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10.03.2011 | 10:41 | Grünen-Energieexperte Hans-Josef Fell 

Grüne: Schweden macht es besser beim Biosprit

Berlin - Der Grünen-Energieexperte Hans-Josef Fell hält die Biosprit-Strategie von Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) für gescheitert und verweist auf positive Beispiele wie Schweden.

E10
E10 ist für ihn der falsche Weg, um weg vom Erdöl zu kommen. «Das ist einfach nur Klein-Klein», sagt der 59-Jährige Miterfinder des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Interview mit der Deutschen-Presse-Agentur.


Herr Fell, gibt es Beispiele, wo es besser läuft beim Biosprit? 

Fell: «Wir haben in der Welt fast nirgendwo eine gute Markteinführung von Biokraftstoffen, weil die Mineralölindustrie sehr dominant ist und sich der Konkurrenz entledigen will. Positive Beispiele sind aus meiner Sicht nur Schweden und Brasilien. In Schweden gibt es die Zielvorstellung, bis 2030 Erdöl-frei zu sein. Das ist der richtige Denkansatz, weil man dann von vorneherein ganz anders an das Problem herangeht, weil man dann schon heute das notwendige tut, um das Ziel zu erreichen. Mit Beimischungszwängen hat man kein Ziel im Kopf, sondern nur ein bisschen Reduzierung der Abhängigkeit vom Öl. Das ist einfach nur Klein-Klein.»


Was konkret macht Schweden besser, um wegzukommen vom Erdöl?

Fell: «Schweden hat eine Strategie entwickelt, um das Erdöl vollständig zu ersetzen und setzt stärker auf reine Biokraftstoffe wie E98 oder E85. Gemeinsam mit Brasilien hat Schweden eine Technik entwickelt, die sogenannten flex-fuel Autos. Ein flex-fuel-Auto ist ein Benzin-Auto, das Ethanol in allen Beimischungsstufen verträgt: Von 0 bis mindestens 85. Der Verbraucher hat je nachdem, was für eine Tankstelle er vor sich hat, die Garantie, ich bekomme meinen Tank voll und kann alles tanken. Er muss keine Ängste haben, der Motor geht kaputt oder Schläuche werden angegriffen, da er eine Garantie hat.»


Ist Schweden nicht auch insgesamt bei den Biokraftstoffen weiter, also weniger Getreide, sondern mehr Holzreste?

Fell: «Ja. Schweden nutzt in einer richtigen Offensive Waldholzreste. Das läuft zwar nicht so schnell wie erwartet, aber die sind da dran. Es wäre aber grundfalsch zu denken, die erdölfreie Gesellschaft könne nur mit Bioethanol und Pflanzenöl geschaffen werden. Wir brauchen natürlich die Elektroautos und ein anderes Transportsystem mit mehr öffentlichem Verkehr und mehr effizienteren Verbrennungsmotoren, auch wenn schon Biokraftstoffe reingehen. Der Erdölbedarf der Erde lässt sich eben nicht 1:1 mit Biokraftstoffen decken. Beim Biosprit ist übrigens nicht die Art der Pflanze, etwa Getreide, das Problem, sondern die Konkurrenz ist, wenn man nicht mehr genügend Flächen zum Anbau von Nahrungsmitteln hat.»


Deutschland könnte weiter ein E10-Aus drohen, was empfehlen Sie?

Fell: «Statt Beimischungszwängen wäre eine Rückkehr zu der Steuerbefreiung für reine Biokraftstoffe wie Biodiesel wichtig. Der entscheidende Fehler ist gewesen, die Steuerbefreiung hierfür wieder abzuschaffen. Zuvor waren viele dezentrale Tankstellen in den ländlichen Räumen entstanden. Menschen haben direkt beim Bauern getankt und die ersten flex-fuel-Autos kamen nach Deutschland. Als dann von der großen Koalition die vollständige Besteuerung ab 2013 beschlossen wurde, ist alles zusammengebrochen. Mir tut es immer noch weh, wenn ich die Briefe bekomme von Landwirten, die ihr Kapital verloren haben. Hintergrund für diesen alles entscheidenden Fehler ist, dass sich der Mineralölwirtschaftsverband mit seinen Interessen durchgesetzt hat, um sich der bäuerlichen Konkurrenz zu entledigen.» (dpa)
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