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22.10.2016 | 12:40 | Freihandelsabkommen 

Streit um Ceta stürzt EU in die Krise

Brüssel - Das Gezerre um Ceta setzt die Europäische Union zunehmend unter Druck.

Freihandelsabkommen mit Kanada
Beim EU-Gipfel in Brüssel sollte es am Freitag um Handelspolitik gehen. Wegen des Streits um Ceta werden daraus Krisengespräche. (c) proplanta
Die Regierung der belgischen Region Wallonie bekräftigte auch am Freitagmittag ihre Ablehnung des EU-Handelspakts mit Kanada und blockiert ihn damit weiter. Der belgische Ministerpräsident Charles Michel wagte noch keine zuversichtliche Prognose.

Der EU-Gipfel hatte sich für Freitagmorgen eine Grundsatzdebatte über Freihandel und Schutzzölle vorgenommen. Diese wurde aber von dem Ceta-Streit überlagert. Die EU-Spitzen fürchten um die Glaubwürdigkeit der Gemeinschaft als internationaler Partner.

Das Abkommen soll eigentlich am kommenden Donnerstag unterzeichnet werden. Belgien braucht dafür aber die Zustimmung der Wallonie. Da alle 28 EU-Länder Ceta unterzeichnen müssen, ist das gesamte Abkommen damit vorerst auf Eis.

Einen von der EU-Kommission vermittelten Kompromiss hatte die Regionalregierung am späten Donnerstagabend abgelehnt und auf weitere Nachverhandlungen gedrungen.

Die liefen auf allen Ebenen an, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Nacht bestätigte. Sie nannte die Gespräche aber schwierig. Der wallonische Regionalregierungschef Paul Magnette sprach am Freitagmorgen laut belgischen Berichten auch direkt mit der kanadischen Handelsministerin Chrystia Freeland. Danach betonte er aber weiter, es gebe noch keine Lösung.

Es geben den Willen voranzukommen, sagte Magnette. Ein Streitpunkt seien aber die in dem Abkommen vorgesehenen Schiedsgerichte. Bei der Landwirtschaft habe es hingegen Fortschritte gegeben. Er plädierte dafür, den Termin für die Unterzeichnung zu verschieben, um mehr Zeit für Gespräche zu haben.

Belgiens Premier Michel sprach schon vorher von einer Radikalisierung der Position der Wallonie: «Ich bin nicht beruhigt.» Michel telefonierte nach eigenen Worten mit seinem kanadischen Kollegen Justin Trudeau, um Spielräume auszuloten. «In den nächsten Stunden werden wir Klarheit haben», versprach er.

Die EU-Partner zeigten sich etwas zuversichtlicher. «Ich hoffe wirklich, heute mit einem Handelsabkommen mit Kanada nach Hause zu fahren», sagte der estnische Premier Taavi Roivas. Die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite versicherte, die 28 Mitgliedstaaten seien zu weiteren Klarstellungen bereit.

Österreichs Regierungschef Christian Kern verwies darauf, dass bis zum Ceta-Unterzeichnungstermin nächsten Donnerstag noch einige Tage Zeit bleiben. Er habe Kontakt mit Magnette gehabt. «Wir sind noch nicht kurz vor einem Durchbruch, aber es ist nicht aussichtslos», sagte er.

Er warnte, die Debatte sei ein Signal, dass es so in der EU nicht weitergehen könne. Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sorgten sich um die Glaubwürdigkeit der Gemeinschaft als Verhandlungspartner und internationaler Akteur.

Ein anderer Stolperstein für Ceta wurde indes aus dem Weg geräumt. Rumänien und Kanada einigten sich nach Angaben des rumänischen Staatspräsidenten Klaus Iohannis auf eine schrittweise Abschaffung der Visumpflicht im kommenden Jahr. Bukarest habe nun keine Vorbehalte Ceta.

Den ersten Gipfeltag hatten die EU-Staats- und Regierungschefs in der Nacht mit heftiger Kritik an Russland wegen der Syrien-Bombardements abgeschlossen. Auf eine Drohung mit schärferen Sanktionen konnten sie sich aber nicht einigen.

Merkel nannte das Bombardement der nordsyrischen Stadt Aleppo menschenverachtend. Alle EU-Partner seien sich einig gewesen, dass man «alle verfügbaren Maßnahmen aktivieren» müsse, wenn dies nicht aufhöre. Ganz ähnlich äußerte sich EU-Ratspräsident Donald Tusk. Merkel räumte aber ein, dass nicht über einen Zeitplan gesprochen worden sei.
dpa
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