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20.02.2010 | 13:47 | Personalie  

UN-Klimachef de Boer gibt auf

Bonn - «Never give up» - «Gib niemals auf».

UN-Klimachef de Boer gibt auf
Das Spruchband des Dalai Lama hängt im Bonner Büro von Yvo de Boer. Es war bisher auch das Motto des 55-jährigen Niederländers in den harten globalen Klimaverhandlungen. Doch nun wird sich de Boer untreu: Überraschend kündigte er am Donnerstag in Bonn seinen vorzeitigen Rückzug als oberster UN-Kämpfer für das Klima an. Der Schritt des versierten Verhandlers kommt zu einem Zeitpunkt, da die Klimaverhandlungen am Scheideweg stehen.

Zwei Monate nach dem Desaster des Weltgipfels von Kopenhagen hängt der internationale Klimaschutz in der Schwebe. Das angestrebte Nachfolge-Abkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll steht in den Sternen. Und der Schritt von de Boer wirft erneut die Frage nach der Rolle der Vereinten Nationen auf. Sind sie das geeignete Forum, um ein Abkommen zu verabschieden, wenn dafür die gesamte Staatengemeinschaft und alle nationalen Interessen auf einen Nenner gebracht werden müssen?

Yvo de Boer hat alles versucht, damit diese Verständigung erreicht werden kann. Er hat auch nie die kleineren Länder aus den Augen verloren. Gegen die taktischen Manöver und den fehlenden politischen Willen zu einer Einigung war er aber in Kopenhagen letztlich machtlos und weitgehend in eine Zuschauerrolle abgedrängt. Zuvor war de Boer, der über lange Erfahrung in den Klimakonferenzen verfügt, als vielsprachiger Mittler und Moderator immer im Brennpunkt.

«Mit de Boer geht der große Steuermann des Klimaprozesses von Bord», sagte der Leiter der Klimapolitik von Greenpeace, Martin Kaiser. Der Zeitpunkt sei aber nicht falsch, um die Weichen jetzt neu zu stellen und die Industrieländer auf der einen und die Schwellenländer wie China und Indien sowie die Entwicklungsländer auf der anderen Seite wieder näher zusammenzubringen.

In Kopenhagen hatten sich die Staats- und Regierungschefs nur auf ein Mini-Ergebnis verständigen können. Die «Kopenhagen-Vereinbarung» wurde schließlich von der Staatengemeinschaft nicht einmal verabschiedet. Keine Seite ging Verpflichtungen ein. Besonders China kämpfte mit harten politischen Bandagen und wollte US-Präsident Barack Obama zeigen, dass ohne Peking auf internationaler Bühne nichts mehr geht. Die Gefechtslage hat sich seither kaum verändert. Es gibt sogar kritische Stimmen, die davon ausgehen, dass es auf absehbare Zeit und auf Basis der Kopenhagener Papiere keine Einigung geben wird.

Seit Mitte 2006 leitete de Boer das UN-Klimasekretariat. Schon beim Kyoto-Protokoll 1997 arbeitete er mit. Danach leitete er EU- Delegationen bei Klimakonferenzen. Auf der großen Konferenz von Bali im Dezember 2007 versagten ihm nach aufreibenden Schlusstagen die Nerven und er brach auf offener Plenarbühne in Tränen aus, als der Vertreter Chinas ihn kritisierte. Yvo de Boer wird jetzt noch bis Ende Juni auf seinem Posten bleiben und zunächst im Frühjahr in Bonn auf einer UN- Zwischenkonferenz nach Lösungen suchen. Der große Wurf ist dabei nicht zu erwarten.

In der Erklärung zu seinem Rücktritt zeigte sich de Boer aber nicht gänzlich deprimiert. Dass inzwischen die wichtigsten Länder - alle zusammen sind für mehr als 80 Prozent des weltweiten CO2- Ausstoßes verantwortlich - ihre nationalen Klimaschutzziele vorgelegt hätten, zeige ihre Bereitschaft, für ein neues Abkommen zu arbeiten. Das soll dann im November/Dezember in Cancun (Mexiko) verabschiedet werden - de Boer ist dann schon nicht mehr dabei.

Der niederländische Diplomatensohn zieht mit seinem Rücktritt sicher auch eine persönliche Konsequenz aus dem Scheitern von Kopenhagen. Dass es externen Druck von Regierungen für seine Ablösung gegeben haben könnte, wird von seinem Umfeld verneint. Informierte Kreise verweisen auf eine Amtsmüdigkeit. Der Druck des permanenten internationalen Prozesses sei immens - auch physisch. Auch auf seinen Nachfolger wartet eine herkulische Aufgabe. (dpa)
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