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30.08.2017 | 18:00

Weizenpreis kippt auf 152,00 EUR/t ab: Druck vom Schwarzmeer führt zu Preisverfall

Stuttgart/Paris/Chicago - An den internationalen Weizenmärkten trübte Russlands Rekordernte die Perspektiven weiter ein, strafte immenser Exportdruck vom Schwarzmeer jegliche Exportbemühungen Washingtons und Brüssels ab.
Weizenpreis KW 35
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Entwicklung Weizenpreis KW 35 (c) proplanta

Die Schnäppchenjagd am Schwarzmeer ist voll entbrannt, russischer Weizen wird zu Preisen um 160 EUR/t CIF Rotem Meer verramscht. Der Eurokurs von 1,20 USD/EUR blockiert den Export.

So notierte in Chicago der Fronttermin für CME-EU-Weizen bei 149,75 EUR/t (Freitag: 151,75 EUR/t), für US-Weizen bei 124,78 EUR/t (Freitag: 127,06 EUR/t) und an der MATIF für EU-Weizen Nr. 2 bei 152,00 EUR/t (Freitag: 154,00 EUR/t). Beim Dezembertermin verlor Weizen an der MATIF um 3,00 EUR/t auf 157,50 EUR/t und für März 2018 um 3,25 EUR/t auf 162,50 EUR/t. Der Eurokurs lag heute Vormittag bei 1,1970 USD/EUR.

Am Kassamarkt lagen die Preise für Standardweizen zuletzt bei 150,00 EUR/t (Freitag: 152,50 EUR/t) FOB Rouen, etwa 157,00 EUR/t (Freitag: 165,00 EUR/t) FCO Hamburg/Rostock sowie 162,00 EUR (Freitag: 164,00 EUR/t) FCO Mannheim. Per September wurden für Brotweizen (12,0/220/76) etwa 161,00 EUR/t FCO Hamburg, gut 165,00 EUR/t (Freitag: 165,00 EUR/t) FCO Rheinland und 167,00 EUR/t (Freitag: 167,00 EUR/t) FCO Westfalen offeriert. Für Termine Q4/17 kostete Brotweizen 169,00 EUR/t (Freitag: 169,00 EUR/t) FCO Niederrhein. Dabei lagen die Prämien für A-Weizen zuletzt bei 2,00 EUR/t. FCO Süd-Oldenburg und Holland wurde Futterweizen um 167,00 EUR/t (Freitag: 167,00 EUR/t), am Oberrhein um 156,00 EUR/t (Freitag: 156,00 EUR/t) per September gehandelt.

In den USA ließen die Erntebewertungen der privaten Farm Journal Crop Tour bei Weizen, Soja und Mais die Terminkurse weiter in den Keller rutschen, setzt sich die Erkenntnis durch, dass das USDA mit seinen hohen Schätzungen überhaupt nicht falsch lag. Der zügige Erntefortschritt von 76 % der US-Sommerweizenernte gegenüber 66 % im Fünf-Jahresmittel ließ jegliche Zweifel über noch mögliche Verlustrisiken verstummen, schwenkten Investmentfonds massenhaft auf Short-Positionen um. Ob der Tiefpunkt bereits erreicht ist, muss sich erst zeigen. Dass es bei den Terminkursen auch wieder nach oben geht, liegt nicht zuletzt im Interesse der Spekulanten.

Die Wetterkapriolen mit Hurrikane Harvey am US-Golf und nachfolgend sintflutartigen Niederschlägen und Überschwemmungen in den US-Bundestaaten Texas und Louisiana übten bisher keinen Einfluss auf den US-Weizenmarkt, ist zwar die Ernte von Hard-Red-Winter abgeschlossen, könnten sich jedoch Exportverladungen von US-Weizen und die Aussaat in überschwemmten Gebieten verzögern. Exportseitig läuft der Handel von US-Weizen zäh, erreichten die Exporte von US-Weizen letzte Woche mit 386.400 t gegenüber 633.600 t in der Vorwoche und 464.300 t zuvor ein eher moderates Ergebnis und geraten die USA gegenüber dem Vorjahr immer mehr in Rückstand.

Auch die wenig überraschende Prognose des Internationale Getreiderates, bei der die Welt-Weizenernte um 10 Mio. t auf 742 Mio. t veranschlagt wurde, wirkte nach, geht der Anstieg auf das Konto Russlands mit einer um 9 Mio. t auf 80,0 Mio. t und in der Ukraine um 2,5 Mio. t höher auf 26,0 Mio. t veranschlagten Ernte.  In Kanada spricht die Trockenheit im Süden für eine Korrektur der bis dato auf 26,5 Mio. t geschätzten Weizenernte im Vergleich zu 31,5 Mio. t im Vorjahr.

In der EU kommt die Weizenernte trotz widriger Wetterumstände mit Regen und Staunässe in England, Nordostdeutschland und Nordpolen zum Ende. So standen zur Wochenmitte noch 20 % der englischen und gut 10 % der norddeutschen Weizenernte auf dem Halm. Den in diesem Jahr guten Qualitäten in Frankreich stehen eher mäßige Qualitäten in England, Deutschland und auf dem Baltikum entgegen. Die in Frankreich geernteten Weizenqualitäten sollen nahezu allesamt exportfähig sein, erreichen laut FranceAgriMer 96 % der Weizenproben 11,5 % Rohprotein, etwa 11 % sogar 13,0 % Rohproteingehalt. In Deutschland und Polen hapert es an zu niedrigen und sehr schwankenden hl-Gewichten, Rohprotein stellt kein Problem dar.

Die EU-Weizenernte fällt trotzdem deutlich besser aus als im Vorjahr, korrigierte die EU-Kommission ihre Prognose um 0,5 Mio. t auf 139,4 Mio. t nach oben gegenüber 134,9 Mio. t im Vorjahr. Während in Frankreich eine gute Weizenernte von 36,2 Mio. t (Vorjahr: 27,6 Mio. t) geborgen wurde, hat das Landwirtschaftsministerium die deutsche Weizenernte auf 25,54 Mio. t veranschlagt gegenüber 24,3 Mio. t im Vor-jahr. Der EU-Weizenexport 2017/18 soll auf 27,5 Mio. t gegenüber 27,0 Mio. t im Vorjahr steigen, was angesichts der extremen Konkurrenz vom Schwarzmeer nicht leicht fallen dürfte.

Denn wegen des Preiseinbruchs für Standardweizen am Schwarzmeer auf ein Niveau von 150 EUR/t FOB Schwarzmeer geht aus der EU nicht mehr viel, blockiert der auf fast 1,20 USD/EUR gestiegene Eurokurs jegliche Exportbemühungen. Dabei ist der gesamte Nahe Osten und Nordafrika auf Einkaufstour. Ägypten kaufte 295.000 t Weizen aus Russland und der Ukraine, Algerien 590.000 t vornehmlich aus Frank-reich. Auch der Irak, Süd-Korea und Saudi-Arabien kaufte Weizen. Dabei werden die Exporte überwiegend aus Russland bedient. Die EU exportierte seit 1. Juli nur 2,03 Mio. t statt 4,49 Mio. t im Vorjahr, wobei alleine Frankreich knapp 1 Mio. t Anteil hatte. Dabei exportierte die EU zuletzt 251.000 t Weizen gegenüber 171.300 t in der Vorwoche. Das ist schlicht zu wenig, müsste Brüssel 500.000 t Weizen pro Woche exportieren, um das Exportziel von 27 Mio. t zu erreichen.

Dabei bleiben die Exportaussichten vorerst gemischt. Ägypten erwartete zuletzt bei Weizen einen Importanstieg von 11,5 Mio. t auf 12,0 Mio. t in der laufenden Saison. Nach Marokko könnten die Importe von 5,5 Mio. t auf 4,8 Mio.t einbrechen, Algerien dürfte weiterhin gut 8,0 Mio. t Weizen importieren. Deutlich weniger Importbedarf für hochproteinhaltigen Weizen hat der Iran Informationen des USDA zufolge.

Am Schwarzmeer spielt die „Musik“, wenn es um Weizenexporte geht, stiegen die Prognosen zu Russlands Weizenernte zuletzt fast täglich. Zuletzt taxierten russische Analysten die Weizenernte dort auf über 80,0-80,4 Mio. t, der IGC veranschlagte 80,0 Mio. t gegenüber 72,5 Mio. t im Vorjahr, wobei der Export von 27,8 Mio. t auf 32,0 Mio. t zulegen soll, was wöchentlichen Exporten von 615.000 t gleich kommt.
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