Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
08.09.2007 | 17:52 | Preistreiberei bei Lebensmittel 

Handel will mit Industrie um Lebensmittelpreise ringen

Berlin/Düsseldorf - Der Einzelhandelsverband HDE hat den Vorwurf der Preistreiberei bei Lebensmitteln zurückgewiesen. Befürchtungen, dass diese Artikel im Supermarkt auf breiter Front teurer werden, seien unbegründet, sagte Verbandssprecher Hubertus Pellengahr am Freitag in Berlin.

Lebensmittelpreise
(c) proplanta
Die REWE-Gruppe und der zum Tengelmann-Konzern gehörende Discounter Plus hatten am Donnerstag Preiserhöhungen angekündigt. Bei Aldi werden nach einem Bericht der «Lebensmittel-Zeitung etwa 50 Artikel teurer. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) forderte angesichts der Preiserhöhungen im Lebensmitteleinzelhandel mehr Transparenz.
 
Pellengahr sagte, die Preiserhöhungen, die jetzt von den Unternehmen umgesetzt würden, seien lange bekannt und bereits ausführlich diskutiert. Betroffen seien vor allem Milch- und Molkereiprodukte, Mehl und bestimmte Backwaren. Vorwürfe, der Handel nutze die Situation aus und fülle sich die Taschen, seien völlig absurd. Ursache der Preiserhöhungen seien allein die gestiegenen Einkaufspreise.
 
Forderungen von Herstellern nach Preisanhebungen für eine breite Palette von Lebensmitteln werde der Handel keinesfalls diskussionslos nachgeben, sagte Pellengahr. «Da werden längst nicht alle Preiserhöhungswünsche in Erfüllung gehen.» Der Handel habe nicht verlernt, hart mit der Industrie um die Preise zu ringen und damit auch seinen Einfluss zum Wohle der Kunden geltend zu machen. Die diesjährigen Preisverhandlungen hätten gerade erst begonnen.
 
Die Ernährungsindustrie verteidigte ihre Haltung. Wenn die gestiegenen Kosten für Rohstoffe nicht weitergegeben würden, müsse an anderer Stelle gespart werden, zum Beispiel beim Personal, warnte die Geschäftsführerin der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, Sabine Eichner.
 
Jutta Jaksche vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) sagte, es könne nicht sein, dass der Kunde eigenständig herausfinden müsse, warum bestimmte Produkte teurer werden. Der Verweis auf gestiegene Rohstoff-, Energie- oder Personalkosten sei viel zu allgemein und daher unbefriedigend. «Ich würde mir eine Stelle wünschen, die den Verbraucher über die Zusammensetzung der Preise informiert», sagte Jaksche.
 
Den angekündigten Preiserhöhungen von Aldi werden nach Expertenansicht über kurz oder lang weitere große Handelskonzerne folgen. «Alle halten sich sklavisch an die Aldi-Preise. Das war schon immer so», sagte der Discounthandels-Analyst Matthias Queck vom Marktforschungsunternehmen Planet Retail in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Die Handelsketten richteten ihr unteres Preissegment an Aldi aus.
 
«Wenn das Niveau nach oben geht, muss auch Aldi die Vorlage bieten», sagte Queck. Der Zeitpunkt und der Umfang von zu erwartenden weiteren Preissteigerungen bei Lebensmitteln seien noch nicht überschaubar. Nach drastischen Preissteigerungen für Milchprodukte von bis zu 50 Prozent in den vergangenen Wochen seien weitere Preisanhebungen beispielsweise bei Schokolade und Eiscreme zu erwarten.

Die Lebensmittelzeitung hatte unter Bezug auf Industriekreise berichtet, Aldi könnte insgesamt bis zu 380 Produkte verteuern. Der Discounter wies die Darstellung zurück. Die genannten Zahlen fielen deutlich geringer aus. Der Discounter verteidigte dabei seien Preispolitik. «An Preiserhöhungen verdienen wir grundsätzlich nicht. In den Fällen, in denen Preisanpassungen dennoch unvermeidlich sind, geben wir diese lediglich in dem Umfang weiter, wie er bei den Einkaufspreisen entstanden ist», erklärte Aldi Süd auf Anfrage. (dpa)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Kritik an Einzelhandelsplänen - Sorge um Weidetierhaltung

 Lidl und Kaufland steigern Umsatz auf fast 160 Milliarden Euro

 Lebensmittelpreise: Milchprodukte deutlich preiswerter

 Neue Preisbehörde für Lebensmittel & Co.?

 Deutsche Verbraucher offen für abgelaufene Lebensmittel

  Kommentierte Artikel

 Mehr Tote bei weniger Unfällen

 Union Schuld an schwerster Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten

 Bundesbeauftragte fordert Nachbesserungen bei Tierschutz in Ställen

 EU-Agrarsubventionen veröffentlicht - Das sind die Top-Empfänger 2023

 Geld wie Heu - Geht auf den Bauernhöfen wirklich die Post ab?

 Tote Ziegen im Schwarzwald gehen auf Rechnung eines Wolfs

 Gärtner verzweifeln über Superschnecke

 Bauerndemo in Brüssel für faire Preise

 Tierschutznovelle erntet Kritik von allen Seiten

 Online-Abstimmung über Verbrenner-Verbot manipuliert?