Fein säuberlich dokumentieren sie dann ihre Mängelliste. Allerdings finden Kontrollen nur noch unregelmäßig statt. Die Verbraucherorganisation
Foodwatch stellt den Aufsichtsbehörden in Baden-Württemberg deshalb ein sehr schlechtes Zeugnis aus.
Mehr als jede dritte vorgeschriebene
Lebensmittelkontrolle im Südwesten falle aus, weil das Personal fehle, bemängelt Foodwatch in einer am Mittwoch veröffentlichten Datenrecherche. Bei einem Test der vorgeschriebenen Kontrollen seien fast alle Behörden durchgefallen, die eine oder andere sogar deutlich. Von 44 Behörden hätten lediglich die Stadt Ulm und der Kreis Heidenheim im Jahr 2018 ihr Soll bei den vorgegebenen Betriebskontrollen erfüllt. Sieben Kommunen oder Kreise schafften demnach sogar nur weniger als die Hälfte des Solls - darunter Stuttgart und die Kreise Böblingen, Ludwigsburg und Reutlingen. «Tübingen ist mit nur gut einem Drittel Soll-Erfüllung das Schlusslicht im Ländle», hieß es weiter.
Nach eigenen Angaben hat Foodwatch die rund 400 Behörden in Deutschland, die auf kommunaler Ebene für Hygienekontrollen zuständig sind, zur personellen Ausstattung und zur Zahl der Kontrollbesuche befragt. Laut Datenrecherche fanden im Jahr 2018 etwa eine Viertelmillion der vorgesehenen Kontrollbesuche nicht statt. Besonders eklatant seien die Behörden in Berlin und Bremen unterbesetzt. Dort seien mehr als die Hälfte der vorgesehenen Betriebsbesuche ausgefallen.
Musterschüler in Baden-Württemberg ist laut Foodwatch der Landkreis Heidenheim. «Hier ließ es die personelle Ausstattung nach Angaben der Behörde zu, dass in 2018 fast 50 Prozent mehr an Routinekontrollen durchgeführt werden konnten als vorgegeben», teilte die Verbraucherorganisation mit. «Natürlich sind wir sehr glücklich, dass wir eine gute Personalausstattung in der
Lebensmittelüberwachung haben und unseren Aufgaben entsprechend nachkommen können», sagte der Ordnungsdezernent im Landratsamt, Georg Feth. Sechs Lebensmittelkontrolleure seien für fast 1800 Lebensmittel verarbeitende
Betriebe im Kreis zuständig. Diese Betriebe würden regelmäßig und grundsätzlich unangekündigt kontrolliert.
Das Verbraucherschutzministerium betonte, in Baden-Württemberg werde ein bewährtes Kontrollsystem angewandt. Eine höhere Zahl an Kontrollen mache diese nicht unbedingt wirksamer. «Die bloße Zahl der Kontrollbesuche sagt nichts über die Qualität der Kontrollen aus», sagte Verbraucherschutzminister Peter
Hauk (CDU) in Stuttgart. Es werde dort häufiger kontrolliert, wo es ein höheres Risiko gebe, beim Bäcker oder Metzger also häufiger als bei einem Getränkehändler. «Wir haben mit diesem System in den vergangenen Jahren sehr gute Erfahrungen gemacht», sagte Hauk.
Laut Ministerium ist die Zahl der Kontrollbesuche seit dem Jahr 2010 von 94.000 auf 121.000 Visiten gestiegen. Die Zahl der kontrollierten Betriebe nahm im selben Zeitraum von 62.000 auf 81.000 zu, die Zahl der Kontrolleure von 244 auf 376.
In Stuttgart - von Foodwatch stark kritisiert - arbeiten 24 Kontrolleure. «Um alle Kontrollen durchführen zu können, müssten aber 10 zusätzliche Stellen geschaffen werden», sagte ein Rathaussprecher auf Anfrage. Hier sei das Land gefragt. Der Fachkräftemangel sei auch für die Lebensmittelüberwachung eine Herausforderung.
Kommen die Kontrollberichte ans Licht, könnte es für die betroffenen Unternehmen peinlich werden. Einige von ihnen wehren sich deshalb vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim gegen die Herausgabe der Berichte. Nach Gerichtsangaben sind sieben Beschwerden von Bäckereien und Discountern gegen die Behörden - meist Landratsämter - anhängig, die diese Berichte auskunftssuchenden Bürgern übergeben wollten. Die Unternehmen wollen im Eilverfahren verhindern, dass ihre Berichte an Dritte weitergegeben werden. Sie befürchten, an den Internet-Pranger gestellt zu werden und weniger Umsatz zu erzielen.
Die Klagewelle in ganz Deutschland geht auf die Foodwatch-Initiative «Topf Secret» zurück. Diese erleichtert mit einem standardisierten Formular auf der Internetplattform jedermann den Zugang zu den Behörden, die Auskunft erteilen sollen und zum Teil auch wollen. Dabei geht es um Informationen zu Beanstandungen der Kontrolleure und Gegenmaßnahmen. Die Weigerung von Unternehmen, Informationen herauszurücken, führte zu Rechtsstreitigkeiten, die von den Gerichten unterschiedlich bewertet werden.
Foodwatch beruft sich auf das Verbraucherinformationsgesetz. Bundesweit wurden über «Topf Secret» bislang mehr als 37.000 Anträge auf Einsicht in die Kontrollberichte gestellt, wie der Verein mitteilte. Allein in Berlin sind es rund 3.000.
Der VGH ist zweite und letzte Instanz in Baden-Württemberg. Die Mannheimer Richter sind nach eigenen Angaben nach dem Oberverwaltungsgericht Hamburg bundesweit die zweiten, die über die umstrittene Erteilung von Auskünften letztinstanzlich entscheiden werden. Nach Auskunft von Gerichtssprecher Manfred Frank soll dies noch vor Weihnachten passieren. Eine mündliche Verhandlung ist nicht vorgesehen. In Hamburg hatten die Richter Bedenken gegen die Veröffentlichung angemeldet und dem Eilantrag stattgegeben.