Die Arbeiterkammer warnte vergangene Woche im Vorfeld eines Treffens der EU-Handelsminister, dass die Brüsseler Kommission daran arbeite, berechtigte Widerstände gegen das
Freihandelsabkommen zu umgehen. Offenbar plane sie, das umfassende EU-Assoziierungsabkommen zu zerteilen.
Damit würden beim umstrittenen Handelsteil die Einstimmigkeit im Rat der EU und die Notwendigkeit der Zustimmung aller Mitgliedstaaten fallen, so die Befürchtung der Kammer. Sie wies darauf hin, dass infolgedessen auch der österreichische Nationalrat in einer derart weitreichenden Angelegenheit seine Entscheidungsrechte verlieren würde. Das Wiener Parlament hatte sich bereits 2019 klar gegen das Abkommen positioniert.
„Das Vorhaben der Kommission kann nur als Angriff auf die Demokratie verstanden werden und ist daher vehement abzulehnen“, so die Präsidentin der Arbeiterkammer, Renate Anderl. Wirtschaftsminister Martin Kocher müsse sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, „dass die
EU-Kommission Abstand vom Mercosur-Abkommen samt einer im Raum stehenden Zusatzvereinbarung nimmt“. Ähnliche Bedenken äußerte „Anders Handeln“, eine österreichische NGO-Plattform.
Auch sie warnte davor, dass die EU-Kommission den Widerstand Österreichs und anderer EU-Staaten gegen das Mercosur-Abkommen aushebeln wolle. Brüssel plane, das Abkommen in ein politisches und ein wirtschaftliches Kapitel zu teilen. Der wirtschaftliche Teil solle dabei möglichst rasch und ohne Mitsprache der nationalen Parlamente beschlossen werden können. Vorgesehen sei, dass dafür bereits eine qualifizierte Mehrheit im EU-Rat und eine einfache Mehrheit im EU-Parlament genügen sollen.
Auch bei den Freihandelsabkommen mit Mexiko und Chile wolle die EU-Kommission so vorgehen. Beim Assoziierungsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay war Ende Juni 2019 nach fast 20-jähriger Verhandlungsdauer eine Einigung über den Handelsteil erzielt worden.
Das Abkommen befindet sich derzeit in der formaljuristischen Prüfung. Im nächsten Schritt soll es dem Rat der Europäischen Union und dem Europaparlament zur Zustimmung vorgelegt werden. Stimmen diese zu, kann der Ratifizierungsprozess starten. Allerdings müssen alle nationalen Parlamente das Abkommen billigen.