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07.10.2015 | 11:40 | Ferntransporte 

Bioland begrüßt Beschluss der Agrarministerkonferenz zur Pestizid-Abdrift

Mainz - Bioland begrüßt den Beschluss der Agrarministerkonferenz vom 2. Oktober zur Pestizid-Abdrift.

Pestizid-Abdrift
(c) proplanta
Darin nehmen die Minister mit „Besorgnis zur Kenntnis, dass bestimmte Pestizidwirkstoffe wie beispielsweise Pendimethalin oder Prosulfocarb aufgrund ihrer hohen Flüchtigkeit durch Thermik und Wind über weite Strecken verfrachtet werden und in Kulturen, die nicht mit den Wirkstoffen behandelt wurden, zu erhöhten Rückständen führen können.“

Nach Auffassung der Minister müssen diese Erkenntnisse im Zulassungsverfahren von Pestizidwirkstoffen Berücksichtigung finden. Sie bitten das BMEL, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen. Die Zeit drängt, da das Verfahren zur Neubewertung von Pendimethalin bereits läuft. Die Minister begrüßten die Ankündigung des BMEL, ein umfassendes Monitoring von Pestizidwirkstoffen in der Luft erarbeiten zu lassen.

Bioland kritisiert seit geraumer Zeit, dass Pestizidwirkstoffe, die leicht verdampfen und weit verfrachtet werden, überhaupt zugelassen sind. So können Pestizid-Belastungen aus Ferntransporten zu Belastungen führen, die eine Vermarktung als Babynahrung oder als Arzneipflanzen verhindern. Hintergrund sind niedrige Grenzwerte in diesen beiden Bereichen.

„Wir können nicht akzeptieren, dass konventionelle wie Bio-Bauern den Anbau bestimmter Kulturen einstellen müssen, weil die Behörden bei der Zulassung von Pestiziden versagen“, sagt Jan Plagge, Präsident von Bioland. Die Landwirte bleiben auf dem Schaden sitzen, weil der Verursacher des Pestizideintrages bei einer Fernverwehung nicht festgestellt werden kann. „Leichtflüchtige Pestizide wie Pendimethalin müssen verboten werden. Die Kriterien für die Zulassung müssen entsprechend verschärft werden“, fordert Jan Plagge. Zudem fordert Bioland ein umfassendes und dauerhaftes Monitoring von Pestizidwirkstoffen in der Luft. „Statt das Problem weiter zu verdrängen, sollten die Behörden endlich handeln“, so Plagge.

Während die Zulassungsbehörden weiter untätig sind, warnt der Pflanzenschutzdienst des Landes Brandenburg Landwirte vor dem Einsatz von Pendimethalin: „Zur Vermeidung weiterer ungewollter Kontaminationen empfehlen wir Ihnen nach Möglichkeit auf den Einsatz von Herbiziden mit dem Wirkstoff Pendimethalin zu verzichten“, schreibt das Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF) in seinem „Hinweis Feldbau 40/2015“. Auch in anderen Bundesländern wurden Warnhinweise verschickt.

Zum Hintergrund

Die Studie im Auftrag des Landesamts für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) Brandenburg führt den Nachweis, dass die Unkrautvernichtungsmittel Pendimethalin und Prosulfocarb sehr weiträumig über thermische Luftbewegungen verbreitet werden. Die Gutachter sprechen von einer „unerwünscht weiträumigen und anhaltenden Verbreitung insbesondere von Pendimethalin“. Die festgestellte Belastung liegt 100- bis 1000-fach höher als die Grundbelastung in unbelasteten Referenzgebieten der Nord- und Ostsee. Pendimethalin und Prosulfocarb werden im konventionellen Landbau häufig verwendet. Pendimethalin steht auf der Liste der TOP 10 der meist verkauften Pestizide in Deutschland.

Durch eine weiträumige Verteilung bestimmter Pestizide kann Erntegut so stark belastet werden, dass es in Folge nicht mehr zur Herstellung von Babynahrung verwendet werden darf. Danach dürfen in Lebensmitteln für Säuglinge und Kleinkinder Rückstände von Pflanzenschutzmitteln 0,01 mg/kg nicht überschreiten. Auch bei pharmazeutischen Verwendungen (hier gelten Höchstmengen nach Europäischem Arzneibuch) können sowohl Bio-Bauern als auch konventionelle Landwirte häufig die Grenzwerte nicht einhalten. Das Problem der Höchstmengenüberschreitungen von Pendimethalin will man aktuell im Europäischen Arzneibuch durch eine Erhöhung der Grenzwerte „lösen“.

Die EU-Genehmigung des Wirkstoffes Pendimethalin läuft am 31. Juli 2016 aus. Zurzeit findet das Erneuerungsverfahren für die Wirkstoffgenehmigung statt. Für den Wirkstoff Prosulfocarb steht die Überprüfung der EU-Genehmigung 2018 an, da der Wirkstoff bis zum 31. Oktober 2018 genehmigt ist. Im Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel wird nach Angaben des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die vergleichsweise hohe Verflüchtigungsneigung der beiden Stoffe berücksichtigt. Die Messungen wurden allerdings nur in einer Entfernung von bis zu 50 Metern vorgenommen. Die Zulassungskriterien sind damit aus Sicht von Bioland ungenügend und entsprechen nicht der Problemlage in der Praxis. Die Studie zum Ferntransport von Pestiziden des Landesamts für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg (LUGV) finden Sie hier (Pdf).
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