Seit Jahresbeginn habe die EU 77.000 Tonnen Butter sowie 161.000 Tonnen Magermilchpulver aufgekauft, sagte der Sprecher von EU- Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel, Michael Mann, am Montag in Brüssel kurz vor einem Treffen der EU-Agrarminister. Obwohl die übliche Interventionsmenge damit erreicht sei, werde die Kommission weiter Butter aufkaufen. Dazu käme die Finanzierung von 83.000 Tonnen Butter in privater Lagerhaltung. Es sei aber übertrieben, von einer drohenden Rückkehr der «Butterberge» zu sprechen. «Das sind vorübergehende Maßnahmen.»
In Brüssel sollten am Nachmittag die 27 EU-Agrarminister zu Beratungen über die Probleme des Milchsektors zusammen kommen. Deutschland und Frankreich fordern, die EU-Direktzahlungen statt Anfang Dezember schon Mitte Oktober auszuzahlen. Ein Beschluss stand aber noch nicht an. Am Vormittag gingen vor dem EU-Ratsgebäude mehrere hundert Milchbauern auf die Straße. COPA-COGECA, die Vertretung europäischer Landwirte und Genossenschaften, betonte, dass Milchproduzenten aus ganz Europa unter den Niedrigpreisen leiden. In Irland seien die Preise auf dem Niveau von 1983, sagte COPA-Präsident Padraig Walshe, Milchproduzent in Irland. «Die Lage ist schlimm.» Erstmals seit 30 Jahren produziere er nicht mehr kostendeckend.
Die
EU-Kommission kündigte eine Untersuchung der Preisbildung auf dem
Milchmarkt an. «Wir wollen herausfinden, wer die Gewinne abschöpft», sagte Mann. «Ich glaube dass der Handel sehr viel Druck ausübt auf die
Lebensmittelpreise in Europa und in der Welt», betonte Walshe. Regulierung müsse «faire Preise» garantieren». «Sonst werden immer mehr Lebensmittel importiert, mit immer niedrigeren Standards.» Um den Produzenten zu helfen, zahle die EU seit Februar überdies wieder Exporterstattungen für Milchprodukte. Auch dieses Instrument solle aber nicht länger als nötig eingesetzt werden.
Hilfsorganisationen kritisieren die Ausfuhrhilfen seit langem vehement, weil sie die europäischen Produkte verbilligen und damit den Märkten in den Entwicklungsländern schaden. Die Exportsubventionen gingen auf das Konto großer Milchkonzerne, sagte Oxfam-Expertin Marita Wiggerthale. «Während
Nestlé & Co absahnen, werden die Existenzen von Milchbauern in armen Ländern gefährdet.»
Der Sprecher machte klar, dass auch die Produzenten selbst in der Verantwortung stehen. «Angebot und Nachfrage müssen stimmen.» So könnten beispielsweise Anbieter von besonderen Käsesorten höhere Preise erzielen als Produzenten von Grundnahrungsmitteln wie Butter oder Milch. Besonders die deutschen Milchbauern und Molkereien haben sich nach Einschätzung von Experten nicht genug spezialisiert und leiden jetzt besonders stark unter den niedrigen Milchpreisen.
Gleichzeitig sind sie deswegen, aber auch angesichts ihrer vergleichsweise hohen Produktionskosten, nicht gut aufgestellt für die gestiegene Nachfrage besonders in Asien. Die Aufstockung der
Milchquote ist laut Kommission dagegen nicht verantwortlich für den Preisverfall. COPA-COGECA bestätigte, dass die Quote 2007/2008 nur zu gut 96 Prozent ausgeschöpft worden ist. Für 2009 werde mit einer erneut gesunkenen Produktionsmenge gerechnet. Unter anderem fordere der Verband, dass die EU wieder die Verwendung von Butter in Gebäck und Speiseeis subventioniere. Viele Hersteller waren angesichts zuvor höherer
Milchpreise auf Pflanzenfette oder Ersatzprodukte umgestiegen. (dpa)