Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
11.08.2009 | 09:49 | Milchquote  

Acht EU-Länder gegen höhere Milchquote

Hamm - Die deutsche Agrarministerin Ilse Aigner versucht weiter, die EU-Kommission von der Erhöhung der Milchquote abzuhalten.

Mariann Fischer Boel
Mariann Fischer Boel (c) proplanta
Mit sieben Kollegen aus den EU-Mitgliedstaaten hat sie einen Brief an EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel geschrieben. Die beteiligten Länder sind: Österreich, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Lettland   Litauen, Slowakei und Slowenien.


Sehr geehrte Frau Kommissarin, am 18./19. Juni 2009 erörterte der Europäische Rat die gegenwärtige Lage auf dem Milchmarkt und ersuchte die Kommission, innerhalb der nächsten zwei Monate eine eingehende Marktanalyse durchzuführen, einschließlich möglicher Optionen zur Stabilisierung des Marktes, und dabei das Ergebnis des Gesundheitschecks zu achten. Wir danken Ihnen für den am 22. Juli vorgelegten Bericht und für Ihre schnelle Antwort. Wir stimmen der darin enthaltenen Analyse des Milchmarktes weitgehend zu, vor allem in Bezug auf die Tatsache, dass sich die Situation innerhalb der letzten zwölf Monate dramatisch verschlechtert hat. Darüber hinaus beobachten wir, dass:

 - die Preise sehr volatil sind und den Landwirten inzwischen für ihre Milch so wenig wie noch nie bezahlt wird (durchschnittlich 24,40 c€/kg für europäische Landwirte im April 2009);

- die Preise für Magermilchpulver und Butter unterhalb der Interventionspreise liegen, was bisher noch nie vorgekommen ist;

- und dass die europäischen Exporte in den ersten vier Monaten des Jahres 2009, verglichen mit demselben Zeitraum im Jahr 2008, um 2,3% zurückgegangen sind.

In diesem Zusammenhang sind wir dankbar für den schnellen Einsatz der verschiedenen, mit dem Gesundheitscheck in Einklang stehenden Marktmaßnahmen durch die Europäische Kommission, was zu einer Stabilisierung der Preise beigetragen hat.

In Bezug auf das mögliche weitere Vorgehen, haben wir die im Bericht enthaltenen Vorschläge zur Kenntnis genommen, die eine Grundlage für weitere Beratungen darstellen. Sie sind jedoch bei Weitem noch nicht ausreichend. Die Kommission darf ihre Ambitionen nicht auf einen Maßnahmenkatalog beschränken, der auf die Verantwortung und die Instrumente der Mitgliedstaaten verweist. Wir brauchen einen umfassenden Ansatz, der kurzfristige Maßnahmen mit Überlegungen zu einer mittelfristigen Strategie kombiniert, um das Auslaufen der gegenwärtigen Milchquotenregelung zu begleiten. Bezüglich der kurzfristigen Maßnahmen freuen wir uns über die Vorschläge in Bezug auf eine Anhebung der „de minimis“-Obergrenze für nationale Beihilfen und die Aufstockung der Finanzmittel für Marketingmaßnahmen bei Milcherzeugnissen. Dies alles ist nötig, aber nicht ausreichend, und es müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden, um eine direktere Wirkung auf den Markt zu erzielen:

- Die Möglichkeit einer vorübergehenden Erhöhung der Interventionspreise sollte geprüft werden.

- In der Folge müssen Sätze und Umfang der Ausfuhrerstattungen für Butter, Milchpulver und Käse erhöht werden, wobei berücksichtigt werden muss, dass jegliche Marktstörung in Entwicklungsländern zu vermeiden ist.

Darüber hinaus bestehen wir darauf, dass die Möglichkeit eines Einfrierens der vorgesehenen Erhöhung der Milchquoten auf europäischer Ebene untersucht werden sollte – im Einklang mit den Beratungen im Rat, welche die Grundlage des Gesundheitscheck-Kompromisses bildeten. Was die mittelfristigen Überlegungen anbelangt, sollte einigen Themen sofortige Aufmerksamkeit gewidmet werden, ohne den Beratungen über die Zukunft der GAP vorzugreifen:

1. Marktverwaltungsmaßnahmen. Angesichts der zunehmenden Volatilität der Preise müssen diese Maßnahmen dauerhaft, wirkungsvoll und auch flexibler sein. Es müssen Überlegungen in Bezug auf die Verstärkung und Anpassung der gegenwärtigen Instrumente angestellt werden, damit diese der jeweiligen Marktsituation besser gerecht werden und Preisschwankungen im Laufe der Zeit abgemildert werden können;

2. Wirtschaftliche Organisation des Milchsektors unter Berücksichtigung agrarwirtschaftlicher Besonderheiten. Um die Verhandlungen zwischen Erzeugern und Verarbeitungsbetrieben ausgewogener zu gestalten,, muss deren übergreifende Organisation verstärkt und die Schaffung kollektiver Strukturen vereinfacht werden, einschließlich der Förderung der Einrichtung solcher Strukturen. Kollektive Strukturen sollten die Möglichkeit haben, eine bessere Marktstabilität zu gewährleisten und Risiken auf die Grundlage der Gegenseitigkeit zu stellen. Vertragliche Beziehungen zwischen Landwirten, Verarbeitungsbetrieben und Händlern sollten gefördert werden, vor allem durch Leitlinien für die gute fachliche Praxis, um so die Beziehungen im Milchsektor zu verbessern.

3. Wettbewerbsfähigkeit von Erzeugern und Verbraucherinformation. Innovation, Diversifizierung und Marktsegmentierungsstrategien werden auch weiterhin von überragender Bedeutung sein und sollten durch öffentliche Maßnahmen unterstützt werden. Eine Kennzeichnung der Produktherkunft (Erzeugungsort) sollte auf freiwilliger Basis möglich sein oder möglicherweise auch in die europäische Gesetzgebung aufgenommen werden.

Wir freuen uns auf die Fortsetzung dieser Erörterung beim Rat im September.

Nikolaus Berlakovich, Bruna Le Maire, Ilse Aigner, Sotiris Hatzigakis, Janis Duklavs, Kazys Starkevicius, Stanislav Becik, Stanislav BECIK Milan Pagacnik (EMB)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Kommentierte Artikel

 Wut und Wahlen 2024: Die zunehmend mächtige Gruppe der Nichtwähler

 NRW-OVG verhandelt Streit um ein paar Gramm Wurst zu wenig

 Ruf nach Unterstützung der Imker

 Kein kräftiger Aufschwung in Sicht - Wirtschaftsweise für Pkw-Maut

 Schutz vor Vogelfraß durch Vergrämung?

 Globale Rekord-Weizenernte erwartet

 Immer mehr Tierarten sorgen in Thüringen für Ärger

 Größere EU-Getreideernte erwartet

 Bedarf an hofeigenen KI-Wetterfröschen wächst rasant

 Was will die CDU in ihrem neuen Programm?