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25.02.2010 | 22:59 | Umweltverschmutzung  

Helfer kämpfen verzweifelt gegen Ölpest in Italien

Monza - Der Kampf gegen die Ölpest an Italiens längstem Fluss, dem Po, ist für Feuerwehr und Zivilschutz zum Wettlauf gegen die Zeit geworden.

Helfer kämpfen verzweifelt gegen Ölpest in Italien
Die am Mittwoch errichteten schwimmenden Barrieren seien unzureichend, berichteten italienische Medien am Donnerstag. «Die Strömung ist zu stark, daher werden wir jetzt feste Barrieren aufbauen», kündigte der Präfekt von Piacenza, Luigi Viana, am Morgen an. Der Fluss ist durch den besonders regenreichen Winter stark angeschwollen. Die Barrieren im Norden sollten das Öl aufhalten, um es dann absaugen zu können. Inzwischen hat die schwarze Flut Cremona erreicht. Venetien bereite sich bereits mit zwei Spezialbooten auf die Ölflut vor, berichteten Medien am Mittag.

Die Ausmaße der Katastrophe sind bisher noch nicht abzuschätzen. Die Behörden rieten der Bevölkerung der betroffenen Gebiete inzwischen, kein Leitungswasser mehr zu trinken. Ein Gesundheitsrisiko durch den Verzehr von Lebensmitteln aus der Gegend bestehe hingegen bisher nicht, betonte der italienische Landwirtschaftsverband Coldiretti. Dutzende Wasservögel und Wildtiere verendeten bereits nach Angaben von Umweltschützern. Sollte die schwarze Flut die Adria erreichen, seien auch hier etwa 10.000 Arten der Meeresflora und Meeresfauna in Gefahr, befürchteten die Experten.


Verseuchung der Kläranlage - Todesstoß für Lambro-Fluss

Am Dienstag hatten Unbekannte vermutlich absichtlich mehrere Tanks der stillgelegten Raffinerie Lombarda Petroli di Villasanta geöffnet. Zwischen 2 und 10 Millionen Liter Heiz- und Dieselöl waren zum Teil in der Kläranlage von Monza aufgefangen worden. Der Rest des Altöls - italienische Medien sprachen von 600.000 Litern - schwappte zunächst in den Po-Nebenfluss Lambro. Nördlich von Piacenza erreichte die Ölpest dann am Mittwoch die 650 Kilometer lange Wasserader. Die Verseuchung der Kläranlage, die etwa 70 Prozent der giftigen Flüssigkeit aufgefangen haben soll und nun für voraussichtlich drei Wochen außer Gefecht gesetzt ist, stellt ein weiteres Problem dar.

Denn die Abwässer der rund 800.000 Einwohner der Gegend fließen im Moment ungeklärt in den Lambro. 20 Jahre Säuberungsarbeiten des Flussgebietes seien verloren, zitierte der Mailänder «Corriere della Sera» am Donnerstag Experten. Medien hatten schon am Vortag vom «Todesstoß für den Lambro» gesprochen. Die Hintergründe der Tat lagen auch am Donnerstag noch weitgehend im Dunkeln. Die Staatsanwaltschaft von Monza eröffnete Ermittlungen gegen Unbekannt. Italienische Medien vermuteten Bauspekulationen hinter der kriminellen Tat. So seien Großbauprojekte in der Nähe der seit Jahren stillgelegten Raffinerie geplant.


Politiker fordern Ausnahmezustand

Der Zivilschutz geht davon aus, dass alles, was nicht abgeschöpft werden kann, in den nächsten vier Tagen die Po-Mündung erreicht. Die Region Lombardei forderte die Regierung auf, den Ausnahmezustand für die Region zu gewähren. Die grüne Partei «Legambiente» forderte dies für ganz Italien und drängte die Regierung zu größerer Eile. «Diese Umweltkatastrophe ist bisher mit einer unglaublichen Langsamkeit behandelt worden», klagte der Präsident der Organisation, Vittorio Cogliati Dezza, am Donnerstag. Mit einer besseren Koordinierung der Rettungsmaßnahmen sei es jedoch noch möglich, die Schäden zu begrenzen, bevor das Öl das Po-Delta erreiche.

Fachleute der italienischen Fraktion der Naturschutzorganisation «World Wide Fund For Nature» (WWF) hatten bereits am Mittwoch von einem «Desaster mit Langzeit-Auswirkungen» gesprochen. Umweltministerin Stefania Prestigiacomo wollte sich am Donnerstag persönlich ein Bild von der Lage verschaffen. Am Nachmittag sollte im Abgeordnetenhaus über Maßnahmen beraten werden. (dpa)
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