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26.02.2008 | 14:49 |  UN geht das Geld für Hilfen aus 

Neue Armut durch teures Getreide

Rom - Es klingt fast grotesk: Wegen des wachsenden Umweltbewusstseins in der Welt geht den UN-Hilfsorganisationen das Geld für Hilfen aus.

Getreidehandel
(c) proplanta
Für hungernde Menschen, deren einzige Hoffnung oftmals die Lebensmittelprogramme der großen UN-Organisationen sind, ist die Realität allerdings mehr als dramatisch. Grund für die Probleme sind die immer weiter steigenden Getreide- und Benzinpreise.

Jetzt schlägt auch die größte humanitäre Organisation der Welt, das Welternährungsprogramm (WFP), Alarm. «Wir tun alles dafür, um den Menschen weiter im gleichen Umfang wie bisher helfen zu können, aber dafür brauchen wir mehr Geld», sagte WFP-Sprecherin Caroline Hurford am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Ein Ende der Kostenexplosion ist nicht in Sicht. Die zunehmende Nachfrage nach Biotreibstoffen wird die Getreidepreise auch künftig in die Höhe treiben. «Aber damit nicht genug: Wegen der hohen Kosten für Benzin wird auch der Transport der Lebensmittel in die Entwicklungsländer immer teurer», erklärt Hurford. Um die Menschen in von Hungersnöten betroffenen Ländern weiter mit Lebensmitteln zu versorgen, hofft das WFP jetzt nicht nur auf eine größere Unterstützung der Geberländer, «sondern wir mobilisieren auch zunehmend den Privatsektor und einzelne Sponsoren».

«Eine neue Art der Armut macht sich breit», bringt Hurford es auf den Punkt. «Immer mehr Menschen nähern sich wegen der steigenden Getreidepreise der Schwelle zum Hunger an, weil sie vom Lebensmittelmarkt ausgeschlossen werden.» So habe etwa das Krisenland Afghanistan, das in diesem Winter von einer besonders schlimmen Kältewelle mit Hunderten von Toten heimgesucht wurde, das WFP um 2,5 Millionen Dollar (1,7 Millionen Euro) zusätzliche Hilfen gebeten.

Wegen der steigenden Preise könnten sich immer weniger Menschen in dem Gebiet selbst ernähren, hieß es. Auch zahlreiche afrikanische Länder wie Burkina Faso litten besonders unter der Situation. Das gleiche gelte für Indonesien, das immer wieder von Naturkatastrophen betroffen sei.

Das Welternährungsprogramm will 2008 laut Plan rund 73 Millionen Menschen in 78 Ländern mit Lebensmitteln versorgen. «Um dieses Level zu halten, brauchen wir bei den derzeitigen Preisen mindestens 3,4 Milliarden Dollar», sagt Hurford. Nach UN-Angaben sind die Lebensmittelpreise im vergangenen Jahr weltweit um 40 Prozent gestiegen. Einem Bericht der Organisation für Landwirtschaft und Ernährung (FAO) zufolge lagen die internationalen Preise für Weizen im Januar 2008 sogar um 83 Prozent höher als im Vorjahresvergleich.

So sehr der Biokraftstoff-Boom auch positive Effekte auf die Luftqualität haben mag - für die Menschen in Entwicklungsländern bringt der Pflanzensprit zunehmend Verarmung und Hunger mit sich. Experten aus aller Welt warnen schon lange vor den drohenden Gefahren, die die exzessive Nutzung von Nahrungsmittelpflanzen zur Treibstoffgewinnung für die Natur und die Menschen birgt. Der Schweizer UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler, hatte im vergangenen Oktober vorgerechnet, dass für eine 50- Liter-Tankfüllung mit Biotreibstoff rund 200 Kilogramm Reis benötigt werden. Damit könne ein Mensch ein ganzes Jahr ernährt werden, hieß es.

Auch der Umwelt- und Klimaforscher Ernst Ulrich von Weizsäcker kritisiert den Einsatz von Biodiesel im Kampf gegen den Klimawandel: Durch das Anpflanzen riesiger Monokulturen werde die Artenvielfalt enorm bedroht, erklärte er vor einigen Monaten. Der Anbau solcher Pflanzen führe in eine ökologische Krise: Zerstörung der Regenwälder, Auslaugung und Erosion der Böden sind die Folgen. Bereits heute machen Landenteignungen, geringe Kompensationen und hohe Preise für Mais, Gerste, Weizen und Roggen den Menschen von Burundi bis Borneo zu schaffen. Und wenn Organisationen wie das WFP oder die FAO nicht genügend Spenden erhalten, werden schon bald einige ihrer Hilfsprogramme gestoppt werden müssen. «In Afrika zeichnen sich neue Hungersnöte ab», prophezeite die Turiner Zeitung «La Stampa». (dpa)
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