Vor 150 Jahren, am 1. August 1863, wurde das Unternehmen als kleine Farbenfabrik in Wuppertal Barmen gegründet. Heute ist Bayer ein weltweit agierender Pharma- und Chemiekonzern mit 112.000 Mitarbeitern und 36 Milliarden Euro Umsatz.
Gerne verweist der Vorstandschef in diesen Tagen auf das Bayer-Produkt schlechthin: Aspirin. Fast kein Haushalt, in dem die Schmerzpille aus der grün-weißen Schachtel mit eingeprägtem Bayer-Kreuz nicht zu finden ist. Das Medikament sei ein «pharmazeutisches Wunder», das nie ins Wanken geraten sei, schwärmt Bayer in seiner Firmenchronik «Meilensteine». Nur ein anderes Mittel erreichte vorübergehend ähnliche, allerdings negative Berühmtheit: Der Blutfettsenker Lipobay, den Bayer 2001 vom Markt nahm, weil das Mittel im Verdacht stand, für den Tod von zahlreichen Patienten mitverantwortlich zu sein.
Das Ereignis stürzte den Konzern in eine tiefe Krise, die einen grundlegenden Umbau zur Folge hatte. So wurde unter anderem das klassische, aber wenig lukrative Chemiegeschäft 2004 abgetrennt, das später als Lanxess reüssierte. Selbst die Pharmasparte wankte, wurde dann aber 2006 mit dem Erwerb von Schering wieder stabilisiert. Zuvor hatten die Leverkusener ihre Photosparte Agfa verkauft und sich im
Pflanzenschutz mit Aventis CropScience verstärkt.
Der Kaufmann Friedrich Bayer und der Färber Johann Friedrich Weskott hatten viele Jahre früher noch anderes im Sinn. Farben - das war der Lockruf des Geldes. Der Deutsch-Französische Krieg stand noch bevor, als die beiden die Fried. Bayer & Co gründeten. Nur wenige Monate zuvor war in der Nähe von Frankfurt eine Teerfarbenfabrik entstanden, aus der sich später ein anderer Chemiegigant entwickelte, Hoechst. Zwei Jahr später folgte BASF. Die deutsche Chemieindustrie war geboren.
Erste Produktionsanlagen entstanden im Ausland und Bayer wurde bald in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Das Unternehmen fasste Fuß in der Agrochemie sowie im Pharmabereich und verlegte seinen Sitz 1912 nach Leverkusen. Es folgte ein dunkles Kapitel, das die gesamte damalige deutsche Chemieindustrie betraf - ihre Komplizenschaft mit dem Terrorregime der Nazis.
Schon vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten hatte Bayer seine Selbstständigkeit verloren, als das Unternehmen 1925 in der IG Farben aufgegangen war, zu der auch Hoechst,
BASF und andere Firmen gehörten. Förderer der Fusion war der damalige Bayer-Chef Carl Duisberg, der sich bereits um die Jahrhundertwende für einen Zusammenschluss stark gemacht hatte. Mit der Umsetzung hatten die Nationalsozialisten später ein leichtes Spiel, den Koloss für ihre Kriegsmaschinerie und Gräultaten einzusetzen.
So war die IG Farben neben Degussa an dem Unternehmen Degesch beteiligt, der Hersteller des Giftgases
Zyklon B, mit dem die Nazis in den Vernichtungslagern Millionen von Menschen ermordeten. Die Beschäftigung von Zwangsarbeitern gehörte in der deutschen Industrie zur Normalität, auch in der Chemiebranche. Laut Bayer waren es im IG-Werk Leverkusen im Herbst 1944 rund 4300 Menschen. Ein großer Teil des Unternehmenswachstums habe sich während der Kriegsjahre ereignet und sei auf Kosten der Opfer des Nationssozialismus gegangen, schreibt der Historiker Peter Hayes über die IG Farben.
Nach dem Krieg wurde der Chemieriese zerschlagen und einige Manager des Unternehmens wurden in den Nürnberger Prozessen zu Gefängnisstrafen verurteilt. Im Dezember 1951 wurde Bayer neu gegründet. Ulrich Haberland, der bereits die Niederrheinwerke der IG Farben führte, wurde erster Vorstandschef. Bayer nahm Fahrt auf und entwickelte sich zu einem integrierten chemisch-pharmazeutischen Konzern.
Heute stehen die Leverkusener mit den Sparten Gesundheit, Pflanzenschutz und hochwertige Kunststoffe auf drei Säulen. Seit den 90er Jahren setzt sich in der Branche aber zunehmend die Erkenntnis durch, die Bereiche Life Science (Gesundheit, Pflanzenschutz) von der Chemie/Kunststoffe zu trennen. Der Name Hoechst ist dabei vom Markt verschwunden. Ob Dekkers diesen radikalen Schnitt vollziehen wird, ist fraglich. (dpa)