Nein, «rosige Zeiten» für den deutschen Bauern sieht er nicht. Aber immerhin paart sich die allzeit abrufbare bäuerliche Skepsis bei Joachim Rukwied mit einer Prise Optimismus. Ja, räumt er ein, eigentlich waren die Bedingungen, Bauer zu werden, zu sein und zu bleiben, selten so aussichtsreich. Die Energiewende beschert den Bauern eine ungeahnte Nachfrage nach «grünem Kraftstoff vom Acker», die Zahl der zu ernährenden Menschen steigt und steigt und die neue Lust der Asiaten auf Fleisch und Milch ist gut für die Preise. Die Sicht auf die Chancen und Erfordernisse des Weltmarkts für
Agrarprodukte pflegt Rukwied seit vielen Jahren.
Der 50-Jährige steht seit heute als neu gewählter deutscher Bauernpräsident an der Spitze von 300.000 landwirtschaftlichen Betrieben. Dabei ist von dem Funktionär mit CDU-Parteibuch kein durchgreifender Wandel in der
Agrarpolitik zu erwarten. Europaweite Vorgaben wie jüngst der EU-Vorschlag, sieben Prozent der Flächen aus der Bewirtschaftung zu nehmen («Greening»), sind ihm ein Gräuel.
Solche Öko-Vorstöße seien ein rotes Tuch für ihn, fühlen sich Kritiker bestätigt. Ohnehin sei zu fragen, wie sehr sich Rukwied als Bauernpräsident auch eine gewisse Geschmeidigkeit im Umgang mit anderen politischen Ansichten aneigne. Das Bedienen von bei Bauern beliebten Feindbildern werde nicht ausreichen, sagen Beobachter.
Rukwieds Credo lautet: Ökonomie vor Ökologie. Bei den Öko-Betrieben sieht er aktuell eine «Seitwärtsbewegung». Der hohe personelle Aufwand der Betriebe bei gleichzeitigem Preisdruck durch den Verbraucher lasse hier keine großen Wachstumsraten mehr erwarten, meint er. Vielmehr sei die Regionalität der Produkte der «Megatrend» - egal, ob Bio- oder konventionelle Landwirtschaft.
So oder so: «Schnelles, leichtes Geld kann man als Bauer ohnehin nie verdienen», sagt der Vater zweier Töchter und eines Sohnes. Auch als oberster Bauer Deutschlands will er hin und wieder selbst Mähdrescher fahren. Der «Ackerbauer aus Leidenschaft» baut im Kreis Heilbronn auf rund 290 Hektar Getreide, Zuckerrüben, Raps, Mais und Kohl an. Hinzu kommen acht Hektar Weinberge. Mit dieser Fläche zählt Rukwied zu den Großbauern in Süddeutschland, die durchschnittlich im Vollerwerb rund 80 Hektar bewirtschaften.
1994 hat er den elterlichen Betrieb übernommen und die Kühe abgeschafft. In Süddeutschland eher untypisch: Ein Bauer ohne Vieh. Zur Zukunftssicherung des eigenen Hofes hat er jüngst seine Weinbau-Flächen erweitert. Interesse am Hofleben und an der Verbandsarbeit habe schon eine Tochter angemeldet: «Ich werde Agrarwissenschaften studieren, Bäuerin und Bauernpräsidentin werden.» Das wäre dann in der Tat was Neues. (dpa)