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28.06.2010 | 10:54 | Agrarforschung 

Besserer Schutz von Mais dank schnellen kleinen nützlichen Würmern

Neuchatel - In den USA verursacht der Westliche Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera virgifera) Schäden, die jährlich auf rund eine Milliarde US Dollar geschätzt werden.

Maiswurzelbohrer
(c) JKI/Peter Baufeld
In Europa, wo Diabrotica erstmals Anfang der 1990 Jahre auftrat beläuft sich die Schadenssumme inzwischen auf fast eine halbe Milliarde Euro jährlich. Verletzter Mais hat jedoch eine Verteidigungsstrategie: Indem er spezifische Duftsignale ausströmt, lockt er die natürlichen Feinde des Maiswurzelbohrers an: kleine Fadenwürmer, sogenannte Nematoden. Um deren Einsatz in der natürlichen Schädlingsbekämpfung effizienter zu gestalten, ist es Forschern der Universität Neuchâtel gelungen, die Reaktionsgeschwindigkeit der hilfreichen Würmer mittels eines Auswahlverfahrens zu steigern. Dieser neue Erfolg des Nationalen Forschungsschwerpunkts Plant Survival ist Thema eines heute im Journal of Experimental Biology veröffentlichten Artikels.

Bis jetzt hat sich das Team von Ted Turlings auf Caryophyllen konzentriert, das chemische Notsignal welches von verletzten Pflanzen abgegeben wird, um so die natürlichen Feinde des Schädlings, Nematoden der Gattung Heterorhabditis megidis, herbeizulocken. Die Nematoden infizieren die maiswurzelschädigenden Diabrotica-Larven und stellen so indirekt den Schutz der Pflanze sicher. Ivan Hiltpold, einer der Hauptautoren dieses Artikels, interessiert sich jetzt auch dafür die andere Komponente dieser Abwehrstrategie zu optimieren: die Nematoden. In denen im Artikel beschriebenen Experimenten konnte er ihre Wirksamkeit gegen den Maisschädling steigern, indem er aus den Fadenwürmern gezielt diejenigen züchterisch auswählte, die am schnellsten auf das Wurzelsignal reagierten.

Für die Auswahl hat der Biologe erst gemessen, wie viel Zeit Nematoden im Labor benötigen, um in einem mit Sand gefüllten Labyrinth eine Duftquelle mit synthetischem Caryophyllen zu erreichen. Die 500 schnellsten Nematoden wurden zur Vermehrung ausgewählt und von diesen Nachkommen wurden wiederum die 500, die am besten auf das Duftsignal reagierten, zur weiteren Zucht verwendet. Nach sechsmaliger Wiederholung dieses Auswahlverfahrens gelang es Ivan Hiltpold schliesslich, ein «Dream Team» zu bilden: Eine Gruppe von 500 dieser Fadenwürmer legt den Parcours im Labyrinth in nur fünf statt zwölf Stunden zurück! Die Selektion erfolgte mit Nematoden der Gattung Heterorhabditis bacteriophora, die zwar sehr aggressiv gegen den Maisbohrer vorgehen, bis anhin allerdings kaum auf den Lockstoff Caryophyllen reagiert haben.

Es musste jedoch noch bewiesen werden, dass die unter Laborbedingungen selektionieren Nematoden auch im Freiland geeignet waren. In Ungarn, einer Region in Europa, in der Diabrotica besonders verheerende Schäden anrichtet, wurden den Forschern von CABI-Europe-Switzerland, die dort eine Feldstation betreiben, infizierte Felder zur Verfügung gestellt, auf denen zwei verschiedene Sorten Mais gesät worden waren, von denen die eine Caryophyllen produziert und die andere nicht. Dies bot Gelegenheit für Marianne Baroni, Master-Studentin bei Ted Turlings zusammen mit Ivan Hiltpold zu zeigen, dass die Maissorte, die Caryophyllen ausströmt, nach der Behandlung mit Nematoden weniger Wurzelschäden aufwies, als die «duftlosen» Maissorte. Ausserdem zeigte es sich, dass die selektionierten Nematoden mehr Larven des Wurzelschädlings vernichtet hatten, als solche, die nicht durch einen Zuchtprozess ausgewählt wurden.

Mit dieser Studie konnte das Team von Ted Turlings darlegen, dass der Einsatz von natürlichen Feinden eine realistische Vorgehensweise ist, die das Potential besitzt, die Technik der biologischen Schädlingsbekämpfung zu verbessern. Die Wissenschaftler hatten bereits aufgezeigt, dass die Manipulation der Pflanze, mit dem Ziel deren Duftsignale zu verstärken, realisierbar sind. Die Schwachstelle bei dieser Art von Schädlingsbekämpfung ist die die kostenträchtige und ineffiziente Ausbringung der Nematoden. Dank eines eidgenössischen Stipendiums zur Förderung der Zusammenarbeit von Industrie und Wissenschaft, das Ted Turlings zugeteilt wurde, kann Ivan Hiltpold nun an der Entwicklung neuer Technologien arbeiten, um die Anwendung dieser vielversprechenden Methode der biologischen Schädlingsbekämpfung weiter zu entwickeln. (unine)
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