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03.08.2010 | 21:02 | Öl-Fluch  

Ölpest vor US-Küste ist schlimmste der Geschichte

New Orleans - Schockierende Bilanz einer Katastrophe: Bei der Ölpest vor der US-Küste strömten nach neusten Zahlen von Forschern 4,9 Millionen Barrel in den Golf von Mexiko - das sind etwa 666.400 Tonnen.

Ölpest vor US-Küste ist schlimmste der Geschichte

Niemals zuvor wurde eine schlimmere Ölpest registriert. Mehr als drei Monate sprudelte das Öl ins Wasser. Zum Vergleich: Bei der Havarie des Tankers «Exxon Valdez» 1989 vor der Küste Alaskas flossen «nur» etwa 40.000 Tonnen ins Meer. Zwar ist das Bohrloch im Golf von Mexiko seit Mitte Juli provisorisch verschlossen - doch das endgültige Versiegeln mit Schlamm und Zement wird immer weiter verschoben.

Bevor die BP-Ingenieure mit der Aktion «Static Kill» beginnen, müsse zunächst ein Leck an der Abdichtung über dem Bohrloch gestopft werden, hieß es. Wichtige Tests mussten ausgesetzt werden, teilte BP mit. Die Experten hofften, noch am Dienstag (Ortszeit) die Aktion zu starten.

US-Medien nennen das mit Spannung erwartete Manöver «den Anfang vom Ende». Mehrere Schiffe stehen bereit, um den schweren Schlamm unter hohem Druck in das Bohrloch zu pressen und so das Öl, das in der Steigleitung nach wie vor nach oben drückt, in die Tiefe zu pressen. Gelingt das Manöver, kann das Bohrloch in 1.500 Metern Tiefe mit Zement verschlossen werden. Allerdings könnten zeitweise geringe Mengen Öl ins Meer fließen, warnte Einsatzleiter Thad Allen.

«Um ein Bohrloch richtig zu verschließen, muss der Druck vom Bohrlochkopf genommen werden. Man muss irgendetwas in das Bohrloch bringen, das einen Gegendruck zu dem nach oben drückenden Öl erzeugt», sagte Prof. Matthias Reich, Direktor des Institutes für Bohrtechnik und Fluidbergbau an der TU Bergakademie Freiberg, in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Bei dem «schweren Schlamm» handelt es sich nach den Worten Reichs um eine «sehr komplexe Flüssigkeit, die von Experten im Labor zusammengestellt wird. Sie ist zähflüssig und in diesem Fall sehr schwer.»

Der «finale Akt» zur Versiegelung steht dann etwa eine Woche später an. Dann wollen die Ingenieure auch das Öl-Reservoir in etwa vier Kilometern Tiefe unter dem Meeresboden verschließen. Bei dieser Operation «Bottom Kill» sollen ebenfalls Schlamm und Zement in die Steigleitung gepumpt werden. Das geschieht durch einen Nebenzugang, der seit Mai gebohrt wird. Über das tatsächliche Ausmaß der Ölpest gab es seit dem Untergang der Bohrinsel «Deepwater Horizon» am 22. April erhebliche Kontroversen.

Zunächst behauptete BP, es strömten lediglich geringe Mengen ins Meer. Dann wurden die Zahlen immer weiter nach oben korrigiert. Die neusten Schätzungen von Forschern hätten eine mögliche Abweichung von plus-minus zehn Prozent, teilte die US- Regierung mit. Die mexikanische Regierung will den BP-Konzern auf Schadenersatz verklagen. Das teilte Umweltminister Juan Rafael Elvira Quesada in Mexiko-Stadt mit, wie die Zeitung «Milenio» am Dienstag berichtete. Nach den Worten des Politikers werden die Regierungen Mexikos und der USA im September in Washington das Ausmaß der Schäden beziffern.

Als Sofortzahlung verlange Mexiko 70 Millionen Dollar (etwa 53 Millionen Euro). Noch sei kein Öl in mexikanischen Gewässern entdeckt worden, ergänzte Elvira. Dennoch sei das Ökosystem in Mitleidenschaft gezogen worden. Nach den Zahlen der Wissenschaftler wurde nicht einmal ein Fünftel (800.000 Barrel) des ausgetretenen Öls aufgefangen und auf Schiffe abgepumpt. Zuvor galt der Bohrinsel-Unfall der «Ixtoc» 1979 als die schwerste Ölpest. Damals flossen etwa eine halbe Million Tonnen ebenfalls in den Golf von Mexiko. (dpa)


Hintergrund:

Zahlen & Fakten zur Ölpest und zu BP

Im April ist die BP-Ölbohrplattform «Deepwater Horizon» im Golf von Mexiko versunken. Seitdem ist die BP-Aktie abgestürzt, tausende Meerestiere starben und hunderte Küstenkilometer sind ölverseucht. Einige Zahlen im Überblick:

  • Bis Mitte Juli strömten laut Einsatzzentrale der US-Regierung rund 4,9 Millionen Barrel ins Meer, das sind 666.400 Tonnen.
  • BP hat nach eigenen Angaben vom Montag (Ortszeit) bislang mehr als 87.000 Opfer der Ölpest entschädigt und dafür bislang etwa 266 Millionen Dollar (etwa 203 Millionen Euro) ausgezahlt. 
  • Der Wert einer BP-Aktie lag am 20. April bei 60,48 Dollar. Ihren bisherigen Tiefpunkt erreicht sie am 25. Juni mit 27,02 Dollar. Bei Börsenschluss am 2. August in New York war die Aktie 39,42 Dollar wert.
  • Im Kampf gegen die Ölpest kamen bislang 30.200 Helfer, 5.300 Schiffe, 830 Oberflächenabsauger und rund 1.000 Kilometer Ölsperren zum Einsatz.
  • Helfer sammelten der US-Naturschutzbehörde zufolge seit dem 20. April dieses Jahres 3.300 tote Vögel, 500 tote Schildkröten und 64 tote Meeressäuger ein. Ob sie alle wegen der Ölkatastrophe starben, ist allerdings unklar.
  • Die US-Regierung schätzt, dass 1.030 Kilometer der Golfküste in den Bundesstaaten Louisiana, Mississippi, Alabama und Florida ölverschmutzt sind.
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