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19.06.2008 | 17:24 | Milchgipfel 

Milchbauern fordern mehr Marktmacht

Berlin - Die Milchbauern haben beim ersten Spitzengespräch mit Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU) mehr Marktmacht gefordert und indirekt mit neuen Protesten gedroht.

Horst Seehofer
(c) Dt. Bundestag
 «Die Bauern sind ungeduldig, die Bauern erwarten Ergebnisse», sagte der Vorsitzende des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter, Romuald Schaber, am Donnerstag bei dem Treffen von Bauern und Ländervertretern in Berlin. Schaber sprach von einem Diktat des Handels und verlangte eine bessere Steuerung der Milchmenge. Seehofer sagte den Milchbauern Unterstützung zu. Bauernpräsident Gerd Sonnleitner warf dem Einzelhandel «Erpressung» bei Preisen vor. Der Handel verteidigte seine Preispolitik.

Bei dem Gespräch, das Auftakt zu einer Reihe von Treffen war, ging es um bessere Rahmenbedingungen für stabilere Preise. Seehofer sagte: «Für mich ist das wichtigste, dass die Bauern verlässliche und nachhaltige Rahmenbedingungen bekommen, damit nicht bei jeder Schwankung von Preisen (...) gleich die Existenzfrage aufkommt.» Nötig sei ein Gesamtpaket, das abgestimmt werden müsse. Der Bauernpräsident forderte gleiche Augenhöhe zwischen Handel, Milchwirtschaft und Landwirten. Beim Einzelhandel gebe es einen Marktführer, der den Preis vorgebe, aber mehr als 100 Molkereien und über 100.000 Milchbauern. «Deswegen sind die jetzigen schlechten Preise keine Marktpreise, sondern erpresste Preise.»

Seehofer warf dem Einzelhandel Preisabsprachen vor und attackierte das Bundeskartellamt. «Das Kartellamt sagt, gleichförmiges Handeln ist kartellrechtlich nicht von Belang.» Wenn die Bauern sich abstimmten, werde dies untersucht, sagte er mit Blick auf den zehntägigen Lieferstopp. Das Kartellamt hatte von Vermutungen gesprochen, dass der Wettbewerb auf dem Milchmarkt nicht ordnungsgemäß funktioniert. Nach dem Lieferstopp hatte der Discounter Lidl den Verkaufspreis um zehn Cent je Liter erhöht. Als Marktführer Aldi nur um 7 Cent erhöhte, zog Lidl nach.

Der Einzelhandel wies die Kritik zurück. «Wer zu teuer ist mit seinen Preisen, der wird aus dem Wettbewerb früher oder später ausscheiden», sagte der Geschäftsführer des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), Hubertus Pellengahr, der Deutschen Presse-Agentur dpa. Die Milchbauern hoffen bei der nächsten Auszahlung auf mehr Geld von den Molkereien. «Wenn etwas kommt, wird es im Juli ausgezahlt», sagte Schaber der dpa. Im Deutschlandradio Kultur kritisierte er den Handel. «Aus unserer Sicht herrscht dort kein Markt, sondern reines Diktat von oben nach unten.»

Bayerns Agrarminister Josef Miller (CSU) forderte den Einzelhandel auf, für höhere Milchpreise zu sorgen. «Die Handelsketten müssen sich bewegen.» Er stellte den für 2015 geplanten Ausstieg aus der Milchquote, die EU-weite Produktionsbeschränkung, infrage.

Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) verlangte von Seehofer ein Begleitprogramm für Milchbauern. «Er ist für die Bundesrepublik insgesamt verantwortlich, nicht nur für den Wahlkampf in Bayern», sagte er. Schaber warnte in der «Neuen Osnabrücker Zeitung», dass mit dem Ende der Milchquote Betriebe mit bis zu 500 Kühen ausbluten könnten.

Bei dem Spitzengespräch sollten Möglichkeiten ausgelotet werden, wie Preisdruck verhindert werden kann. Die Milchbauern fordern ein Verbot der Saldierung von zu viel und zu wenig Milchlieferungen am Jahresende. Seehofer sieht eine Reduzierung der Milchmenge skeptisch.

Dies könne durch Lieferungen aus dem Ausland ausgeglichen werden. Der Bauernverband fordert, dass Milchbauern mit einem Milchfonds von bis zu 300 Millionen Euro pro Jahr abgesichert werden. Zudem schlägt er Anbietergemeinschaften bei Molkereien vor. Seehofer will auch mit Molkereien, Handel und Biobauern sprechen, bevor es möglicherweise ein gemeinsames Treffen gibt. (dpa)
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