Vorstellungen der Vion eine nachfrageorientierte Lieferkette aufgebaut werden.
Auch bei der Westfleisch wurden 2018 spürbar weniger Schweine verarbeitet. Das Aufkommen ging im Vorjahresvergleich um 5,7 % auf 7,79 Millionen Tiere zurück, wodurch der Marktanteil um 0,4 Prozentpunkte auf 13,7 %sank. Nach Angaben der Genossen aus Münster resultierte das Minus aus geringeren Lohnschlachtungen; die eigenen
Betriebe hätten 1,6 % mehr Schweine geschlachtet. Laut ISN will die Westfleisch ihre Standorte grundlegend modernisieren und dabei insbesondere das Werk in Oer-Erkenschwick erweitern.
Mittelstand zwischen Zuversicht und BangenPlatz vier im ISN-Ranking belegte 2018 erneut
Danish Crown in Essen; das Unternehmen schlachtete mit 3,52 Millionen Schweinen rund 100.000 Tiere oder 2,8 % weniger als 2017. Da der Rückgang in etwa dem Bundesmittel gleich, blieb der Marktanteil mit 6,2 % unverändert.
Unter den „kleineren“ Schlachtbetrieben konnten laut ISN Simon-Fleisch, Manten und Tummel als einzige der Top 10 bei den Schweineschlachtungen zulegen; das Aufkommen nahm dort zwischen 1,5 % und 3,2 % zu. Bei Müllerfleisch konnte das Vorjahresniveau von 2,15 Millionen Tieren immerhin gehalten werden, während bei der Böseler Goldschmaus 1,5 % weniger Schweine angeliefert wurden.
Nach vorheriger Expansion musste die Willms-Gruppe dagegen einen recht deutlichen Rückgang um 7,5 % auf 1,30 Millionen verarbeitete Tiere verkraften.
Die Stimmung der mittelständischen
Schlachter schwankt laut ISN zwischen Zuversicht und Zukunftsangst. Die meisten Unternehmen hätten ihre Kosten im Griff und in den vergangenen Jahren positive Renditen erwirtschaftet. Beispiele dafür seien Simon-Fleisch und das Unternehmen Manten. Rückläufige
Schweinebestände, ein extrem angespannter Arbeitsmarkt mit steigenden Löhnen, die preiswerte Konkurrenz aus dem Ausland und nicht zuletzt die
Marktmacht des deutschen Lebensmitteleinzelhandels machten dem Mittelstand jedoch mehr und mehr zu schaffen.
China bestimmt den MarktZur aktuellen
Marktlage und den Zukunftsaussichten erklärte ISN-Marktexperte Matthias Quaing, dass momentan China das dominierende Thema sei. Die Afrikanische
Schweinepest (ASP) scheine dort außer Kontrolle. Der anspringende Asienexport sei Preistreiber Nummer eins und lasse die globalen Fleischpreise sprunghaft steigen.
„Unternehmen ohne gültige China-Lizenz könnten jedoch ins Hintertreffen geraten", warnte Quaing, der einen verschärften Konkurrenzkampf erwartet.
Die plötzlich steigenden
Rohstoffpreise dürften insbesondere viele mittelständisch geprägte Fleischverarbeiter und Wursthersteller in existentielle Schwierigkeiten bringen. Die Rechnung gehe am Ende nur auf, wenn der
Lebensmitteleinzelhandel die steigenden Preise möglichst umgehend an den Verbraucher weitergebe, so der Experte. Ansonsten werde der
Strukturwandel in der
Fleischwirtschaft 2019 noch einmal spürbar angeheizt.