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08.04.2014 | 11:31 | Energiewende 

Kabinett beschließt Ökostrom-Reform

Berlin - Das Bundeskabinett hat am Dienstag eine Reform der Ökostrom-Förderung beschlossen, um den zuletzt starken Anstieg der Strompreise in Deutschland zu drosseln.

Ökostrom-Reform
(c) proplanta
Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Regierungskreisen. Die Novelle des im Jahr 2000 eingeführten Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sieht Förderkürzungen vor, zudem soll der Ausbau besonders der Windenergie an Land stärker gesteuert werden. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel

(SPD) rechnet damit, dass der Strompreis mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes bis 2017 stabil gehalten werden könnte und auch anschließend nur moderat steigt. Die Bürger und der Großteil der Unternehmen zahlen die Förderkosten über den Strompreis.

Ziele der Ökostrom-Reform


Es gibt mehr als 4.000 EEG-Vergütungssätze - immer wieder wurde die Förderung gekürzt oder Boni verändert. Den zum Anschlussdatum gültigen Fördersatz gibt es auf 20 Jahre garantiert. Die Reform soll nun die schrittweise Abkehr von den garantierten Zahlungen einleiten. Die Vergütung soll für neue Anlagen auf 12 Cent je Kilowattstunde im Schnitt sinken. Von 25 Prozent soll der Ökostromanteil günstiger als bisher auf 40 bis 45 Prozent bis 2025 und auf 55 bis 60 Prozent 2035 steigen. Ab 2017 soll es Ausschreibungsmodelle geben - den Zuschlag für einen Windpark könnte dann das günstigste Angebot bekommen.

Windenergie
Es soll einen jährlichen Zubau von 2500 Megawatt (MW) geben, die Anfangsvergütung 8,9 Cent je Kilowattstunde betragen. Wird der Korridor überschritten, gibt es für diese Windräder weniger Geld. Der Austausch alter durch neue, leistungsstärkere Windräder an bestehenden Standorten wird nicht in den 2500 MW-Deckel einbezogen.

Windkraft im Meer
Hier soll es zwar eine hohe Anfangsvergütung von rund 18 Cent je Kilowattstunde geben, aber die Ziele werden gekürzt. Statt 10.000 Megawatt sollen nur noch 6.500 Megawatt bis 2020 installiert werden und 15.000 Megawatt bis zum Jahr 2030.

Biomasse
Auch wegen der Zunahme von Maisanbauflächen soll der Zubau auf nur noch 100 Megawatt pro Jahr gedeckelt werden. Neue Anlagen sollen vor allem mit Abfall- und Reststoffen gefüttert werden. Da die Anlagen anders als Sonne und Wind berechenbar Energie liefern, soll die Produktion stärker auf den aktuellen Bedarf ausgerichtet werden.

Eigenstrom
Die Kosten für die Bürger steigen auch, weil zunehmend Unternehmen Strom selbst erzeugen und verbrauchen. Damit sind sie von EEG-Umlage und Netzentgelten befreit. Unternehmen des produzierenden Gewerbes müssen für neue Eigenstrom-Anlagen 20 Prozent der EEG-Umlage als eine Art «Energie-Soli» bezahlen. Supermärkte oder kleinere Betriebe, die künftig mit Solarstrom selbst versorgt werden, sollen 50 Prozent der Umlage zahlen. Die Solarlobby beklagt eine ungleiche Behandlung.

Bahn-Rabatte
Die Bahn muss mehr bezahlen als bisher, um andere Stromverbraucher etwas bei den Energiewendekosten zu entlasten, aber nicht so viel, wie zunächst geplant. Schienenbahnen bis zu einem Jahresverbrauch von zwei Gigawattstunden bezahlen die volle Ökostrom-Umlage von derzeit 6,24 Cent je Kilowattstunde. Darüber hinaus muss für Fahrstrom 20 Prozent der Umlage bezahlt werden. Unklar ist noch, ob das Folgen für die Bahn-Preise hat.


Pro- und Contra



Atomausstieg/Klimaschutz
Die Risikotechnologie Atomkraft wird bis 2022 beendet, die Umwelt belastende Kohlekraftwerke sollen ebenfalls schrittweise vom Netz.

Unabhängigkeit
Rund 100 Milliarden Euro zahlt Deutschland pro Jahr für Energieimporte. Besonders stark ist die Abhängigkeit von Russland.

Bürgerengagement
In ländlichen Regionen gibt es neue Wertschöpfung, die Genossenschaftsidee lebt auf, viele neue Arbeitsplätze entstehen.

Vorreiter
Der Klimawandel zeigt, dass rasch gehandelt werden muss. Deutschland kann sein erworbenes Know-How später exportieren.

Investition in die Zukunft
Künftige Generationen profitieren von einer sauberen Energieversorgung und der neuen Netz-Infrastruktur. 

Zu schnell
Deutschlands AKW gelten als die sichersten, kein anderes Land reagierte so auf die Atom-Katastrophe in Fukushima. Ein Masterplan war nicht vorhanden.

Zu teurer
Über 20 Milliarden Euro Förderkosten im Jahr wegen des rasanten Ausbaus, die Strompreise steigen stark, hinzu kommt der Netzausbau.

Nicht abgestimmt
Polen ist sauer über in die Netze hineinströmenden Windstrom, hohe Stromüberschüsse wirbeln den EU-Markt durcheinander.

Keine Speicher
Unrentable fossile Kraftwerke müssen per Sondergesetz zwangsweise am Netz gehalten werden, da Ökostromspeicher fehlen

Gefahr für den Standort
Hohe Belastungen gefährden Investitionen in Deutschland, die großen Energieversorger machen Milliardenverluste. (dpa)

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