Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
06.09.2022 | 09:44 | Klimaschutz-Streit 
Diskutiere mit... 
   2   2

Biobauer zwingt VW zu schnellem Verbrenner-Ende

Detmold - In einem Klimaschutz-Streit zwischen einem Biobauern und dem Autokonzern Volkswagen stellt ein Gericht am Freitag die Weichen, wie es weitergeht.

Klimaschutz-Streit VW
Was tun, um den Klimawandel zu bremsen? Ein Biobauer aus NRW zog vor Gericht, damit der Autokonzern Volkswagen mehr Tempo macht auf seinem CO2-Vermeidungskurs. Im Mai hatte das Gericht Skepsis erkennen lassen, bald wird das weitere Vorgehen verkündet. (c) proplanta
Der Landwirt aus Detmold fordert von dem Konzern, den Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren in diesem Jahrzehnt drastisch runterzufahren und 2030 ganz einzustellen.

Der 62-jährige Ulf Allhoff-Cramer sieht Volkswagen als zweitgrößten Autokonzern der Welt mitverantwortlich dafür, dass er im Zuge des Klimawandels erhebliche Schäden erlitten und eine schwere Zukunft vor sich hat. Die Klage wird von Greenpeace unterstützt.

VW weist die Vorwürfe zurück. Der Autobauer hat eine Klageabweisung beantragt. In einer Erwiderungsschrift, die der dpa vorliegt, argumentieren die Anwälte von VW, dass die Verfassung «keine individuelle Haftung für die diffusen Distanz- und Summationsschäden des Klimawandels» gebiete. Zudem betonen die Anwälte, dass die Nutzung der Fahrzeuge nicht im Einflussbereich von VW stattfinde, «sondern in der Verantwortung und unter dem bestimmenden Einfluss der Fahrer und Halter der Fahrzeuge». Nur etwa ein Prozent der Emissionen, die bei der Produktion und Nutzung entstehen, entstammten aus Quellen, die «von einem Konzernunternehmen kontrolliert werden».

Mit Unverständnis reagieren die VW-Anwälte darauf, dass sich der Bauer in der Klage auf seine düstere Geschäftsperspektive bezieht. «Die Erwartung großflächiger Dürreperioden [...] etwa sagt nichts darüber aus, ob überhaupt, wann und in welchem Umfang hierdurch konkret die [...] Grundstücke des Klägers betroffen sind». Die konkreten Folgen des Klimawandels ließen sich nicht auf kleinräumige Bereiche vorhersagen. Es sei heute «völlig unabsehbar, in welcher konkreten Form - wenn überhaupt - es zu einer Rechtsgutbeeinträchtigung kommen könnte», schreiben die VW-Anwälte.

Greenpeace hält die Argumentation von Volkswagen hingegen für irreführend und falsch. Der Autokonzern müsse sich endlich seiner Verantwortung stellen und den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor schnellstmöglich einleiten und umsetzen, sagt Greenpeace-Fachmann Benjamin Stephan. «Es ist erschreckend, wie VW argumentiert.»

Eine VW-Sprecherin wiederum betonte Fortschritte in der Elektromobilität. «Angesichts der fortschreitenden Erderwärmung setzt Volkswagen konsequent auf batterieelektrische Fahrzeuge.» Aus Sicht des Klägers und der Umweltschützer reicht das aber nicht - die VW-Argumentation vor Gericht stehe im Widerspruch zum Image eines ökologischen Vorreiters, das VW in der Öffentlichkeit suche.

Beim Verfahrensauftakt im Mai hatten der klagende Landwirt und damit auch die Umweltschutzorganisation einen schweren Stand. Der Vorsitzende Richter Manfred Pohlmeier äußerte damals Kritik und forderte eine Konkretisierung der Vorwürfe.

Man sei den Hinweisen, die das Gericht erteilt habe, nachgekommen und habe Bedenken ausgeräumt, sagte die Anwältin des Klägers, Roda Verheyen, im Vorfeld des Gerichtstermins. Sie gehe daher davon aus, dass es am Freitag kein abweisendes Urteil gebe, sondern, dass es weitergehe mit dem Verfahren. Vor dem Landgericht Braunschweig vertritt Verheyen zudem zwei Greenpeace-Geschäftsführer und eine Fridays-for-Future-Aktivistin, die ebenfalls gegen VW klagen.

Zudem hat sie einen peruanischen Bauern unter ihren Mandanten. Dieser sah sich ebenfalls von den Folgen des Klimawandels bedroht und klagte gegen den Energiekonzern RWE.

Das VW-Verfahren am Detmolder Landgericht dürfte am Freitag (9.9.) wohl noch nicht beendet sein. Ein Sprecher des Gerichts sagte der dpa, es sei «überwiegend wahrscheinlich», dass die Kammer wegen der neuformulierten Anträge wieder in die mündliche Verhandlung eintreten und einen neuen Verhandlungstermin anberaumen werde.

Unterdessen bekommt der Kläger Allhoff-Cramer die Folgen von Wetterextremen auch dieses Jahr zu spüren. Die diesjährige Dürre bestätige «die schlimmsten Befürchtungen», sagte der Biobauer. Weil das Gras auf den Weiden verdorrt sei, bekämen seine Kühe schon jetzt Futter - normalerweise grasen die Tiere bis November auf den Weiden.

«Fütterungstechnisch hat der Winter schon im Juli und August für uns begonnen.» Die Politik und Industrie müssten «alles dafür tun, dass wir unseren Kindern einen Planeten übergeben, der irgendwie noch in einem Gleichgewichtszustand ist und der ökologische Rahmenbedingungen hat, die ein bescheidenes, aber menschenwürdiges Leben ermöglichen».
dpa
Kommentieren Kommentare lesen ( 2 )
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


Kommentare 
agricola schrieb am 06.09.2022 22:08 Uhrzustimmen(8) widersprechen(4)
Zitat: "Unterdessen bekommt der Kläger Allhoff-Cramer die Folgen von Wetterextremen auch dieses Jahr zu spüren. Die diesjährige Dürre bestätige «die schlimmsten Befürchtungen», sagte der Biobauer. Weil das Gras auf den Weiden verdorrt sei, bekämen seine Kühe schon jetzt Futter"

Hätte der Bauer ordentlich gedüngt und eine gute Humusschicht aufgebaut, hätte er die Probleme nicht. Bedauerlicherweise kann er als Biobauer keinen Humus aufbauen. Nur Raubbau an der Natur, was sich jetzt rächt.
Spargeltobi schrieb am 06.09.2022 16:05 Uhrzustimmen(9) widersprechen(4)
Würde mich schon mal interessieren, welchen Traktor der Biobauer fährt!!!
Kenne keinen Traktor mit Elektromotor.!!!! Eigentlch müsste er seine Kühe mit Hand melken und seine Felder und Wiesen mit dem Pferd beackern!
  Weitere Artikel zum Thema

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 Verbrenner-Aus erntet Kritik von links

 Verbrenner-Autos haben weiter die Nase vorn

 Von der Leyen zu Verbrenner-Aus: Überprüfung 2026 ist sehr wichtig

 E-Autos zunehmend klimafreundlicher als Verbrenner

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken