(c) proplanta Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) kletterte 2012 preisbereinigt um 0,5 Prozent, wie das Statistische Landesamt und das Wirtschaftsministerium am Mittwoch mitteilten. Bundesweit legte die Wirtschaft dagegen um 0,7 Prozent zu.
«Unsere Aufholjagd zum Westen führt im Moment nicht dazu, dass die Wachstumslücke verkleinert wird, sondern im Gegenteil», sagte Wirtschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU). Allerdings sei die Entwicklung besser als erwartet. Im ersten Halbjahr 2012 bildete Sachsen-Anhalt noch mit Thüringen das Schlusslicht der Bundesländer.
Im Gesamtjahr schnitt Sachsen-Anhalt nun aber besser ab, als die fünf neuen Länder im Durchschnitt. Sie kamen zusammen auf einen Schnitt von 0,3 Prozent.
Zuletzt war die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt im Jahr 2004 im Gleichklang mit dem Bundesdurchschnitt gewachsen - um damals 1,2 Prozent. Danach ging die Schere immer weiter auseinander. Für die neuen Bundesländer zusammen bedeuten die Zahlen, dass sie zum dritten Mal in Folge unter dem Bundesdurchschnitt liegen.
Wiederholt mussten die Statistiker ihre erste Angaben korrigieren - und dabei das Wachstum für Sachsen-Anhalt nach unten stufen. Besonders krass fiel jetzt eine Neuberechnung für das Jahr 2011 aus: Statt um 2,4 zu wachsen, schrumpfte die Wirtschaft im Land um 0,1 Prozent. Hintergrund ist, dass erste Berechnungen teils noch auf Hochrechnungen und vorläufige Angaben der Unternehmen basieren.
Eine wichtige Ursache für das schwache Wachstum vergangenes Jahr liegt in der anhaltenden Abwanderung. Denn pro Einwohner kletterte das reale Bruttoinlandsprodukt in Sachsen-Anhalt um 1,4 Prozent - bundesweit aber nur um 0,5 Prozent. Auch das BIP pro Erwerbstätigen - was wichtig für die Lohnentwicklung ist - kletterte real um 1,3 Prozent. Hier lag nur Mecklenburg-Vorpommern mit real plus 2,2 Prozent höher.
Wolff nannte als wichtige Ursachen für das vergleichsweise geringe Wachstum in Sachsen-Anhalt das schwächelnde Baugewerbe. Die gewerbliche und private Nachfrage habe hier das politisch gewollte Sparen beim Straßenbau und öffentlichen Hochbau nicht ausgleichen können. Zudem habe sich auch die Krise in der Eurozone ausgewirkt - das Auslandsgeschäft habe 3,6 Prozent weniger Umsätze verzeichnet.
Wachstumstreiber war dagegen das wichtige Verarbeitende Gewerbe. Es legte 1,0 Prozent zu und schnitt damit besser ab als in allen anderen Bundesländern. Auf das Bruttoinlandsprodukt drückte auch die Krise der Solarindustrie in Sachsen-Anhalt. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums gingen vergangenes Jahr rund die Hälfte der einst 4.500 direkten Arbeitsplätze verloren, die Umsätze brachen um 45 Prozent ein. Wolff sagte, derzeit würden sich aber keine weiteren Pleiten abzeichnen. Sie sei verhalten zuversichtlich.
Der Präsident des Statistischen Landesamtes, Manfred Scherschinski, hob hervor, dass Sachsen-Anhalt vergangenes Jahr besser als Sachsen und Thüringen abgeschnitten hätten, die jeweils auf einen Rückgang von 0,3 Prozent kamen. In den 90er Jahren sei Sachsen-Anhalt oftmals das Schlusslicht gewesen, jetzt sei man im Mittelfeld angekommen. «0,5 Prozent Plus ist gut», sagte Scherschinski. «Zufriedenheit ist eine Folge von Vergleichsprozessen.»
Das Bruttoinlandsprodukt gilt als die wichtigste Messgröße für die Leistung einer Volkswirtschaft. Es umfasst den Wert aller Güter und Dienstleistungen, die innerhalb eines Zeitraums innerhalb der Landesgrenzen erwirtschaftet werden. In absoluten Zahlen betrug das Bruttoinlandsprodukt von Sachsen-Anhalt vergangenes Jahr 52,8 Milliarden Euro. Pro Erwerbstätigen waren das 52.600 Euro. Dieser Wert liegt laut Wirtschaftsministerium bei 83 Prozent des Bundesdurchschnitts. (dpa/sa)
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