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28.08.2012 | 14:12 | Trockenheit 

Landwirtschaft der Balkanländer leidet unter Hitzewelle

Belgrad / Bukarest / Sofia - Die Region um die serbische Provinzstadt Krusevac (150 Kilometer südöstlich von Belgrad) gilt traditionell als «Milchtal».

Trockenheit
(c) proplanta
In diesem Sommer können die Bauern ihre 20.000 Kühe nach einer Rekordtrockenheit von über drei Monaten aber nicht mehr durchfüttern.

«Jeder verkauft, was er nur kann», beschreiben die verzweifelten Landwirte die Lage. Die Preise fürs Milchvieh haben sich daher von 2.200 auf 1.200 Euro fast halbiert.

Nicht viel anders sieht es in Südrumänien aus. Die Brunnen sind ausgetrocknet, die Tiere können nicht mehr gehalten werden. In dieser armen Gegend wie auch in der Moldau ist eine Kuh heute schon für 250 Lei (56 Euro) zu haben.

Ein Pferd bringt nur noch den Spottpreis von 300 Lei, während in normalen Zeiten mindestens 1.500 Lei üblich sind. In Bosnien sind 70 Prozent der Heuernte vernichtet. Meist sieht es anderswo nicht besser aus.

Kein Wasser und kein Futter - das reduziert den Viehbestand in großen Teilen aller Balkanländer um 40 Prozent. «Die Bauern schlachten wegen der Trockenheit massenhaft», titelte die Belgrader Zeitung «Press» am Wochenende.

Bei den Feldfrüchten ist die Vernichtungsspur durch extreme Hitzewellen mit Temperaturen bis 42 Grad noch viel breiter. In Bulgarien ist die Maisernte um 40 Prozent geringer ausgefallen. Soja, Sonnenblumen, Zuckerrüben, Weizen: Minus 50 Prozent, heißt es überall unisono.

«Die Hitzeschäden betragen 30 bis 80 Prozent, mancherorts sogar 100 Prozent», beklagt der kroatische Wirtschaftsminister Tihomir Jakovina. In Bulgarien, das in den letzten Jahren eine auch im Ausland beachtete Weinindustrie aufgebaut hatte, ist die diesjährige Ernte ruiniert.

In Bosnien werden die Ernteausfälle und Viehverluste auf 750 Millionen Euro geschätzt, in Serbien sprechen die Behörden von zwei Milliarden Euro Schaden.

Viele Regierungen weigern sich dennoch, wie von den Bauern verlangt, den nationalen Notstand auszurufen. Denn dann wären staatliche Subventionen und Steuererleichterungen fällig. Doch die öffentlichen Kassen in allen Ländern Südosteuropas sind ausnahmslos leer.

Dürre und Hitze seien seit 50 Jahren nicht so schlimm gewesen, heißt es in Kroatien. Die serbische Stromwirtschaft spricht gar von einem 100-Jahre-Rekord. Selbst große Flüsse wie Morava, Ibar und Drina seien teilweise bis zu 80 Prozent ausgetrocknet.

Die Wasserkraftwerke in der Region, wichtige Stütze der Stromversorgung, produzieren in manchen Talsperren nur noch ein Drittel der üblichen Menge. Die Menschen sind verzweifelt.

Ein orthodoxer Bischof hat die Gläubigen für Sonntag zum Regengebet in die Kirchen gerufen. Sie sollten ihre Sünden bereuen, denn Gott habe sie nur aus diesem Grund mit der Trockenheit «bestraft». «Die Lage ist schlimmer als im Krieg», zitiert die Zeitung «Vecernji list» die Landwirtschaftskammer Kroatiens.

Die Folgen der Misere werden für die ohnehin von sozialer Not und Wirtschaftskrise gebeutelten Bürger teuer. Schon heute ist der Preis für Mehl in einigen Regionen um die Hälfte nach oben gesprungen. In Serbien hat der Fleischpreis um ein Drittel zugelegt.

«Die ganze Wirtschaft leidet darunter», erwartet der serbische Ökonom Mladen Kovacevic. In Rumänien hat die Regierung wegen der Dürre die Wachstumsprognose für das 2. Halbjahr auf 0,5 Prozent von 1,5 Prozent im 1. Halbjahr zurückgenommen. (dpa)
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