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12.07.2023 | 11:15 | Nature Restoration Law 

Kampf um EU-Naturschutzgesetz geht in entscheidende Abstimmung

Straßburg - Einem wichtigen EU-Naturschutzgesetz droht am Mittwoch das vorläufige Aus. Dann stimmen die Abgeordneten des Europaparlaments darüber ab, ob sie das sogenannte Gesetz zur Wiederherstellung der Natur ablehnen oder nicht.

Naturwiederherstellungsgesetz
Showdown im Europaparlament: Die Abgeordneten stimmen über ein umstrittenes EU-Naturschutzgesetz ab. Befürworter und Gegner liefern sich seit Wochen einen Kampf um die Deutungshoheit über das Gesetz. Gestritten wird über Folgen für Lebensmittel, Bauern und die Umwelt. (c) proplanta
Falls sich eine Mehrheit gegen das Gesetz findet, würde es voraussichtlich nicht mehr vor den Europawahlen im kommenden Jahr beschlossen werden. Ob es danach noch Chancen hätte oder ein wichtiger Baustein der EU-Umweltpolitik unvollendet bliebe, hängt auch von den künftigen Machtverhältnissen im Parlament ab.

Das ursprünglich von der EU-Kommission vorgeschlagene Gesetz zielt darauf ab, Ökosysteme vor dem Kollaps zu retten, indem etwa trockengelegte Moore wieder vernässt und Wälder aufgeforstet werden sollen. Ein weiteres Ziel: mehr Grün auch in Städten.

Lautstarker Widerstand kommt vor allem von den Christdemokraten, denen auch Politiker von CDU und CSU angehören: «Das ist ein schlechtes Gesetz, das überarbeitet werden muss», sagte CSU-Mann Manfred Weber, Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er beobachte schon jetzt eine «schleichende Deindustrialisierung», die sich nicht weiter verschärfen dürfe: «Die letzten vier Jahre waren zurecht geprägt von der Umweltgesetzgebung. Die nächsten fünf Jahre werden eindeutig geprägt sein von Wettbewerbsfähigkeit und Jobs.» Die Christdemokraten kritisieren unter anderem, dass das Vorhaben Bauern zu sehr einschränke und damit negative Folgen für die Lebensmittelproduktion habe.

Sozialdemokraten, Grüne und Linke ebenso wie Umweltschützer sehen das Vorhaben hingegen als wichtigen Schritt, um die langfristige Versorgung mit Lebensmitteln sicherzustellen, dem Klimawandel entgegenzuwirken und seine Auswirkungen zu bewältigen. Auch zahlreiche Unternehmen, Wissenschaftler, Nichtregierungs- und einige Bauernorganisationen haben sich bereits für das Gesetz ausgesprochen.

Die Umweltschutzorganisation WWF teilte mit: «Die Bedeutung des Renaturierungsgesetzes kann man gar nicht hoch genug einschätzen.» Indem Ökosysteme in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden, wappne sich die Menschheit auch besser gegen den Klimawandel - indem beispielsweise hitzeresistentere Wälder entstehen und Böden durch intakte Wasserversorgung nicht mehr austrocknen. Der Grünen-Abgeordnete Michael Bloss sagte: «Sollte die Abstimmung scheitern, wird es kein Gesetz geben.» Damit jedoch würde sich die Europäische Union weltweit blamieren und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine herbe Niederlage einstecken, warnte Bloss.

Die Abstimmung über das Vorhaben ist für Mittwochmittag vorgesehen. Der Ausgang ist völlig offen. «Morgen geht es darum, wer anwesend ist», sagte der sozialdemokratische Abgeordnete Mohammed Chahim am Dienstagabend. Da das Ergebnis knapp ausfallen dürfte, könnte es auf jede Stimme ankommen. Chahim geht davon aus, dass einige Sozialdemokraten der Abstimmung wegen Schwangerschaften oder Krankheit fernbleiben müssen, was zum Zünglein an der Waage werden könnte. Vertreter anderer Fraktionen äußerten sich auch in vertraulichen Gesprächen nur vorsichtig über einen möglichen Ausgang der Abstimmung.

Fällt das Gesetzesvorhaben in der ersten Lesung durch, könnte es zwar in einer zweiten Lesung noch einmal ins Parlament eingebracht werden. Allerdings gilt es als unwahrscheinlich, dass sich bei gleichen Mehrheitsverhältnissen etwas am Ausgang ändert. Deshalb gilt die Abstimmung am Mittwoch als vorentscheidend - und erst nach der Europawahl im Juni 2024 würden wie Karten womöglich neu gemischt. Die Erfolgaussichten hingen dann wohl maßgeblich davon ab, ob eher linke oder rechte Parteien künftig im Parlament dominieren.
dpa
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