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24.04.2022 | 14:53 | Ukraine-Krieg 

Ukraine: Exportkapazitäten der Bahn stoßen an Grenzen

Kiew - Obwohl die Ukraine alles daran setzt, den Ausfall der durch Russland blockierten Schwarzmeerhäfen über Transporte auf dem Schienen- und Straßenweg zu kompensieren, dürften die Agrarexporte des Landes nur einen Bruchteil früherer Mengen erreichen.

Exportkapazitäten
Ukrainischer Bahnbetreiber schränkt Abfertigung zeitweise ein - Agrarausfuhren werden auch bei weiterem Ausbau der Schienenkapazitäten weit unter den früheren Mengen bleiben. (c) proplanta
Hinzu kamen um Ostern Probleme an den ukrainischen Grenzübergängen nach Polen und Rumänien, da sich aufgrund des drastisch gestiegenen Frachtaufkommens Staus gebildet hatten.

Nach Angaben des staatlichen Bahnbetreibers Ukrzaliznytsia hatten sich in der Karwoche insgesamt 29.500 Waggons an der ukrainischen Westgrenze angesammelt, was einem Anstieg um fast 30 % seit Monatsanfang entsprach. Da auch auf Seiten der Nachbarländer ein Mangel an Triebwagen und Waggons entstanden sei, komme man um eine kurzfristige Einschränkung der Abfertigung an der Grenze nicht herum, bis sich die Lage entspannt habe, berichtete das Unternehmen.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Prognosen der Regierung in Kiew zum Ausbau der Agrarexporte über die Schiene nicht zu optimistisch waren. Allerdings würde selbst die erhoffte Erweiterung der logistischen Kapazitäten der Schienenexporte auf 1,5 Mio. t pro Monat nicht ausreichen, um den Wegfall der Seehäfen adäquat zu kompensieren. An einer Öffnung der Seehäfen führe daher kein Weg vorbei. Für die Ukraine wird der Agrarexport deshalb zunehmend zu einer strategischen Aufgabe, von der auch die wirtschaftliche Zukunft des Landes abhängt.

Agrarexporte immer wichtiger

Der stellvertretende Landwirtschaftsminister Taras Vysotskyi wies vergangene Woche darauf hin, dass die ukrainischen Agrarausfuhren schon vor dem Krieg rund 40 % aller Exporte des Landes ausgemacht hätten. Wegen des teilweisen Zusammenbruchs der ukrainischen Industrie könnten die landwirtschaftlichen Ausfuhren nach Schätzungen seines Hauses bald sogar einen Anteil von 70 % des Außenhandels ausmachen und somit zum mit Abstand wichtigsten Handelsobjekt avancieren.

Umso wichtiger sei eine möglichst umfassende Aussaat, betonte Vysotskyi. Er geht weiterhin davon aus, dass mindestens 70 % der freien Anbauflächen auch bestellt werden können. Eine aktuelle Prognose des UN-Büros für die Koordination humanitärer Hilfen (OCHA) stützt ebenfalls die Annahme, dass etwa 30 % der ukrainischen Felder 2022 brach liegen werden. Noch optimistischer ist die jüngste Prognose des ukrainischen AgriBusiness Clubs (UKAB), der die Aussaatfläche der Sommerungen 2022 auf rund 75 % des verfügbaren Areals schätzt.

Verfrachtung unklar

Nicht geklärt ist jedoch weiterhin, wie die ukrainischen Agrarprodukte nach der Ernte ins Ausland verfrachtet werden könnten, da die Seehäfen als mit Abstand wichtigste Absatzkanäle vorläufig blockiert bleiben dürften. Zwar steht die Kiewer Regierung seit Wochen mit benachbarten Ländern in Verhandlungen über die Nutzung dortiger Häfen. Das Straßen- und Schienennetz dorthin bildet allerdings einen Flaschenhals, der aktuell mit rund 600.000 t maximal ein Zehntel der Transportkapazität der Schwarzmeerhäfen bietet. Vysotskyi geht allerdings davon aus, dass sich die alternativen Logistikmöglichkeiten deutlich ausbauen lassen.

Auch ausländische Unternehmen fördern

Unterdessen werden die Feldarbeiten in der Ukraine nicht nur durch die Kriegshandlungen und Nachschubprobleme bei Betriebsmitteln gebremst. Der Ukrainische Agrarrat (VAR) wies darauf hin, dass die im März verabschiedeten Unterstützungsprogramme Agrarunternehmen unter ausländischer Leitung diskriminierten. Diese seien beispielsweise von den stark zinsvergünstigten Krediten zur Liquiditätssicherung ausgeschlossen, erläuterte der Verband.

Der Agrarrat hält dies für „unfair und unvernünftig“, da solche Betriebe in ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt würden. Er rief die ukrainische Regierung deshalb auf, derartige Programme auch für Unternehmen zu öffnen, deren Eigentümer ihren Wohnsitz nicht regelmäßig in der Ukraine hätten.
AgE
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