Futureskurse für Roh- und Weißzucker aber mittelfristig weiterhin im Aufwärtstrend - Preisdruck durch Wechselkurseffekte und bärische Vorgaben des Rohölmarktes - Brasilianische Zuckererzeugung legt deutlich zu - Kommission sieht EU-Zuckerproduktion für 2023/24 bei 15,6 Millionen Tonnen. (c) proplanta
Der Kontrakt auf Weißzucker an der Agrarterminbörse in London zur Lieferung im März 2024 rutschte am Mittwoch (4.10.) vorübergehend auf ein Fünfeinhalbwochentief von 673,70 $/t (640 Euro) und erholte sich bis Donnerstagmittag hiesiger Zeit auf 689,60 $/t (655 Euro). Das waren aber fast 7 % weniger als das am 15. September markierte Zwölfjahreshoch.
Auch der Rohzucker-Future an der New Yorker Börse verbilligte sich deutlich. Der betreffende Kontrakt mit Fälligkeit im März 2024 wurde am Donnerstagmittag für 25,93 cts/lb (543 Euro/t) gehandelt. Vor zweieinhalb Wochen hatte sich der Kurs noch in der Spitze bei 27,62 cts/lb (578 Euro/t) bewegt; das war der höchste Wert seit Oktober 2011 gewesen.
Als Auslöser für die zuletzt schwache Entwicklung der Zuckerfutures führen Analysten vor allem die deutliche Abwertung der brasilianischen Währung Real gegenüber dem US-Dollar an. Da Zucker auf dem Weltmarkt in US-Dollar gehandelt wird, verbesserte sich dadurch die Konkurrenzfähigkeit der brasilianischen Exportware. Das südamerikanische Land ist bekanntlich der global größte Zuckererzeuger und -exporteur der Welt.
Ethanolerzeugung weniger wirtschaftlich
Zudem verbesserte der Rückgang der internationalen Rohölpreise die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit der Zuckererzeugung gegenüber der Ethanolproduktion aus Zuckerrohr. In der Folge dürfte sich das Zuckerangebot am Weltmarkt erhöhen und damit bei dem Süßstoff für Preisdruck sorgen. Ferner bestätigten sich die Anzeichen für eine kräftige Ausweitung der brasilianischen Zuckererzeugung.
Wie der dortige Verband der Zuckerrohrverarbeiter (Unica) am Dienstag voriger Woche berichtete, weitete die Branche ihre Produktion in der im April gestarteten Vermarktungssaison bis Mitte September gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 18,7 % auf 29,26 Mio t aus. Für die ersten zwei Wochen des vergangenen Monats meldete der Verband dabei einen Zuwachs gegenüber der Vorjahresperiode von 8,5 % auf 3,11 Mio t.
EU-Importe wohl deutlich rückläufig
Unterdessen taxiert die EU-Kommission die Zuckerproduktion in der EU-27 nun für 2023/24 auf 15,60 Mio t Weißzuckeräquivalent; das wären fast 1 Mio t oder 6,8 % mehr als die für die vergangene Saison geschätzte Menge. Der erwartete Verbrauch würde damit um 750.000 t übertroffen.
Im vergangenen Wirtschaftsjahr hatte sich noch ein Produktionsdefizit von mehr als 240.000 t ergeben. Gleichzeitig dürften die EU-Zuckerimporte um 630.000 t oder 19,1 % auf insgesamt 2,67 Mio t gedrosselt werden. Davon werden voraussichtlich 770.000 t auf Zucker in Verarbeitungsprodukten entfallen.
Mit Blick auf die EU-Zuckerexporte erwarten die Brüsseler Fachleute für die laufende Saison im Vergleich zu 2022/23 aber einen Zuwachs um 160.000 t oder 5 % auf insgesamt 3,37 Mio t. Davon dürften 2,62 Mio t Zucker in Verarbeitungsprodukten zuzurechnen sein; das wären 10.000 t weniger als im Vorjahr und 38.000 t weniger als die 2021/22 verzeichnete Rekordmenge. Die Ausfuhren an unverarbeiteter Ware sollen dagegen um 170.000 t auf 750.000 t steigen.
Versorgung nur etwas besser
Unter dem Strich sehen die Marktexperten die in der EU verfügbaren Zuckerbestände im Verlauf der Saison 2023/24 leicht steigen, nämlich von etwa 1,37 Mio t zu Beginn auf nahezu 1,42 Mio t zum Abschluss. Mit dieser Menge könnten die für die Vermarktungsperiode prognostizierte Zuckernachfrage und die erwarteten Exporte gut 28 Tage gedeckt werden, womit sich die Versorgung im Vergleich zu 2022/23 nur geringfügig verbessern würde.
Indes veranschlagt das Monitoring Agricultural ResourceS (MARS) der Kommission den durchschnittlichen Zuckerrübenertrag für die laufende Ernte in der EU auf 74,5 t/ha; im August waren lediglich 73,7 t/ha erwartet worden. Damit würde der Fünfjahresdurchschnitt um 3,5 % übertroffen. Unter anderem korrigierte das MARS seine Voraussage für den mittleren Hektarertrag für Frankreich um 4 t auf 85 t nach oben. Für Deutschland werden weiterhin 74,6 t erwartet.
Umrechnungskurs: 1 $ = 0,9497 Euro