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24.03.2016 | 08:27 | Welthandel 

Freihandel mit Südamerika geplant - auch ohne TTIP

Brasília - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will es, selbst Frankreichs Präsident François Hollande scheint nun dafür, trotz der Sorge um neue Konkurrenz für französische Bauern.

Welthandel
Der südamerikanische Staatenbund Mercosur wird 25 - zum Jubiläum könnte ein geplantes Freihandelsabkommen mit der EU neuen Schwung verleihen. Im April sollen erste Vorschläge auf den Tisch. (c) proplanta
Denn in Zeiten von Krieg und Krisen, und wachsendem Einfluss Chinas und Russlands in Südamerika will die Europäische Union mit einem Freihandelsabkommen den Handel mit den Staaten der Wirtschaftsunion Mercosur stärken.

Die feiert «Silberhochzeit» - am 26. März 1991 erlebte der Mercosur mit dem Vertrag von Asunción seine Geburtsstunde. Nach dem Vorbild der EU beschlossen zunächst Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay die Schaffung eines gemeinsamen Marktes. Venezuela ist seit 2012 Mitglied des Mercosur, Bolivien soll nach einer Billigung durch die nationalen Parlamente bald folgen. 295 Millionen Menschen umfasst der Wirtschaftsraum, die EU über 500 Millionen. Nach eigenen Angaben ist der Mercosur zusammen die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt.

Das Jubiläumsjahr wäre der passende Aufschlag, dem durch viele interne Reibereien geschwächten Bündnis neuen Schwung zu verleihen. Keine konstruktive Rolle spielte oft das sozialistische Venezuela. Aber Präsident Nicolás Maduro ist geschwächt und zunehmend isoliert.

Schon vor 16 Jahren wurden erste Gespräche über ein konkretes Assoziierungsabkommen mit den EU-Staaten aufgenommen, dann jahrelang ausgesetzt - so weit wie jetzt war man bisher noch nicht.

Gerade beim neuen liberalen argentinischen Präsidenten Mauricio Macri geben sie sich seit Wochen die Klinke in die Hand. Hollande war da, ebenso die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat einen Besuch noch im ersten Halbjahr angekündigt.

Der Mercosur sei mit Exporten im Wert von über 97 Milliarden Euro im Jahr derzeit der achtgrößte Markt der EU-Staaten, rechnet Mogherini vor - während die EU für den südamerikanischen Staatenbund mit Ausfuhren von 110 Milliarden Euro sogar der größte Handelspartner sei, noch vor den USA und China.

«Der große Erfolg ist vor allem eine deutliche Verbesserung der lange konfliktreichen Beziehungen zwischen Argentinien und Brasilien», betont der auf internationale Wirtschaftsbeziehungen spezialisierte Professor Félix Peña von der Universität Nacional de Tres de Febrero in Buenos Aires mit Blick auf 25 Jahre Mercosur. Vor allem im Rohstoff- und Energiebereich wurde der Austausch deutlich gestärkt.

Aber: Großes Sorgenkind des Mercosur ist derzeit Brasilien mit seiner schweren politischen und wirtschaftlichen Krise. Doch gerade in Krisenzeiten könnte ein neues Band, der Abbau von Zollschranken, eine neue Chance bieten - für beide Seiten. Zumal das große TTIP-Abkommen mit den USA vorerst nichts werden könnte. Bis zu den US-Wahlen im November auf keinen Fall - danach kann es ungewiss sein.

Gerade Frankreich ist darauf bedacht, den heimischen Agrarsektor zu schützen. Daher dürfte in den Verhandlungen hart gerungen werden um die Bedingungen für Bereiche wie Rindfleisch, Zucker, Soja und Getreide, deren Handel die großen Agrarstaaten Argentinien und Brasilien weiter ausweiten möchten. 43 Prozent der Mercosur-Exporte in die EU sind Agrarprodukte. In Südamerika wiederum gibt es Sorgen etwa um die heimische Autoindustrie.

EU und Mercosur wollen einen Austausch der Vorschläge beider Seiten noch im April erreichen. Bilaterale Abkommen, zum Beispiel nur mit Brasilien, vor dem Einbruch immerhin siebtgrößte Volkswirtschaft der Welt, scheitern bisher an einer Verpflichtung, nur gemeinsam Abkommen abzuschließen. So ist Chile als nur assoziierter Mercosur-Partner fein raus. Kein anderes Land weltweit hat laut Auswärtigem Amt mehr Freihandelsabkommen abgeschlossen, sie umfassen bereits 61 Länder.

Eine Hürde: Im Juli übernimmt Venezuela den Mercosur-Vorsitz. Und wenn es jetzt wieder nichts wird? Merkel hatte da schon beim Besuch vor ein paar Monaten bei Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff vorgebaut. «Wir müssen überlegen, ob wir Wege finden, die einigen unterschiedliche Geschwindigkeiten gestatten», sagte die Kanzlerin.
dpa
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