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04.03.2011 | 00:33 | Agrarpolitische Rahmenbedingungen 

Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik: Konsequent an den großen Herausforderungen ausrichten!

Berlin - Der wirtschaftliche Erfolg der 2.604 Raiffeisen-Genossenschaften, vor allem ihrer bäuerlichen Mitglieder, wird entscheidend von den agrarpolitischen Rahmenbedingungen beeinflusst.

Gemeinsame Agrarpolitik
(c) proplanta
Deshalb bringt sich der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) aktiv in die Diskussionen zur Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2013 ein. „Der DRV begrüßt die Bestrebungen der EU-Kommission, die Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Ernährungswirtschaft durch Innovationen und Umstrukturierung, nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen sowie eine ausgewogene Entwicklung der ländlichen Räume zu fördern“, betont Manfred Nüssel, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes.

Die Europäische Kommission schlägt u. a. eine innerhalb eines Mitgliedstaats für alle Landwirte einheitliche, entkoppelte Grundprämie vor, die um eine grüne Komponente als Ausgleich für besondere Umweltleistungen aufgestockt werden soll. „Ich befürchte, dass dieses „Greening“ der Direktzahlungen tendenziell zur Extensivierung der Produktion führt. Dadurch würde der von der EUKommission angestrebte und notwendige Beitrag zur Sicherung der Welternährung in Frage gestellt“, so Nüssel. Die GAP sollte vielmehr sicherstellen, dass die Ansprüche des Marktes und der Gesellschaft an die Agrarwirtschaft insgesamt nachhaltig erfüllt werden können. Darüber hinaus sieht Nüssel die große Gefahr, dass ein „Greening“ zu weiter wachsender Bürokratisierung führt. Zudem hat gerade Deutschland bei der nationalen Umsetzung der Agrarreform von 2003 bei der umweltgerechteren Produktion erhebliche Vorleistungen erbracht, die bei der künftigen Ausgestaltung der GAP anerkannt werden müssen.

„Völlig unverständlich ist, dass die EU-Kommission erneut eine Obergrenze für die an große Einzelbetriebe gewährten Direktzahlungen ins Gespräch gebracht hat. Die als Mehrfamilienbetriebe geführten Agrargenossenschaften, die eine wichtige ökonomische und soziale Funktion in den oftmals strukturschwachen Regionen Ostdeutschlands erfüllen, würden einmal mehr einseitig und in einer mit dem Selbstverständnis der Direktzahlungen nicht zu vereinbarenden Form belastet“, kritisiert Nüssel. Dass in diesem Zusammenhang das Arbeitskräftekriterium berücksichtigt werden soll, macht zumindest deutlich, dass die Kommission das große Beschäftigungspotential dieser Unternehmensform erkannt hat. Dieser Ansatz erscheint aber in der Praxis kaum durchführbar.

Als sehr positiv bewertet Nüssel, dass der EVP-Abgeordnete Albert Deß, Berichterstatter im Europäischen Parlament zur GAP, jegliche Diskriminierung bestimmter Betriebsformen bei der Gewährung der Direktzahlungen kategorisch zurückweist. Vor dem Hintergrund der seit über einem Jahr geltenden Regeln des Lissabon-Reformvertrages kommt dem Europäischen Parlament eine sehr wichtige, verantwortungsvolle Rolle bei den Entscheidungen über den künftigen agrarpolitischen Rahmen zu.

Sachgerecht sind Überlegungen, die Sicherheitsnetze im Marktordnungsbereich beizubehalten, diese weiter zu verbessern und zu vereinfachen. „Hier werden die richtigen politischen Konsequenzen aus den Erfahrungen der schwierigen Marktsituation vor allem bei Milch in den letzten Jahren gezogen. Diese grundsätzlichen Überlegungen müssen aber noch mit konkreten Vorschlägen untermauert werden, bevor eine abschließende Bewertung erfolgen kann“, betont Nüssel.

Zwingende Voraussetzung für die zielgerichtete Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik bleibt die dauerhafte finanzielle Absicherung im Rahmen des EU-Haushalts für die Periode 2014 bis 2020. Der DRV erwartet daher gespannt die für Ende Juni angekündigten Vorschläge zum nächsten Finanzrahmen. Diese werden starken Einfluss auf die nach der Brüsseler Sommerpause angekündigten detaillierten Legislativvorschläge der Kommission zum Agrarbereich haben. Die Verhandlungen zur GAP in Rat und Parlament treten dann in eine zweite, weit konkretere Phase.


Genossenschaften sind klassische Erzeugerzusammenschlüsse

Die von der EU-Kommission parallel zur GAP-Mitteilung im Rahmen des sogenannten Milchpaketes vorgelegten Vorschläge zur Stärkung der Milcherzeuger in der Vermarktungskette schaffen aus Sicht des DRV keine neuen Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit zwischen Milcherzeugern und Molkerei genossenschaften. Einige Empfehlungen der „hochrangigen Expertengruppe Milch“ wurden aufgegriffen, die nach der Krise am Milchmarkt eingesetzt worden war. Die Beratungen haben deutlich gemacht, dass die Milchmärkte in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich strukturiert sind. „Daher ist eine Vorgabe umfassender Einheitslösungen für den gesamten EU-Milchsektor nicht möglich“, so Nüssel.

Die Milchwirtschaft in Deutschland und anderen wichtigen, Milch produzierenden Mitgliedstaaten ist in hohem Maße durch Molkereigenossenschaften als klassische Form der Erzeugerzusammenschlüsse geprägt. „Die Genossenschaften fördern ihre bäuerlichen Mitglieder und agieren erfolgreich auf den Märkten. Das Rad der Selbstorganisation der Landwirte zur Stärkung ihrer Marktposition muss nicht neu erfunden werden“, betont Nüssel.

Das Ziel, über Branchenorganisationen Preise anheben zu können, erweist sich angesichts liberalisierter und offener Märkte zunehmend als Illusion. Nüssel unterstützt die EU-Kommission in der Absicht, dass es mit der Tätigkeit solcher Organisationen nicht zur Einschränkung des Wettbewerbs und der Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes kommen darf.

Mit Blick auf die Stärkung der Vertragsbeziehungen begrüßt der DRV, dass am Grundsatz der Freiwilligkeit festgehalten und den besonderen Belangen der Genossenschaften Rechnung getragen werden soll. In Deutschland ist die satzungsgemäße Beziehung zwischen Milcherzeugern und Molkereigenossenschaften bzw. eine vertragliche Grundlage der Milchlieferbeziehungen bei nicht genossenschaftlichen Unternehmen bereits die Regel. Mit der beabsichtigten Förderung des Abschlusses schriftlicher Verträge kann hingegen in anderen Mitgliedstaaten, in denen das Vertragswesen eine geringe Bedeutung hat, mehr Verbindlichkeit in der Wertschöpfungskette erzielt werden. „Aber auch mit engeren vertraglichen Bindungen wird der Milchpreis letztlich immer auf dem Markt erzielt“, so Nüssel. (drv)
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