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04.06.2008 | 15:10 | Biomarkt 

Biobranche verfolgt Kampf um Milchpreis gespannt - Ware knapp

Frankfurt/Main - Die Biobranche verfolgt den Kampf um die Milchpreise mit gespannter Erwartung, allerdings aus einer Situation mit umgekehrten Vorzeichen: Die Ware ist knapp, die Preise sind hoch, die Verbraucher zufrieden.

Biobranche verfolgt Kampf um Milchpreis gespannt - Ware knapp
Der Biomarkt sei das genaue Gegenteil des konventionellen Lebensmittelmarkts, sagt Prof. Ulrich Hamm, Fachgebietsleiter Agrar- und Lebensmittelmarketing der Universität Kassel. Überschüsse gebe es nicht, im Gegenteil: «Händeringend wird Ware gesucht.» Viel zu wenig Bauern hätten in den vergangenen Jahren ihre Produktion umgestellt. Wenn der Lieferstreik weitergehe, werde vermutlich die Biomilch noch knapper.

Derzeit sind die Regale mit Bio-Milch noch gut gefüllt. Die hessische Supermarktkette Alnatura (Bickenbach) mit 39 Bio- Supermärkten hat nach eigenen Angaben bisher keine Engpässe. In den Alnatura-Läden kostet der Liter frische Bio-Vollmilch 1,19 Euro, etwa doppelt so viel wie konventionelle Milch bei Discountern. Faire, das heißt höhere Preise für die Milchbauern, seien ohne Probleme durchzusetzen, sagt Firmensprecherin Stefanie Neumann. Bereits 2006 habe Alnatura zusammen mit ihrem Frischmilch-Lieferanten, der nordhessischen Upländer Bauernmolkerei (Willingen), einen Zuschlag von zehn Cent je Liter Frischmilch vereinbart, so dass den Bauern damals 40 Cent gezahlt werden konnten. Der Absatz in den Läden sei daraufhin nicht zurückgegangen, sondern noch gestiegen. «Die Kunden haben das Ziel verstanden», sagt Neumann.

Heute zahlt die Upländer Bauernmolkerei ihren Lieferanten 50 Cent je Liter Milch. Sie verarbeitet die Milch von 140 Bio-Landwirten, in diesem Jahr rund 30 Millionen Liter, das ist im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 50 Prozent. Aus Solidarität mit den konventionellen Milchbauern hatte die Bio-Molkerei vier Tagesproduktionen an soziale Projekte verschenkt, zusammen rund 340.000 Liter.

«Die Preise hängen zusammen», sagt Aufsichtsratsvorsitzender Josef Jacobi. Wenn der Preisunterschied zwischen konventioneller und Bio- Ware zu hoch sei, könnten keine neuen Kunden für die teurere Milch gewonnen werden. Allerdings habe die Zuschlags-Aktion mit Alnatura auch gezeigt, dass eine Mengensteigerung trotz Preiserhöhung möglich sei, wenn die Preise erklärt würden und Transparenz geschaffen werde. Jacobi ist überzeugt, dass der Bio-Markt auch künftig zweistellige Zuwachsraten haben wird. «Die Verbraucher interessieren sich zunehmend dafür, was sie essen.»

Grundproblem des konventionellen Milchmarkts ist aus der Sicht des Wissenschaftlers Hamm die zu hohe Milchquote. «Wir haben zu viel Milch auf dem Markt.» Andere Faktoren verschärften die Lage: Im vergangenen Winter sei viel Milch exportiert worden, dieses Ventil gebe es jetzt nicht mehr, auch weil der starke Euro die Milch außerhalb Europas erheblich verteuert habe. Hinzu komme die Preisexplosion bei Energie und Futter - «der Hilferuf der Bauern ist berechtigt», sagt Hamm.

Einen Preiskampf um die Milch auszutragen, könnte für den konventionellen Lebensmitteleinzelhandel nach Ansicht von Hamm auf Dauer zu schwierig sein. «Milch hat immer noch ein besonderes Image», sagt der Wissenschaftler. Von keinem anderen Produkt seien die Preise so gut bekannt - Milch und Butter würden oft gekauft, immer in der gleichen Verpackung und sehr lange zu stabilen Preisen. Die Preise für Käse dagegen seien wegen der unzähligen verschiedenen Sorten völlig unübersichtlich. Möglicherweise werde sich der Wettbewerb in diese Richtung verlagern. (dpa)
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