Eigentlich sind Baunutzungsverordnungen und Bebauungspläne vor allem Expertensachen. Doch die Folgen sind ganz praktisch zu spüren, wenn sich damit für viele Menschen in Städten und Dörfern entscheidet: Was wird künftig bei mir um die Ecke gebaut?
Für neue Kindertagesstätten hat die Bundesregierung die Signale jetzt ganz auf grün gestellt - sogar in reinen Wohngebieten, wo mancher Nachbar sich über Lärm beschwerte. Mehr Klarheit soll bei Planungen her, wo weitere Spielhallen entstehen. Auf dem Land sollen strengere Regeln für Mega-Tiermastanlagen kommen, gegen die Bürger vielerorts Sturm laufen - Bauern wie Naturschützer sind aber nicht begeistert.
Dass Kinderstimmen in der Nachbarschaft nicht als Störfaktor zu betrachten sind, haben klagefreudige Anwohner in Deutschland schon wiederholt feststellen müssen. Mehrere Gerichte lehnten einen rechtlichen Stopp neuer Spielplätze oder Kitas ab. Seit vergangenem Jahr schließt eine Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes solche Klagen praktisch aus - das soll nun auch im Baurecht verankert werden.
«Es ist endlich Schluss damit, dass Kinderlärm irgendeinem Industrielärm oder Fluglärm gleichgesetzt wird», sagt Bauminister Peter Ramsauer (CSU) am Mittwoch nach dem Kabinettsbeschluss. Künftig gilt: «Zulässig sind Anlagen zur Kinderbetreuung, deren Anzahl an Betreuungsplätzen nicht wesentlich über den typischerweise zu erwartenden Bedarf dieses reinen Wohngebiets hinausgeht.»
Diese Beschränkung soll verdeutlichen, dass es in erster Linie um mehr wohnortnahe Angebote für Kinder und Eltern geht. Wie groß Kitas sein dürfen, soll dabei jeweils vor Ort genau festgelegt werden. Bisher sind sie in Wohngebieten nur ausnahmsweise zulässig, egal wie viele Plätze sie anbieten.
Um mehr Familienfreundlichkeit gehe es auch bei der Planung von Spielhallen, sagt Ramsauer. Schließlich herrsche in manchen Vierteln wie Berlin-Mitte mit mehr als 150 solcher Läden ein regelrechter Wildwuchs. Künftig sollen die Kommunen wirkungsvollere Instrumente bekommen, die Ansiedlung zu steuern. «In Quartieren, die von vielen Kindern und Jugendlichen stark frequentiert werden, muss es Grenzen geben», betont der Minister.
Dass mehr Klarheit kommen soll, begrüßt auch die Automatenwirtschaft, die rund 9.000 gewerbliche Spielstätten in Deutschland betreibt. Von schon existierenden Möglichkeiten hätten viele Städte nämlich leider nicht genügend Gebrauch gemacht.
Konflikte befrieden soll die Baurechtsreform auch auf dem Land. Denn in mehreren Regionen stinkt es Anwohnern buchstäblich, wenn vor den Dörfern Riesenställe mit Zehntausenden Masttieren gebaut werden sollen. Um den Trend zu bremsen, sind nun höhere verfahrensrechtliche Hürden für Anlagen etwa ab 3.000 Schweinen oder 60.000 Hennen geplant - und Sonderregelungen für Landwirte sollen fallen. Der
Bauernverband beklagt denn auch einen «Eingriff in die Entwicklungsmöglichkeiten» vieler Betriebe. Sinnvoller wäre, auf Umweltschutzvorgaben zu pochen.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (
BUND) sieht dagegen keinen wirksamen Damm gegen neue Großställe, wie Expertin Reinhild Benning sagt: «Akzeptiert werden dürfen neue Tierhaltungen nur noch, wenn mehr als die Hälfte des Futters tatsächlich auf den betriebseigenen Flächen erzeugt wird.» Nötig seien auch genug eigene Gülleflächen. (dpa)