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11.10.2013 | 08:09 | Quecksilberemissionen reduzieren 

Umweltabkommen zur Reduktion des Quecksilber-Ausstoßes

Tokio / Minamata - Deutschland und zahlreiche andere Staaten haben am Donnerstag im japanischen Minamata ein Abkommen zur Reduzierung der globalen Quecksilberemissionen unterzeichnet.

Giftige Chemikalien
(c) proplanta
Nach der «Minamata-Konvention» ist es unter anderem ab 2020 grundsätzlich verboten, quecksilberhaltige Produkte wie diverse Batterien, Kosmetika, Thermometer oder bestimmte Leuchtmittel zu produzieren oder zu verkaufen.

Das Abkommen tritt in Kraft, wenn es mindestens 50 der mehr als 110 Zeichnerstaaten ratifiziert haben. Das dürfte laut Vertretern des UN-Umweltprogramms (Unep) drei bis fünf Jahre dauern. Neben Deutschland unterzeichneten unter anderem auch Brasilien, China, Südafrika, Mexiko sowie die EU das neue Umweltabkommen.

Ziel der «Minamata-Konvention» ist es, den Ausstoß von Quecksilber weltweit einzudämmen und so Menschen und Umwelt vor dem hochgiftigen Schwermetall zu schützen. Die Eröffnung neuer Quecksilberminen in den Vertragsstaaten soll verboten werden. Die Verwendung von Quecksilber in der Industrie wird zudem erheblich eingeschränkt.

Für die Lagerung und Behandlung von quecksilberhaltigen Abfällen soll es künftig Mindeststandards geben. Die Konvention sieht zudem einen Überwachungsmechanismus vor, der die Einhaltung der Anforderungen sichern soll. Quecksilber ist in hoher Dosierung tödlich.

Aufgrund seiner hohen Flüchtigkeit breitet es sich in der Atmosphäre weiträumig aus. Die höchsten Quecksilber-Werte finden Forscher in den polnahen kalten Gebieten. So gelangen beispielsweise jedes Jahr nach Schätzungen der Unep etwa 200 Tonnen Quecksilber in die Arktis. Dort wird es von Fischen aufgenommen und kann so auch in Deutschland in die Nahrungskette gelangen, erklärte das Bundesumweltministerium. In Deutschland muss der Bundestag unter Beteiligung des Bundesrates dem Umweltabkommen noch zustimmen.

Experten feiern es als Meilenstein für die Umwelt. Vorausgegangen waren zähe vierjährige Verhandlungen, die erst im Januar in Genf beendet wurden. Quecksilber zählt zu den gefährlichsten Giftstoffen überhaupt. In Minamata waren Mitte der 1950er Jahre Tausende Menschen durch das Schwermetall vergiftet worden, nachdem der japanische Chemiekonzern Chisso quecksilberhaltiges Abwasser in die örtliche Meeeresbucht geleitet hatte.

Die danach benannte Minamata-Krankheit beginnt mit Kopf- und Gliederschmerzen und führt zu Lähmungen, Psychosen, Missbildungen und Organ- und Nervenschäden.

Viele Menschen starben an den Folgen ihrer Vergiftungen. Dieser Fall war eine der ersten weltweit beachteten Umweltkatastrophen, die durch den falschen Umgang mit chemischen Abfällen ausgelöst wurde.

Der Name «Minamata-Konvention» soll an die Opfer erinnern und zugleich vor den Folgen der Quecksilberemissionen und des leichtfertigen Umgangs mit dem Schwermetall warnen. In Europa gelten zwar nach Angaben des Bundesumweltministeriums weitgehend bereits strenge Regeln zur Eindämmung von Quecksilberemissionen, ebenso in den USA. Anders sieht es jedoch in Asien, Afrika und Südamerika aus.

So verursachen Schwellenländer wie China und Indien mit der zunehmenden Verbrennung von Kohle in Kraftwerken enorme Emissionen an Quecksilber. Größter Verursacher ist laut Unep der Goldbergbau.

Während großindustrielle Anlagen ihre Emissionen zumindest halbwegs kontrollieren, wächst der Quecksilberausstoß durch kleingewerblichen Goldabbau drastisch an, etwa in Afrika und Südamerika.

Durch das Verbot neuer Quecksilbergruben sowie die Einführung alternativer umwelt- und gesundheitsschonender Technologien sollen die Goldschürfer dazu gebracht werden, auf den Einsatz von Quecksilber zu verzichten. Wie schnell die Belastung mit dem Stoff mit Hilfe der Konvention sinken wird, weiß jedoch niemand. Zudem beklagen Kritiker, dass das Abkommen weder auf die Entschädigung von Opfern eingeht, noch auf die Frage, wer zur Sanierung quecksilberverseuchter Gebiete in die Pflicht genommen werden soll.

Unter den Opfern in Minamata löste das Abkommen denn auch gemischte Reaktionen aus. So beklagte ein Vertreter eines Opferverbandes in Minamata die Konvention als «äußerst mangelhaft», da sie nicht auf die Verantwortung der Verursacher für die Umweltverschmutzung mit Quecksilber eingehe. Die Opfer von Minamata leiden noch heute unter den Folgen der Katastrophe und dem skandalösen Verhalten des Chemiekonzerns und der Regierung. Sie wurden nicht nur schwer diskriminiert. Auch mussten sie in langwierigen Prozessen jeder einzelne um Entschädigung kämpfen.

Mehr als 2.000 Opfer wurden von der Regierung anerkannt, von denen jedoch nur noch wenige Hundert leben. Tausende andere, die ebenfalls Entschädigung einforderten, gingen leer aus. Japan habe die Verantwortung, alles zu tun, um eine führende Rolle bei der Beseitung der Schäden durch Quecksilber in der Welt zu spielen, sagte Regierungschef Shinzo Abe. Viele empfinden das als Hohn. Mancher fürchtet, dass es Opfern des Gaus in Fukushima ähnlich ergehen wird. (dpa)
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