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29.01.2020 | 04:16 | Kritik an Berlin und Brüssel 
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Ministerpräsident Weil übt Kritik an neuen Düngevorgaben

Hannover - Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat sich für ein Tempolimit auf Autobahnen von 130 Kilometern pro Stunde ausgesprochen.

Düngeverordnung
Eine Kehrtwende hier, Schuldzuweisungen dort: Niedersachsens Ministerpräsident Weil hält sich zum Jahresbeginn mit Kritik an Berlin und Brüssel nicht zurück. (c) proplanta
«Ich bin dafür, dass wir jetzt mal einen Schnitt machen, dass wir sagen, jawoll, Tempolimit ist eine gute Sache und dann haben wir nach ein paar Jahrzehnten die Diskussion mal abgeschlossen», sagte der SPD-Politiker am Dienstag in Hannover.

«Die ganze Diskussion hängt fast allen Menschen inzwischen ziemlich weit zum Halse raus.» Beispiele aus anderen Ländern zeigten, dass der Unterschied in der Praxis nicht sehr groß sei. Die Diskussion über ein Tempolimit lenke zudem von wichtigeren Fragen ab.

Noch vor einem Jahr hatte Weil ein Tempolimit als überflüssig bezeichnet, da es seinen Erfahrungen nach bei keiner Fahrt mehr eine Durchschnittsgeschwindigkeit von mehr als 130 km/h gebe. «Die Realität auf unseren vollen Straßen hat diese Diskussion nicht nur eingeholt, sondern überholt», sagte Weil im Januar 2019 dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Ähnlich argumentierte er am Dienstag - allerdings mit anderer Schlussfolgerung.

In der Landespressekonferenz sprach Weil zudem über folgende Themen:

Landwirtschaft - Nach Monaten der Bauernproteste auch in Niedersachsen, insbesondere gegen die geplanten Düngevorgaben, schob der Ministerpräsident die Verantwortung weiter nach Berlin und Brüssel. «Herr des Verfahrens» sei die Europäische Union.

Die Bundesregierung hätte zudem mehr auf die Anliegen der niedersächsischen Landwirtschaft eingehen sollen, sagte Weil. Es sei zwar richtig, dass Deutschland lange Zeit gehabt habe, sich auf die Anforderungen zum Schutz des Grundwassers einzustellen und dass Handlungsbedarf bestehe. Allerdings solle Deutschland das Grünland aus der Düngeverordnung herausnehmen und innerhalb der besonders belasteten «roten Gebiete» genauer unterscheiden, wo die Belastung herkomme. Das habe dann auch die EU zu akzeptieren, forderte Weil.

KZ-Besuche - Eine Verpflichtung von Schulen, die Gedenkstätten an den Konzentrationslagern der Nazis zu besuchen, lehnte Weil ab. «Man kann nicht sagen, dass nur der Besuch einer Gedenkstätte das beste Mittel der Erinnerungsarbeit ist, sondern es hängt sehr auch von der richtigen pädagogischen Einbettung ab», sagte er. So seien etwa auch Gespräche mit Zeitzeugen möglich. Weil betonte zudem, dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Aufarbeitung der NS-Diktatur in niedersächsischen Schulen nicht sehr ernst genommen werde.

Steuern - In der Diskussion um die Steuerbelastung von mittleren Einkommen forderte Weil eine stärkere Differenzierung. Es sei unbefriedigend, «dass man sich schon mit relativ guten, aber immer noch auch sehr normalen Gehältern unversehens beim Spitzensteuersatz wiederfindet und damit auf dem gleichen Level wie die Menschen, die mehrere Millionen Euro im Jahr verdienen».

Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent wird in Deutschland nur von der sogenannten Reichensteuer von 45 Prozent getoppt, die für sehr hohe Einkommen anfällt. Im Jahr 2015 zahlten auch 1,7 Millionen Arbeitnehmer, die etwa 5.000 bis 7.000 Euro brutto im Monat verdienten, den Spitzensteuersatz. FDP und Linke im Bund forderten daher Steuerentlastungen, die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD will davon aber nichts wissen.

Grundrente - Auch den Streit der großen Koalition in Berlin über die geplante Grundrente kritisierte der Ministerpräsident. Er beklagte, dass die Groko seit Monaten nicht zu einem Ergebnis kommt. Das sei «wieder ein Beispiel dafür, dass irgendwann die Bürger gar nicht wissen, um was es geht, weil es einfach ständig hin und her geht», monierte Weil.

«Ich glaube wirklich, dass es im besten Sinne der Bundesregierung ist, wenn sie strittige Themen erstens weniger öffentlich verhandelt und zweitens wesentlich schneller zur Entscheidung bringt.» Die für 2021 geplante Grundrente soll den Rentenanspruch von Geringverdienern erhöhen. Die Union hat allerdings von der SPD Änderungen an dem Konzept gefordert.

SPD-Führung - Vor der Wahl von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zum neuen Führungsduo der SPD hatte sich Weil ungewöhnlich deutlich von den Kandidaten distanziert. Es gehöre sich aber nicht, nachzukarten oder zu schmollen, sagte er nun.

«Wir sind gespannt zu schauen, wie der Kurs ist, den diese Parteiführung für die gesamte SPD vorschlägt und was wir für uns als Niedersachsen daraus ableiten können», sagte Weil. «Wenn die SPD bundesweit wieder mehr Fahrt aufnimmt, kann das für die niedersächsische SPD nur gut sein.» Für eine Prognose, ob es mit Esken und Walter-Borjans in die richtige Richtung gehe, sei es jedoch noch zu früh. Nach der Klausur des Parteivorstands im Februar in Berlin werde man klarer sehen.

Landtagswahl - Auf die Frage, ob er bei der nächsten Landtagswahl - voraussichtlich Ende 2022 - erneut kandidieren wolle, antwortete Weil: «Wenn ich gesund bleibe, wenn meine Partei mich mag, wenn alle Beteiligten den Eindruck haben, dass das eine gute Lösung ist, sehr gerne. Mir macht meine Arbeit anhaltend große Freude. Immer, wenn ich in Niedersachsen unterwegs bin, fühle ich mich pudelwohl.»
dpa/lni
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Kommentare 
Karl am Acker schrieb am 30.01.2020 02:41 Uhrzustimmen(2) widersprechen(1)
An Hand des Pralltellers kann man erkennen, daß das Foto entweder veraltet ist, oder daß da keine Gülle ausgebracht wird.
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