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03.09.2019 | 03:07 | Waldschutz 
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Millionenschwerer Notfallplan für Wald in Baden-Württemberg

Stuttgart - Deutlicher geht es nicht - eine «Katastrophe» erlebe der Wald, er sei im Klimastress, im Ausnahmezustand, warnen Politiker und Förster, Waldbesitzer und Naturschützer. Was tun?

Wald in Baden-Württemberg
Dem Wald geht es schlecht. Schlimmer noch: ganze Baumarten sind bedroht, Zehntausende Bäume sterben im Hitzestress und durch den Borkenkäfer. Es muss investiert und aufgeforstet werden, da sind sich alle einig. Wieviel, wo und was - darüber wurde nun beraten. (c) proplanta
Welche Bäume setzen? Oder sollte man die Flächen einfach aufgeben, obwohl der Wald der große Hoffnungsträger gegen den Klimawandel ist?

Verbände und Politiker haben beim Stuttgarter Waldgipfel einen Notfallplan des Forstministers besprochen. Das Ergebnis in etwa: häufiger reden, schneller entscheiden, mehr bezahlen.

Die Lage



Zwei trockene Sommer in Folge und massive Schäden durch den Borkenkäfer - Tausenden Bäumen haben Hitze und Befall den Rest gegeben. Landesforstminister Peter Hauk (CDU) lässt kaum eine Gelegenheit aus, um auf die Krise im Wald hinzuweisen. Drastische Schäden gebe es vor allem an Buchen, im Rheintal falle die Kiefer auf großen Flächen aus, in weiten Teilen Baden-Württembergs seien die Tannen enorm beschädigt und den Fichtenbestand habe der Borkenkäfer angegriffen.

Das Ausmaß



Hauk schätzt, dass in den kommenden Jahren mindestens 30 Millionen Bäume allein in Baden-Württemberg gepflanzt werden müssen. Unklar ist allerdings, ob die Baumschulen überhaupt ausreichend Setzlinge anbieten können, um den Bedarf der kommenden Jahre an klimaresistenten Bäumen zu decken.

Das Gremium



All die, denen der Wald aus Naturschutzgründen und als Wirtschaftsfaktor wichtig sind, saßen im Landwirtschaftsministerium mit am Tisch. Neben Verbänden aus den Bereichen Wald, Erholung-, Umwelt- und Naturschutz waren die Bauernverbände eingeladen, auch Kirchenvertreter, kommunale Landesverbände, die Sägeindustrie und Wissenschaftler nahmen an der Debatte teil. Insgesamt saßen mehr als 50 Teilnehmer am Tisch.

Der Plan



Hauk will Klimaforschung und Krisenmanagement stärken, er schlägt außerdem vor, Waldbesitzer finanziell zu unterstützen und die Holzvermarktung zu erleichtern. Vorgesehen sind aber auch 200 neue Stellen in der Forstverwaltung, das Borkenkäfermonitoring wird durch angelernte Hilfskräfte verstärkt und die Bürokratie entschlackt.

Zudem soll der Pakt für Ausbildung für die Forstwirte vom Land fortgeführt werden. Damit plant der CDU-Landwirtschaftsminister, bis 2024 pro Jahr 100 Forstwirte auszubilden.

Die Forschung



Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) wird laut Notfallplan ihre Klimaforschung verstärken und intensiver bewerten, welche Forstpflanzen sich unter bestimmten Bedingungen wie entwickeln. Um einfacher über eine Wiederbewaldung entscheiden zu können, stellen die Forscher Eignungskarten für Standorte und Baumarten zur Verfügung.

Die Kosten



Hauk rechnet mit einem Volumen von jeweils 40 Millionen Euro in den Jahren 2020 und 2021, darunter 13 Millionen Euro pro Jahr für die neuen Stellen und 10 Millionen Euro für Schutzmaßnahmen zum Beispiel gegen Borkenkäfer. Das Geld soll in den neuen Doppeletat des Landes eingestellt werden.

Bei einem Teil des Geldes handelt es sich um eine Kofinanzierung des Landes an den geforderten Notfallmitteln des Bundes. Bis zum Frühjahr 2020 soll auch ein «Masterplan Wald» ausgearbeitet werden - nach diesem könnten die Kosten über einen Zeitraum von zehn Jahren insgesamt rund eine halbe Milliarde Euro betragen.

Die Chancen



Wie das in einer Koalition so ist, muss der Partner noch zustimmen, bevor es losgehen kann. Die grün-schwarzen Beratungen für den Doppeletat 2020/21 des Landes gehen bald in die heiße Phase. Aber da der Klimaschutz in der politischen Agenda weit oben steht, sind die Chancen für Hauks Plan gut. «Es gibt Zeiten, in denen man Prioritäten setzen muss», sagte er. «Und ich halte die Lage im Wald derzeit für eine prioritäre Notwendigkeit.»

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der auch von anderen Ressorts umfangreiche Wunschlisten vorgelegt bekommen dürfte, hat den gestressten Wald bereits zur Chefsache erklärt und erkannt, dass es eilt: Bei einer Waldbegehung im August im Schwarzwald sprach er von einer «echten Krisensituation».

Die Reaktionen



Verbände, Naturschützer und Wissenschaftler zeigten sich nach Einschätzung des Naturschutzbundes (Nabu) zufrieden mit Hauks Notfallplan. «Es gab insgesamt eine große Zustimmung», sagte Nabu-Landeschef Johannes Enssle. «Die Vorschläge sind grundsätzlich sinnvoll, sie sind zwar teuer, aber notwendig.» Dietmar Hellmann von der Arbeitsgemeinschaft Wald forderte eine deutliche Erhöhung des Hilfsvolumens von derzeit 40 Millionen Euro. «Da sollte noch eine '0' dran», sagte er dem Südwestrundfunk.
dpa/lsw
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Kommentare 
U.M.Sorg schrieb am 07.09.2019 18:18 Uhrzustimmen(3) widersprechen(0)
Weder der Slogan:
"Am schönsten hat's die Forstpartie, der Wald der wächst auch ohne sie"
noch
der Aufruf zur Neu- oder Erstaufforstung, noch zur baumschulgeprägten Nachpflanzung des Waldes allein führt zum Ziel
bei den leider noch lange ansteigenden Jahrestemperaturen!

Wir - die Gesellschaft - die wir ganz wesentlich mit dem Wald (als Klima-Schutz- und Erholungswald) lebt und künftig noch mehr (Bau-)Holz braucht (kein anderer Baustoff ist so nachhaltig wie Holz!) muss beides beachtet werden.
Das können nur versierte und auf eine ganzheitliche Nachhaltigkeit ausgerichtete Forstleute mit einem differenzierten auf Lage, Exposition, Böden/Geologie, ... erarbeiteten Plan auch umsetzen.

Aber auch der Gedanke, wie das Niederschlagswasser im Wald zurück gehalten werden kann, fordert die Forstpartie und die Politik jetzt noch mehr heraus denn je: Es müssen schleunigst alle Moor- und Anmoorböden im Wald aus der Jahrhunderte währenden Entwässerung und Wasseraustreibungspolitik befreit werden, ja ganz konkret diese Moorböden hydrologisch saniert, resp. diese Moore alle wieder vernässt werden, gegebenenfalls auch mit dem Verlust (oder des vorher geernteten) Baumbestandes!
Aus entwässerten Moorböden, auch unter dem Schirm des Waldes entweichen pro Jahr und Hektar (nach Prof. M. Drösler HSWT etwa 18-20 Tonnen Treibhausgase, sog Kohlenstoffdioxid-Äquivalente).

Forstleute, Waldbauern und Politiker aller Couleur -
gebt bitte auch Obacht auf diesen, aus der Sicht der Klimaerwärmung bzw. Treibhausgas- Reduktionsmöglichkeit und aus der Sicht einer ganzheitlichen Nachhaltigkeit (nicht nur Carl von Carlowitz beachtend) Aspekt
und handelt!
Der Baumschuler schrieb am 03.09.2019 20:42 Uhrzustimmen(25) widersprechen(1)
Der Patient Wald.
Jetzt gibt es Geld. Für was?
Wo werden die 100 Forstwirt Auszubildenden je Jahr in BW eigentlich hergeholt?
Die Forstverwaltung verschlankt, noch mehr, na ja dann bricht wenigstens alles zusammen, Zähler für den Borkenkäfer eingestellt. Die Borkenkäfer müssen nicht mehr gezählt werden. Sie sind schon da. Es gibt keine Schadschwelle. Der Borkenkäfer muss mit allen Mitteln bekämpft werden.
Ich empfehle das lesen der der Ausführungen von H.H.Cramer- Der Patient Wald- vom Verlag TÜV Rheinland. Eine forstpathologische Analyse von 1992.
Einfach lesen, dann klärt sich einiges von selbst, natürlich nicht alles, das weiß ich auch.( Nur um die Kritiker etwas abzukühlen.
Als ich in den 80 er und 90 Jahren in der Forstbaumschule gearbeitet hatte, galt der Grundsatz: Der Wald muss sauber sein, nicht klinisch rein aber sauber. Heißt im Klartext, krankes und Totholz konsequent rausräumen.
Der Borkenkäfer darf sich nicht verbreiten. Einfach und klar. Die Politik und die Gesellschaft sagte NEIN.
Es wurden Reviere zusammen gelegt, Planstellen nicht mehr besetzt. Die Politik sagte wir brauchen keine Forstwirte mehr, der Wald kümmert sich. EIN SEHR GROSSER IRRTUM!
Was wurde eigentlich in den 80 und 90 Jahren in den Wäldern gepflanzt. Fichte und Tanne, ach so Monokultur. Wie praktisch.
Mischwald und Zukunftsbäume die es schon damals gab, NEIN. Zu unpraktisch, dafür gab es keine Zuschüsse. und jeder der neue Zukunftsbäume pflanzen wollte, bekam keine Zuschüsse und Genehmigungen.
Also Ficht und Tanne. Auf Teufel komm raus und gleich mit Borkenkäfer weil das Alt und Totholz blieb ja gleich liegen. Hat man ja auch nicht mehr geschafft, weil keine Forstwirte mehr da waren.
Klar, wir haben den zweiten trockenen Sommer in Folge, die Winterfeuchte fällt auch aus. Die Bäume leiden, auch bis dahin gesunde Laubbäume.
Einfach die Broschüre lesen. Klar der Weisheit letzter Schluss ist das auch nicht. Der pathologische Weg und die Ergebnisse passen genau zu dem jetzigen Zustand.
Aber bitte nicht schon wieder diese überstürzten Handlungen. Es hat mich nicht erstaunt, das medienwirksam die Politiker in ihren Wahlkämpfen Tanne in Zapfencontainern in den Wald pflanzen, sogar mit der Gießkanne angießen, damit sie nicht vertrocknen und erklären das alles getan wird damit die Bäumchen überleben. WAS FÜR EIN UNSINN.
Warum werden nicht endlich die richtigen Fachleute gehört und deren Ratschläge umgesetzt?
Warum wird das Geld schon wieder mit der Schaufel zum Fenster raus geschmissen?
Es wurden in den letzten Jahrzehnten katastrophale Fehler gemacht!
Der Wald muss sauber sein, das wurde früher gelehrt und durchgeführt.
Den Wald sich selber überlassen ist einer der größten FEHLER unserer Nation. Wir haben schon genug Quarantäneschädlinge die unser Leben sehr stark beeinflussen werden.
Die Baumschulen schaffen das schon, die Pflanzen zu produzieren. Es muss nur langsam Planungssicherheit her, schließlich produzieren wir Lebewesen, das braucht 2 - 4 Jahre und keine Fliesen die in ein paar Stunden fertig sind. Einfach auch mal mit den Baumschulen reden und nicht über sie reden!!!
So und nun einfach die richtigen Fachleute fragen, die Betonung liegt auf Fachleute wie Spezialisten und keine aufgeblähten Sitzungen und Volksreden abhalten. Es ist nicht 5 vor zwölf sondern 2 nach zwölf
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