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17.10.2010 | 22:42 | Ökostrom-Umlage 

Merkel verteidigt Ökostrom-Förderung

Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat angesichts der Rekordkosten für die Ökostrom-Förderung vor einem Schlechtreden der erneuerbaren Energien gewarnt.

Angela Merkel
(c) proplanta
Merkel kritisierte eine häufig «sehr einseitige Betrachtungsweise.» Bei den klassischen, fossilen Energieträgern würden die Nebenkosten nicht mitberechnet, betonte die Kanzlerin am Freitag in Grimmen (Mecklenburg-Vorpommern). Dort machte sie den ersten Spatenstich für einen Solarpark.

Die vier Übertragungsnetzbetreiber bestätigten am Freitag, dass die Umlage 2011 um 70 Prozent auf 3,530 Cent pro Kilowattstunde steigt. Die Öko-Branche verteidigte die Förderkosten und betonte, bei Kohle und Atom würden durch Umweltschäden und die Entsorgung von Atommüll anders als bei Wind und Sonne hohe Folgekosten anfallen.

Die Verbraucher müssen sich aber vorerst auf höhere Strompreise einrichten. «Das einerseits erfreulich starke Wachstum erneuerbarer Energien wird andererseits im Jahr 2011 erneut zu höheren Kosten führen», sagte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Hildegard Müller.

Nach BDEW-Schätzungen werden sich alle staatlichen Steuern und Abgaben beim Strom von rund 16,9 Milliarden Euro im Jahr 2010 (2009:
14,3 Mrd. Euro) auf 22 Milliarden Euro im nächsten Jahr erhöhen. Durch die höhere Ökostrom-Umlage können sich die Stromkosten nach Berechnung von Verbraucherportalen für einen Vier-Personen-Haushalt um 70 Euro pro Jahr erhöhen. Auch Kohle- und Atomstrom ist in der Vergangenheit mit Dutzenden Milliarden Euro unterstützt worden.

Da Strom aus Wind, Sonne und Biomasse derzeit in der Produktion noch teurer ist als aus Kohle oder Atomkraft, zahlen die Verbraucher die Differenz zu den Marktpreisen über die sogenannte EEG-Umlage. Auch weil der Ausbau bei der Photovoltaik viel stärker als erwartet verläuft, steigt die Umlage stark an. Sie war vor zehn Jahren im von Rot-Grün beschlossenen Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG) vereinbart worden. Um den Ökostrom zu fördern, gibt es zudem einen Einspeisevorrang vor anderen Energieträgern.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) sagte, das Ziel sei eine Anschubfinanzierung bis zur Marktreife. «Je stärker ihr Marktanteil wächst, desto mehr muss die Förderung sinken.» Es gehe um die Einführung einer umweltschonenden, sicheren Energieversorgung zu bezahlbaren Preisen.

Eine von «Zeit Wissen» und dem Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) vorgelegte Modellrechnung kommt aber zu dem Ergebnis, dass durch die Verlängerung der Atomlaufzeiten um durchschnittlich 12 Jahre erneuerbare Energien erst 16 Jahre später wettbewerbsfähig werden könnten als ohne Laufzeitverlängerung.

Die Belastungen nur aus der EEG-Umlage werden laut BDEW für die Kunden von rund 8,2 Milliarden Euro 2010 auf voraussichtlich 13,5 Milliarden Euro 2011 steigen. Durch die von 2,047 Cent auf 3,530 Cent steigende EEG-Umlage werde daher der Kostenanteil der Ökostrom-Umlage für einen Drei-Personen-Musterhaushalt von monatlich knapp sechs auf 10,30 Euro steigen.

Der Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energien, Björn Klusmann, sagte der dpa: «Jeder Euro, der in die Erneuerbaren investiert wird, hat einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen, auch bei dieser Höhe der Umlage». Die Ökoenergien seien nicht allein der Preistreiber beim Strom. Seit 2000 sei der monatliche Strompreis für einen Durchschnitts-Haushalt um 30 Euro gestiegen, die Kosten für die EEG-Umlage aber nur um 5 Euro. Zudem seien 2009 durch die Öko-Energien Brennstoffimporte von 2,2 Milliarden Euro vermieden worden.

Der Präsident des Umweltbundesamtes, Jochen Flasbarth betonte, das EEG sei eine Erfolgsgeschichte, um das Deutschland in der Welt beneidet werde. «Das ist eine hervorragende Investition in Jobs und vermiedene Klimaveränderungen.» So seien 2009 durch den Ausbau der Ökoenergien Umweltschäden in Höhe von 5,7 Milliarden Euro vermieden worden. Flasbarth betonte, die Erneuerbaren würden in Zukunft dem
Kohle- und Atomstrom wirtschaftlich überlegen sein - eine Voraussetzung dafür sei der geplante Ausbau des Stromnetzes. Schon jetzt fielen die Erzeugungskosten für erneuerbare Energien stark.

2009 gab es in der Ökoenergie-Branche bereits 340.000 Jobs. Auch die Stadtwerke bekannten sich zur Ökostrom-Umlage, forderten aber eine regelmäßige Überprüfung der Fördersätze. «Überförderungen im System müssen vermieden werden,» sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Hans-Joachim Reck. Laut einer tns-emnid-Umfrage für Greenpeace halten neun von zehn Bundesbürgern die Umstellung auf Öko-Energien für wichtig - doch nur die Hälfte von ihnen will dafür auch mehr Geld ausgeben. (dpa)
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