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23.08.2017 | 16:15

Weizenpreis sinkt auf 151,50 EUR/t - MATIF reagiert auf ruinösen Exportdruck Russlands

Stuttgart/Paris/Chicago - An den internationalen Weizenmärkten sorgt Russland erneut für Schlagzeilen, muss dort eine noch höhere Ernte exportiert werden. Fährt die MATIF die Terminkurse herunter, um die Wettbewerbsfähigkeit beim Exportmonopoly nicht ganz verlieren? Wie reagieren USA und Kanada auf diese Entwicklungen?
Weizenpreise KW 34
Weizenpreis Entwicklung 2017 (c) proplanta

Die Weizenpreise standen diese Woche weiter unter Druck. So notierte in Chicago der Fronttermin für CME-EU-Weizen bei 150,25 EUR/t (Freitag: 156,00 EUR/t), für US-Weizen bei 126,08 EUR/t (Freitag: 129,45 EUR/t) und an der MATIF für EU-Weizen Nr. 2 bei 151,50 EUR/t (Freitag: 156,50 EUR/t). Beim Dezembertermin verlor Weizen an der MATIF um 3,25 EUR/t auf 159,25 EUR/t und für März 2018 um 3,25 EUR/t auf 164,25 EUR/t. Der Eurokurs lag heute Vormittag bei 1,1752 USD/EUR.

Am Kassamarkt lagen die Preise für Standardweizen zuletzt bei 151,00 EUR/t (Freitag: 155,00 EUR/t) FOB Rouen und 164,00 EUR/t (Freitag: 163,00 EUR/t) FOB Hamburg bzw. Rostock sowie 164,00 EUR (Freitag: 164,00 EUR/t) FCO Mannheim. Ex Ernte wurden für Brotweizen (12,0/220/76) 165,00 EUR/t FCO Rheinland (Freitag: 168,00 EUR/t) und 167,00 EUR/t (Freitag: 169,00 EUR/t) FCO Westfalen offeriert. Für Termine Q4/17 kostete Brotweizen zuletzt 168,00-170,00 EUR/t (Freitag: 172,00 EUR/t) FCO Niederrhein. Dabei lagen die Prämien für A-Weizen zuletzt bei 2,00 EUR/t. Nach Süd-Oldenburg und Holland wurde Futterweizen zu Preisen um 167,00 EUR/t (Freitag: 168,00 EUR/t) FCO ex Ernte, am Oberrhein zu 156,00 EUR/t (Freitag: 156,00 EUR/t) FCO ex Ernte gehandelt.

In den USA haben die Wetterkapriolen vorerst jeglichen Einfluss eingebüßt, seitdem das USDA mit seiner Augustprognose etwaige Erwartungen über steigende Preise dämpfte, sollen bekanntlich Welt-Weizenernte um 5,35 Mio. t auf 743,2 Mio. t (Vorjahr: 755,0 Mio. t) und Weltvorräte um 4 Mio. t auf 264,7 Mio. t (Vorjahr: 258,6 Mio. t) zulegen, was einer Vorräte-/Verbrauchsratio von 35,9 % entspricht, was zwar hoch ist, jedoch durch Chinas enormen Weizenreserven von allein 127,6 Mio. t relativiert wird.

Dass Russland nicht mehr 77,5 Mio. t, sondern jetzt eine Weizenernte von 79,0-82,0 Mio. t erwartet, wie Russlands Marktinstitut IKAR mitteilte, setzte dem verstimmten Weizenmarkt die Krone auf, würde Russland danach eine um 6-9 Mio. t höhere Ernte einfahren und 4 Mio. t mehr Weizen exportieren müssen als im Vorjahr, was bei Ex-porteuren in den USA wenig Begeisterung hervorrief, vielmehr den Druck bei US-Weizenexporten erhöhte. Der heftige Preisrückgang bei US-Weizen hat inzwischen wieder zu besserer Wettbewerbsfähigkeit geführt, erreichten die Exporte von US-Weizen letzte Woche mit 633.600 t gegenüber 464.300 t in der Vorvorwoche und 145.500 t zuvor ein akzeptables Ergebnis.

Dass die US-Sommerweizenernte mit 58 % Fortgang das Fünfjahresmittel um 7 % übertraf, der Pflanzenzustand beim Crop-Rating um 1 % auf 34 % angehoben wurde, berührte den Markt kaum. Die Prognose über womöglich zu viel Regen und dadurch eventuell folgende Ernteverzögerungen, ließ den Markt kalt. Mit Blick auf Kanada wurde dort die Weizenernte wegen Trockenheit auf 26,2 Mio. t abgesenkt, ein Minus von 17 % zur Vorjahresernte von 31,7 Mio. t; beim Anbau von Hartweizen werden 4,9 Mio. t erwartet.

In der EU-28 kommen die Weizenernten in Deutschland, England und Polen einfach nicht zum Ende, kommt es immer wieder zu Regenunterbrechungen. So standen am Wochenende noch 60 % der englischen, gut 40 % der norddeutschen und 20 % der ostdeutschen Weizenernte auf dem Halm. Über Erträge und Qualitäten liegen nur vage Erkenntnisse vor, wird es aber wegen Lagergetreide mehr Futterweizen geben. Erste Hochrechnungen in Deutschland zielen bekanntlich auf 30-40 % Futterweizenanteil, gegenüber höchstens 10% im Vorjahr. Laut Handel ist die Streubreite bei hl-Gewicht und Fallzahl hoch, die Rohproteinwerte stellen kein Problem dar.

Für Deutschland gab der DRV bekanntlich letzte Woche seine Ernteschätzung zur Weizenernte in Höhe von 24,4 Mio. t bekannt, gut 0,5 % niedriger als im Vorjahr, ins-besondere die Sommerweizenernte fiel um 5,2 % zurück. Der DBV reduzierte seine Prognose zur deutschen Weizenernte auf 23,4 Mio. t gegenüber 24,1 Mio. t im Vorjahr. Frankreichs Weizenernte wurde bekanntlich um 0,6 Mio. t auf 36,8 Mio. t (Vorjahr: 27,9 Mio. t) angehoben, was ein Plus von 32 % zum Vorjahr bedeutet.

Der Prognosedienst der EU-Kommission MARS rechnete im Augustbericht mit einem durchschnittlichen Weizenertrag in der EU, mit 7,7 t/ha wäre das Ergebnis 2017 gerade noch im fünfjährigen Durchschnitt. Die EU-Kommission hatte zuletzt ihre Prognose zur EU-Weizenernte von 141,3 Mio. auf 138,9 Mio. t (Vorjahr: 134,9 Mio. t) gesenkt und auch die Exporterwartung für das WJ 2017/18 von 28,9 Mio. t auf 26,5 Mio. t (Vorjahr: 24,7 Mio. t) reduziert.

Damit kehren sich die Vorzeichen aus dem Vorjahr um, könnte Frankreich aufgrund guter Qualitäten von einem lohnenden Exportgeschäft profitieren, gäbe es nicht massiven Druck vom Schwarzmeer. Angetrieben vom Exportdruck Russlands ist trotz guter Nachfrage Nordafrikas und des Nahen Ostens französischer EU-Weizen noch um 9-10 EUR/t teurer als russische Ursprünge, konkurrierten Offerten russischer Exporteure mit gut 163,30 EUR/t gegenüber 172,30 EUR/t französischer Anbieter. Dabei exportierte die EU zuletzt 171.300 t Weizen gegenüber 234.000 t in der Vorwoche.
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