Viele Kulturen wurden vollständig zerstört. Deshalb wird die Landesregierung ihnen finanzielle Unterstützung geben“, sagten Ministerpräsident Günther H. Oettinger und der Minister für Ernährung und Ländlichen Raum, Peter Hauk, am Dienstag (9. Juni 2009) in Stuttgart. Zuvor hatte der Ministerrat über Hilfsmaßnahmen für die betroffenen Landwirte beraten.
Das zentrale Schadensgebiet des Unwetters reiche von Konstanz über Meersburg, Ravensburg, Weingarten, Bad Waldsee, Bad Wurzach bis nach Kirchdorf an der Iller, sagten Oettinger und Hauk. Nach ersten Schätzungen seien auf rund 24.000 Hektar Schäden in Höhe von knapp 54,5 Millionen Euro entstanden. Allein das besonders schwere
Unwetter vom 26. Mai mit orkanartigen Sturmböen in Verbindung mit Hagelschlag habe in den Landkreisen Konstanz bis Biberach in der Land- und Forstwirtschaft nach aktuellen Schätzungen Schäden von über 52 Millionen Euro verursacht. Dazu kämen die Schäden in den Wäldern mit insgesamt rund 170.000 Festmetern Sturmholz, erläuterten Oettinger und Hauk.
Ausmaß der Schäden in einzelnen Bereichen unvorstellbarIn den betroffenen Gebieten sollen den Landwirten Liquiditätshilfen sowie Unterstützung für nicht versicherbare Schäden nach den neuen Regelungen für Unwetterhilfen in der Landwirtschaft gewährt werden. Bereits in der vergangenen Woche hatte die Landesregierung steuerliche Entlastungen für die Landwirte zugesagt. Dabei sollen alle Möglichkeiten in diesem Bereich ausgenutzt werden. Konkret bedeute dies geringe Vorauszahlungen für Einkommens- und Körperschaftssteuer, Aufschub von Vollstreckungen ohne Säumniszuschläge und Stundung ohne Stundungszinsen, erklärte Minister Hauk.
Der Landwirtschaftsminister besuchte in den vergangenen Tagen sowohl die Bodenseeregion als auch betroffene Regionen im Landkreis Ravensburg, um sich einen Eindruck von den Schäden zu machen und mit den betroffenen Land- und Forstwirten zu sprechen. „Das Ausmaß der Schäden ist in einzelnen Bereichen unvorstellbar“, sagte Hauk. „Dieses Ereignis macht deutlich, wie wichtig auch die Eigenvorsorge durch Versicherungen und der Schutz der Anlagen durch Hagelnetze sind. Hilfen durch das Land können nämlich nur in Fällen erfolgen, wo keine Versicherung greift“, begründete Hauk.
Schutz der Obstanlagen durch HagelnetzeDeutlich geringere Schäden seien in Anlagen mit Hagelnetzen zu beobachten. Trotz teilweiser Zerstörung oder Schäden in den Randbereichen durch den starken Wind hätten sich diese Schutzanlagen bewährt. „Diese häufigen Unwetter machen deutlich, dass der Ausbau der Schutzanlagen mit Hagelnetzen weitergehen muss. Unsere Position auf den Märkten können wir nur mit Qualität und kontinuierlicher Belieferung halten. Beides ist ohne Hagelnetze nicht denkbar. Die Investitionsförderung in diesem Bereich hat für das Land absoluten Vorrang“, erklärte Hauk. Pro Hektar sei von Investitionskosten zwischen 13.000 bis 16.000 Euro für Hagelschutznetze auszugehen. Der Beihilfebetrag liege dabei im Schnitt der letzten Jahre bei rund 5.000 Euro pro Hektar Neuanlage.
Sinnvolle Steuergesetzgebung für Landwirte
Zusätzlich erneuerte der Minister Forderungen an den Bund, durch sinnvolle Regelungen im Steuerrecht den Landwirten zu helfen. Es sei unverständlich, dass landwirtschaftliche Betriebe keine steuerfreien Rücklagen zur Risikovorsorge bilden können. Dies sei gerade vor dem Hintergrund immer stärker schwankender Agrarmärkte und zunehmender
Wetterextreme eine Notwendigkeit. Ebenfalls nicht nachvollziehbar sei, dass moderne Mehrgefahrenversicherungen gegen Unwetter und Ernteausfälle einen mehrfach höheren Steuersatz hätten als die klassische Hagelversicherung. „Hier muss sich etwas im Sinne unserer Landwirte bewegen“, betonte der Minister.
Schadensbilanz LandwirtschaftBisher wurden für Baden-Württemberg geschätzte Schäden in der Landwirtschaft in Höhe von 54,5 Millionen Euro gemeldet. In der besonders stark betroffenen Region am
Bodensee stellt sich die Situation wie folgt dar:
Vorläufige Bilanz der landwirtschaftlichen Schäden in den Landkreisen Konstanz, Bodensee, Ravensburg, Biberach:
Obst einschl. Erdbeeren: 4.259 Hektar; 25.060.623,00 Euro geschätzte Schadensumme
Reben: 419 Hektar; 5.384.100,00 Euro geschätzte Schadensumme
Hopfen: 410 Hektar; 2.357.500,00 Euro geschätzte Schadensumme
Gemüse: 115 Hektar; 1.823.000,00 Euro geschätzte Schadensumme
Ackerkulturen: 7.471 Hektar; 5.620.462,00 Euro geschätzte Schadensumme
Grünland: 4.500 Hektar; 584.000,00 Euro geschätzte Schadensumme
Schäden an Anlagen und Hagelschutzvorrichtungen: 11.000.000,00 Euro geschätzte Schadensumme
Neben den Schäden in der Landwirtschaft sind vor allem auch im Forst große Schäden durch das Unwetter zu verzeichnen. So fielen rund 170.000 Kubikmeter Sturmholz an. Auffällig ist der hohe Anteil an gebrochenem Holz, der im Landkreis Ravensburg teilweise bei bis zu 90 Prozent liegt. Vor allem der bäuerliche Privatwald sei von den Sturmschäden betroffen und leide unter erheblichen Einnahmeverlusten. Auf Grund des lokalen Charakters des Schadens, der überschaubaren Sturmholzmenge sowie des hohen Holzbruchanteils erwartet
Hauk keine negativen Auswirkungen auf den Holzmarkt. (PD)