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28.01.2016 | 08:01

VW-Rückrufaktion: Erste Autos haben schon Abgas-Update

VW-Rückrufaktion
Aktion 23R7 durchgeführt - Motorsteuergerät NOx». Der erste Wagen hat seine Umrüstung hinter sich im Abgas-Skandal bei Volkswagen - aber schneller als geplant. Der Mammut-Rückruf wird VW lange beschäftigen. (c) proplanta

Wie Brüssel mehr Aufsicht über die Autobauer erreichen will



Brüssel/Berlin - Gefälscht, getrickst, getäuscht: Bei Millionen Dieselautos weltweit hat Volkswagen Abgaswerte manipuliert. Aufgeflogen ist der Konzern aber in den USA. So etwas soll sich nicht wiederholen, betont die EU-Kommission - und macht konkrete Vorschläge. Ob daraus jemals etwas wird, ist noch offen: Die Pläne bräuchten die Zustimmung der EU-Staaten und des Europaparlaments.

Was schlägt die EU-Kommission genau vor?

Kurz gefasst: Sie will den EU-Staaten bei der Aufsicht stärker auf die Finger schauen. Vor allem technische Dienstleister wie Tüv oder Dekra, die Prototypen für die Autobauer testen, sollen unabhängiger werden. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, würden sie künftig nicht mehr direkt von den Herstellern bezahlt, sondern aus einem Fonds der Industrie. Zu lasche Dienste könnte die EU-Kommission vom Geschäft ausschließen.

Nationale Aufsichtsbehörden wie das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) und die EU-Kommission könnten zudem viel leichter überprüfen, ob bereits zugelassene Autos den Vorschriften entsprechen - und falls nötig, auch Rückrufe veranlassen oder Fahrzeuge vom Markt nehmen. Autobauern, die wie VW Software zum Fälschen von Abgaswerten einsetzen, will die Kommission Bußgelder von bis zu 30.000 Euro je Wagen aufbrummen können, falls die nationalen Behörden nicht handeln.

Wie funktioniert die Zulassung von Autos heute?

Bei der Zulassung neuer Wagentypen wird untersucht, ob ein Modell die europäischen Sicherheitsbestimmungen, Umweltstandards oder Anforderungen an die Herstellung einhält. Dazu stellt der Autobauer den Teststellen wie Tüv oder Dekra Prototypen der Fahrzeuge zur Verfügung, wie die EU-Kommission erklärt. Diese werden dann etwa mit Crashtests, Bremsversuchen oder Abgasmessungen überprüft. Sind alle Bedingungen erfüllt, lässt die nationale Aufsichtsbehörde - in Deutschland das KBA - den Fahrzeugtyp zum Verkauf in Europa zu. Jeder Wagen wiederum bekommt Papiere, die die Übereinstimmung mit dem zugelassenen Typ bescheinigen.

Warum flog der VW-Skandal in den USA auf und nicht in Europa?

Kritiker wie Greg Archer von der Umweltorganisation Transport and Environment meinen: «Der Hauptgrund, warum Volkswagen mit seinem Betrug in Europa ungeschoren davonkam, war die mangelnde Unabhängigkeit der nationalen Behörden.» Die staatlichen Stellen hätte eine allzu «behagliche Beziehung» zu den Autobauern gepflegt.

Wenn die EU-Kommission sich durchsetzt, wird das europäische System in Zukunft ein wenig amerikanischer. Denn wie in den Vereinigten Staaten würden dann auch in Europa Autos getestet, die schon auf dem Markt sind, erläutert eine EU-Mitarbeiterin. In der Europäischen Union wird derzeit vor allem im Zulassungsverfahren geprüft, ob Prototypen Umwelt- oder Sicherheitsstandards einhalten.

Was ist der Stand bei den geplanten neuen Abgastests?

Die stehen aktuell noch auf der Kippe. Experten der EU-Staaten hatten Ende Oktober zwar einen Rahmen für realistischere Abgastests für Dieselautos (RDE) festgelegt. Die Tests sollen künftig auf der Straße stattfinden, was ein realistischeres Bild liefern soll als bei Labortests. Im Umweltausschuss des Europaparlaments fiel das Vorhaben jedoch durch - den Abgeordneten war ein Dorn im Auge, dass großzügige Abweichungen von den europäischen Stickoxid-Grenzwerten erlaubt sein sollten.

Ob das Plenum des Parlaments die Pläne endgültig zu Fall bringt, entscheidet sich in der kommenden Woche. Rebecca Harms als Co-Vorsitzende der grünen Fraktion im Europaparlament warnte bereits vor einem «Kuhhandel», bei dem «aufgeweichte Stickstoff-Grenzwerte für Neuwagen» gegen eine strenge Aufsicht getauscht würden.

Welche Rolle spielt das Kraftfahrt-Bundesamt in der Affäre?

Das KBA ist schwer ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Nicht nur Umweltverbände und die Opposition fragen, warum der VW-Skandal erst von US-Behörden ans Licht gebracht werden musste. Nun ist das Flensburger Amt in die Aufklärung eingebunden, ordnete den Pflicht-Rückruf von 2,4 Millionen Diesel-Autos an. Jetzt werden in einer großen Nachprüfung auch Modelle anderer Hersteller gecheckt.

Kritiker verlangen einen generellen Schnitt: Für wirklich unabhängige Kontrollen soll das Umweltbundesamt Kompetenzen übernehmen. Auch das Verbraucherministerium denkt darüber nach, das Verkehrsministerium hält aber nichts davon. Es plant andere Neuregelungen - etwa dass technische Prüfdienste sich künftig rotierend abwechseln sollen.
dpa
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