Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
27.03.2022 | 13:48 | Nahrungsmittelproduktion 

EU-Kommission gibt Stilllegungsflächen für Anbau frei

Brüssel - Angesichts der Folgen des Ukraine-Krieges für die Lebensmittelversorgung in der Europäischen Union und weltweit hat die EU-Kommission den Anbau aller Ackerkulturen, also auch von Halmgetreide und Mais, auf Ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) zur Ernte 2022 zugelassen.

Stilllegungsfläche
Kommission gibt Stilllegungsflächen für Anbau frei - Auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Mineraldüngern wird erlaubt. (c) proplanta
Wie die Behörde am Mittwoch (23.3.) bei der Vorstellung ihres Maßnahmenpakets zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln mitteilte, wird über einen Durchführungsrechtsakt den Mitgliedstaaten „ausnahmsweise und vorübergehend“ ermöglicht, von „bestimmten Greening-Verpflichtungen“ abzuweichen.

Insbesondere könne der Anbau „beliebiger Kulturen“ auf Brachflächen, die Teil der ÖVF seien, in diesem Jahr erlaubt werden. Dies schließt auch die Nutzung konventioneller Anbaumethoden wie die Gabe von chemischen Pflanzenschutzmitteln oder von Mineraldüngern ein. Die Höhe der Greening-Zahlungen bleibe davon unberührt.

Nach Angaben von EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski betrifft dies EU-weit eine Fläche von schätzungsweise insgesamt rund 4 Mio. ha. Darüber hinaus soll nach dem Willen der EU-Behörde die Krisenreserve der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Höhe von rund 500 Mio. Euro aktiviert werden. Ferner sollen als Teil des Maßnahmenpakets Beihilfen zur Privaten Lagerhaltung (PLH) für Schweinefleisch gezahlt werden (EU-Nachrichten 4). Darüber hinaus wurde die Schaffung eines EU-Sonderbeihilferahmens zur Abfederung der Folgen der Ukraine-Krise beschlossen.

Verschiebung der Green-Deal-Vorschläge

Gleichzeitig verzichtete die EU-Kommission in der vergangenen Woche darauf, den eigentlich erwarteten Gesetzesvorschlag zur Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln vorzulegen. Gemäß des im Februar durchgesickertem Entwurfs sollen die Mitgliedstaaten darin verpflichtet werden, durch nationale Zielsetzungen zum 50 %-Reduktionsziel der Farm-to-Fork-Strategie für den Pflanzenschutzmitteleinsatz bis zum Jahr 2030 beizutragen.

Als Vergleichsbasis sollte dabei der durchschnittliche Verbrauch der Jahre 2015 bis 2017 herangezogen werden. Auch der Gesetzesvorschlag zur Ausweitung der Schutzgebiete in der Europäischen Union wurde zurückgestellt. Kommissionskreise begründeten die Verschiebung beider Entwürfe mit dem aktuellen Fokus auf die Abfederung der Folgen des Ukraine-Krieges auf die weltweite Versorgungslage mit Lebensmitteln.

Beitrag zur Ernährungssicherung

Die fast 500 Mio. Euro aus der GAP-Krisenreserve sollen der Kommission zufolge den besonders von den Folgen des Krieges in der Ukraine betroffenen Landwirten in der EU zugutekommen. Gemäß des Beschlusses der Behörde können die Mitgliedstaaten zusätzliche Mittel für ihre Landwirtschaft bereitstellen, um zur globalen Ernährungssicherheit beizutragen oder Marktstörungen aufgrund höherer Inputkosten oder Handelsbeschränkungen zu begegnen.

Die Kommission betont, dass vorrangig diejenigen Landwirte Unterstützung erhalten sollten, die nachhaltige Praktiken anwendeten. Gleichzeitig seien die Maßnahmen auf die am stärksten unter der Krise leidenden Sektoren und Bauern auszurichten. Wenn die Mitgliedsländer die Förderung um bis zu 200 % durch nationale Mittel kofinanzieren wollten, müssen sie der Kommission bis spätestens zum 30. Juni 2022 mitteilen, welche Maßnahmen geplant und welche Ziele mit der Gewährung der Beihilfe beabsichtigt sind.

Die Höhe der Zahlungen je Mitgliedstaat richtet sich vor allem nach der bewirtschafteten Agrarfläche. So ist für Frankreich mit 89,3 Mio. Euro der größte Betrag aus der GAP-Krisenreserve vorgesehen. Es folgen Spanien mit 64,5 Mio. Euro und Deutschland mit gut 60 Mio. Euro. Italien und Polen sollen 48,1 Mio. Euro beziehungsweise 44,8 Mio. Euro erhalten.

330 Millionen Euro für Soforthilfeprogramm

Des Weiteren beschloss die EU-Kommission ein mit 330 Mio. Euro ausgestattetes EU-Soforthilfeprogramm für die Ukraine. Dieses soll nach den Plänen Brüssels unter anderem dabei helfen, für die Ukrainer den Zugang zu grundlegenden Gütern wie Nahrungsmitteln sicherzustellen.

Im Hinblick auf die weltweite Ernährungslage stellte die Behörde fest, dass auf die Ukraine vor dem Krieg rund 10 % des globalen Weizenmarktes, 13 % des Gerstenmarktes und 15 % des Maismarktes entfielen. Ferner sei das Land bis vor kurzem mit einem Anteil von mehr als 50 % des Welthandels der wichtigste Anbieter von Sonnenblumenöl gewesen.

In Bezug auf Russland lagen diese Werte nach Informationen der Kommission zuletzt bei 24 % für Weizen, 14 % für Gerste und 23 % für Sonnenblumenöl. Die durch den Krieg verursachten Marktverwerfungen bedrohen nach Einschätzung der Brüsseler Beamten die Ernährungssicherheit in der EU nicht unmittelbar.

Dagegen rechnen sie aber - wie auch eine Reihe anderer Akteure - mit teils drastischen Versorgungsengpässen in Nordafrika, im Nahen Osten und Asien. So seien der Jemen, Bangladesch, Pakistan, Sudan und Nigeria wichtige Bezieher von Getreide aus Russland und der Ukraine gewesen. Aufgrund der hohen Preise sei es dort schon zu Versorgungsengpässen gekommen.
AgE
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Gutachten zu GAP-Änderungen: Verabschiedung rechtlich möglich

 GAP-Vereinfachungspaket: EU-Kommission wird beim Dauergrünlandschutz konkret

 GAP-Vereinfachungen: EU-Agrarminister treiben Kommission vor sich her

 GLÖZ 8: Deutschland setzt EU-Vorschlag eins zu eins um

 Unions-Agrarminister fordern schnelle Aussetzung der Stilllegungspflicht

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken