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09.11.2010 | 11:07 | Dromedar statt Kuh 

Kamelmilch aus Holland boomt

Amsterdam - Die Polizisten trauten ihren Augen nicht: In einem Wohnviertel von Den Bosch, der Geburtsstadt des berühmten Malers Hieronymus Bosch, grasten drei Kamele.

Kamel
Kein Zirkus war in der Nähe. Und Anwohner aus Marokko versicherten, sie hätten nichts damit zu tun. Der Besitzer der Tiere sei ein Student, der gleich um die Ecke wohne. Das war 2006. Heute betreibt Frank Smits den bislang einzigen Kamelmilchhof Europas, inzwischen freilich auf dem platten Land.

«Kamele sind meine Leidenschaft», sagt der Agrarwissenschaftler. «Unter allen Tieren liefern sie die Milch, die unserer Muttermilch am ähnlichsten ist.» Eine Viertelstunde Autofahrt von Den Bosch entfernt, erfreut sich die «Kamelmelkerij Smits» wachsender Beliebtheit. Auch aus Deutschland kommen Besucher, um beim Melken zuzuschauen, Jungtiere zu tätscheln und natürlich, um Kamelmilch zu probieren.

«Lecker, wie entrahmte Kuhmilch, aber gar nicht süß», findet eine Frau aus Duisburg. «Die würde ich im Supermarkt kaufen.» Das ist der Traum des 27-jährigen Smits: Kamelmilch in jedem Kühlregal. «Sie ist nahrhafter als Kuhmilch», schwört der Besitzer von mittlerweile fast 50 Kamelen. «Sie ist fettarm, enthält kaum Zucker, dafür viele Mineralien und Vitamin C.» Obendrein sei sie frei von beta- Lactoglobulin, einem Protein, das zur Entstehung von Milchallergie beiträgt.

«Diabetiker fühlen sich besser, wenn sie regelmäßig Kamelmilch trinken», sagt der Arzt Marcel Smits, der Vater des Kamelfarmers. «Sie könnte eine neue Gesundheitskost für ganz Europa werden.» Auf Initiative der Smits-Familie hat die auf Lebensmittelforschung spezialisierte Universität von Wageningen mit Untersuchungen zur Langzeitwirkung von Kamelmilch begonnen, unter anderem auf Diabetes-Patienten.

Dass die Milch der Höckertiere kräftigend wirkt, wissen Beduinen in den Wüsten Arabiens und Nordafrikas sowie Kamelhalter in Asien seit Jahrhunderten. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen hat längst bestätigt, dass sie nahrhafter als andere Milchsorten ist.

Hollands Kamelpionier beliefert Naturkostgeschäfte - auch in Deutschland - sowie Läden von Marokkanern, Türken und Somaliern. Dafür musste er etliche Sondergenehmigungen erkämpfen: Kamele sind in der EU nicht als agrarische Nutztiere klassifiziert und dürfen eigentlich nicht für diesen Zweck von außerhalb der Union eingeführt werden. Seine ersten drei Dromedare - die in Den Bosch neben seiner Studentenbude grasten - hatte er daher noch über die zu Holland gehörenden Karibikinseln der Niederländischen Antillen importiert.

Smits entwickelte nicht nur eine Kamelmelkmaschine. Er lernte auch, mit dem Temperament seiner Tiere umzugehen: «Kamelstuten geben nur Milch, wenn sie ein Kalb neben sich haben, und zwar ihr eigenes», berichtet er. «Fruchtbar werden sie erst nach ihrem vierten Lebensjahr, deshalb verleihen wir sie bis dahin an Zoos.»

Der noch hohe Aufwand macht Kamelmilch teuer, rund sechs Euro pro Liter. Auch deshalb wird Hollands Frau Antje wohl kaum von Gouda auf Dromedar-Brie umsteigen. «Kamelkäse schmeckt uns zwar herrlich», sagt Smits. «Aber wir können ihn bisher nicht zu einem vernünftigen Preis herstellen.» Doch die Produktpalette wird erweitert: Neuerdings gibt es «Kamelka», Bonbons aus «100 Prozent Kamelmilch». (dpa)
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