Beim VW-Anteilseigener Niedersachsen ist eine interne Akte zum Diesel-Skandal verschwunden. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt wegen eines möglichen Diebstahls in der Staatskanzlei - während sich deren Hausherr zum Besuch des Stammwerks aufmacht. (c) proplanta
Aufgrund einer Strafanzeige der Landesregierung ermittelt die Staatsanwaltschaft Hannover wegen möglichen Diebstahls. Am Nachmittag will Weil mit dem neuen VW-Chef Matthias Müller und Betriebsratschef Bernd Osterloh Gespräche mit Mitarbeitern der Golf-Produktion führen.
«Wir haben ein Ermittlungsverfahren zunächst gegen Unbekannt wegen des Verdachts auf Diebstahl eingeleitet», sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte die «Bild»-Zeitung über den Fall berichtet.
Ob die Handakte am Ende wirklich gestohlen, nur verlegt oder gar versehentlich in den Müll geworfen wurde, war zunächst offen. In der Staatskanzlei wird der Diebstahl nach dpa-Informationen jedoch «als naheliegendste Variante» vermutet. Die Akte soll nach Angaben von Regierungssprecherin Anke Pörksen am 9. Oktober «zuletzt bewusst gesehen» worden sein. Vermisst gemeldet wurde sie dann am 12. Oktober vom zuständigen Sachbearbeiter, die Anzeige erfolgte am 16. Oktober.
«In der Handakte befanden sich ausschließlich Ausdrucke und Duplikate von Unterlagen, die meisten davon sind im Netz verfügbar, aber auch hausinterne Vermerke zu rechtlichen Fragen, keine Aufsichtsratsunterlagen», sagte Pörksen. «Insofern ist der Verlust der Handakte zwar ärgerlich, aber nicht hoch problematisch.» Eine bereits durchgeführte Befragung von rund einem Dutzend Mitarbeiter habe bislang keine konkreten Ergebnisse geliefert.
Unterdessen hat nach Europas größtem Autobauer VW nun auch Toyota eine millionenfache Rückrufaktion von mangelhaften Fahrzeugen angekündigt. Weltweit muss der japanische Autoriese nach eigenen Angaben 6,5 Millionen Wagen in die Werkstätten beordern. Grund sei ein Defekt bei einem Modul für Fensterheber. Erst im vergangenen Jahr hatte Toyota Millionen Autos zurückgerufen.
Volkswagen und Toyota liefern sich ein Wettrennen um den Titel des weltgrößten Autokonzerns. Die Wolfsburger stehen wegen der Abgas-Affäre vor dem größten Rückruf ihrer Geschichte. In den 28 EU-Ländern holt VW 8,5 Millionen Diesel-Fahrzeuge in die Werkstätten. Rund 2,4 Millionen davon entfallen auf den Heimatmarkt Deutschland.
Zudem hat Volkswagen seinen europäischen Vertragspartnern untersagt, Bestandsfahrzeuge, die von der Dieselaffäre betroffen sind, zu verkaufen. Der Verkaufsstopp gilt für alle Neuwagen mit dem Motor EA 189 ohne Erstzulassung, die im Handel auf Lager stehen. Er geht nach einem Bericht der Fachzeitschrift «Automobilwoche» (online) auf einen Beschluss des Kraftfahrt-Bundesamts zurück.
Nach Angaben Osterlohs hat der Abgas-Skandal in der ersten Oktober-Hälfte noch nicht auf die Verkäufe durchgeschlagen. «Es gibt noch keine Anzeichen dafür», sagte der VW-Betriebsratschef in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Das gelte auch explizit mit Blick auf den wichtigen Heimatmarkt Deutschland und Europa.
Osterloh betonte aber, es sei noch viel zu früh für eine Entwarnung bei den Arbeitsplätzen. Dies hob auch der neue IG-Metall-Chef Jörg Hofmann hervor: «Wir können im Moment nur über Szenarien reden. Aber wenn ein Szenario eintritt, müssen wir handlungsfähig sein.»