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13.04.2012 | 18:52 | Konjunktur 

Chinas Wirtschaftswachstum in der Talsohle

Peking - Mit dem langsamsten Wachstum seit drei Jahren könnte China die Talsohle erreicht haben.

Wirtschaft
(c) proplanta
Die zweitgrößte Volkswirtschaft hatte lange versucht, mit einer knappen Geldpolitik nicht nur die galoppierende Inflation zu bekämpfen, sondern auch den überhitzten Immobilienmarkt und das rasante Wachstum abzukühlen.

Nach 9,2 Prozent im vergangenen Jahr sackte das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal plötzlich auf 8,1 Prozent ab. Trotz der schlechter als erwarteten Entwicklung sehen Ökonomen aber keinen Anlass zur Panik.

«Die Risiken einer Überhitzung nehmen ab, was die Aussichten für eine «weiche Landung» verbessert», sagte Weltbank-China-Ökonom Ardo Hansson in Peking.

Auch die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) gibt sich zuversichtlich: «Das globale Umfeld bleibt unsicher, aber China zeigt gesunde Anzeichen einer wirtschaftlichen Risikostreuung mit höherem heimischen Konsum und einer Verringerung des Handelsüberschusses.»

Zwar gibt es noch Sorge um die Inflation, doch mehren sich Anzeichen, dass die Zentralbank auch den Geldhahn wieder etwas aufdrehen könnte. Seit November hatte die Zentralbank bereits zweimal die Mindestanforderungen für die Kapitalreserven der Banken verringert.

Im März bekamen die Banken schon das Signal, dass die Kreditvergabe wieder etwas gelockert werden könnte. So stabilisierte sich die Wirtschaft im März nach einem schwachen Januar und Februar.

Den schuldengeplagten Europäern und krisengeschüttelten Amerikaner erscheinen acht Prozent Wachstum sicher fantastisch hoch, aber ein Schwellenland wie China mit viel Nachholbedarf erreicht zwischen sechs und acht Prozent schon eine kritische Grenze, je nachdem welcher Ökonom befragt wird.

China muss neue Jobs generieren, da ständig weitere Arbeitskräfte auf den Markt strömen. Nur starkes Wachstum und ständiger Zuwachs der Einkommen verhindert soziale Spannungen, lässt die Probleme eines Schwellenlandes lösen.

Entwarnung wollen Ökonomen auch keineswegs geben. «Zu den Risiken gehören eine weitere Verschlechterung der globalen Bedingungen genauso wie ein potenzieller Anstieg von faulen Krediten lokaler Regierungen», warnt die Entwicklungsbank. Ähnlich verweist die Weltbank auf die Ungewissheiten in den reichen Industrienationen und zusätzlich auf ein eventuelles Platzen der Immobilienblase in China.

So hat China schon alle Hände voll zu tun, um eine robuste wirtschaftliche Entwicklung sicherzustellen. Eigentlich müsste aber vielmehr das ganze Wachstumsmodell geändert werden.

Nicht mehr allein Export und Investitionen sollten die Wirtschaft antreiben, sondern vielmehr wachsender heimischer Konsum. Nicht umsonst nennt Chinas Regierungschef Wen Jiabao das chinesische Wachstum immer wieder «unausgeglichen, unkoordiniert und nicht aufrechtzuerhalten».

Auch die Asiatische Entwicklungsbank sagt: «Wachsende Einkommensunterschiede unterstreichen die Notwendigkeit, die Bemühungen für ein ausgeglichenes, ökologisch freundliches Wachstum voranzutreiben.»

Ähnlich weist die Weltbank darauf hin, dass die gegenwärtige Schwäche der Wirtschaft «die Grenzen des mit Export, Kredit und Investitionen angetriebenen Wachstumsmodells aufzeigt».

Die Weltbank geht in diesem Jahr auch nur noch von 8,2 Prozent Wachstum aus, rechnet aber im nächsten Jahr wieder mit 8,6 Prozent.

Die langfristigen Aussichten für China hängen allerdings davon ab, ob die notwendigen strukturellen Veränderungen gelingen, weil die traditionellen Antriebskräfte schwächer werden. China muss sich von der Billigproduktion verabschieden und in der Wertschöpfungskette nach oben klettern.

Das soziale Netz muss ausgebaut, die Belastung für Umwelt und Rohstoffe reduziert, die Energieeffizienz verbessert werden - alles Faktoren, die das Wachstum langfristig bedrohen. (dpa)
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