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28.03.2007 | 07:48 | Rohstoffe 

Wettlauf um Rohstoffe nimmt zu - Preise für Verbraucher steigen

Frankfurt/Main - Kabeldiebe halten die Bahnpolizei in ganz Europa immer wieder in Atem.

Bahn
(c) proplanta
Von Frankfurter Bahnhöfen verschwanden vor drei Monten mehr als vier Kilometer Kabel in einer Nacht. Auch Gullydeckel wurden mehrfach gestohlen. In der Londoner U-Bahn rissen Diebe ganze Kabelstränge aus den Schächten und nahmen die Eisenbahnschienen gleich mit. Ihre Beute ist Eisen und Stahl, aber auch Kupfer - eines der wichtigsten Industriemetalle, dessen Kurs seit Jahren immer neue Rekorde erklimmt. Seit Chinas Wirtschaft brodelt, werden Rohstoffe weltweit knapp: Eisenerz, Kupfer, aber auch Zink und Nickel sind zu begehrter Ware geworden. Auch wenn die Preise zu Jahresbeginn etwas nachgaben, ist der Aufwärtstrend ungebrochen. Experten erwarten ein neues Rohstoffjahrzehnt. Steigende Preise bekommen auch die Verbraucher zu spüren.

«Der Diebstahl von Kupferdrähten lohnt sich immer mehr - beim Schrotthändler kann man damit gute Preise erzielen», sagt Analyst Tobias Merath von Crédit Suisse. Für eine Tonne des wichtigsten Industriemetalls werden derzeit 6250 US-Dollar bezahlt. Eisenerz sei mehr als zweieinhalb Mal so teuer wie 2004 und gewalzte Stahlbleche kosteten mit 550 Dollar pro Tonne fast drei Mal so viel wie vor fünf Jahren. Die Beschleunigung des weltweiten Wirtschaftswachstums werde die Preise weiter nach oben treiben. «Der Superzyklus kann noch Jahre andauern», sagt Merath.

Grund ist der Rohstoffhunger der riesigen Schwellenländer China und Indien, die gigantische Mengen Mineralien, Metalle und Brennstoffe ordern. Von der Konjunktur im Westen hat sich die Nachfrage weitgehend abgekoppelt. Die aktuell hohen Rohstoffpreise sind auch Folge eines Lieferengpasses, der so schnell nicht behoben werden kann. Seit Mitte der 90er Jahre haben die Rohstoffmultis zu wenig Geld in die Suche nach neuen Vorkommen investiert. Weil Ausrüstungen und Experten fehlen, werden die Vorräte knapp.

«Die Verknappung der Rohstoffe droht das weltweite Wirtschaftswachstum zu bremsen», sagt der Rohstoffexperte des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) Klaus Matthies. Das schlägt sich auch auf die Verbraucher nieder. Kupfer wird für elektronische Geräte, Wasserrohre und den Hausbau benötigt. Eisenerz ist ein wesentlicher Rohstoff für Stahl, sprich für die Auto- und Bau-Industrie. Aus Nickel wird Edelstahl produziert.

«Die Verdopplung der Stahlpreise trifft beispielsweise alle Autohersteller», sagt Matthies. Die Firmen würden die höheren Preise teilweise an die Kunden weitergeben. Der Verbraucher merke davon aber nur wenig. «Rohstoffe haben nur einen geringen Anteil am Verkaufspreis und zwar zwischen Null und wenigen Prozent.» Autos, Fernseher und Waschmaschinen könnten aber durchaus mal um hundert Euro teurer werden.

Das gleiche gelte für Lebensmittel. Die Agrarrohstoffe Weizen, Mais und Raps haben sich im vergangenen Jahr wegen Ernteausfällen und der größeren Nachfrage rasant verteuert. Verbraucher in Deutschland trifft das nur in Einzelfällen. «Wenn Getreide auf den Weltmärkten teurer wird, kosten bei uns im Laden Brot und Brötchen ein paar Cent mehr», sagt Klaus-Jürgen Gern vom Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel. «Schlimmer sind die Folgen in Entwicklungsländern.»

So gingen in Mexiko im Februar zehntausende Menschen auf die Straße, weil sich die Preise für das Grundnahrungsmittel Mais innerhalb eines Jahres verdoppelt hatten. Grund dafür war - als Folge der Klimaschutzdebatte - die immense Nachfrage nach Biotreibstoffen in den USA, die die Preise im Nachbarland in die Höhe trieb. Die Zeitungen titelten «Tortilla-Krise» und «Tank statt Teller». «Der Kampf um lebensnotwendige Rohstoffe führt zu politischen Konflikten», sagt der Gern. «Die Industrieländer sollten das bedenken und sich überlegen, ob es Sinn macht, so aggressiv auf Biokraftstoffe zu setzen.» Biosprit aus Getreide sei in Europa viel zu teuer. «Da entsteht die Gefahr neuer EU-Subventionen.» Das Institut für Weltwirtschaft schlägt dagegen vor, Flächen umzuwidmen oder zum Beispiel in den Tropen Zuckerrohr oder tropische Pflanzen, die essbar sind, anzubauen. (dpa)


Weitere Infos:
> Rohstoffpreise werden nachgeben aber hoch bleiben
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