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29.05.2010 | 22:18 | Gewässerrenaturierung 

Renaturierung der Schweizer Gewässer: geänderte Verordnungen in der Anhörung

Bern - Fließgewässer und Seeufer werden wieder naturnäher.

Renaturierung der Schweizer Gewässer: geänderte Verordnungen in der Anhörung

Im Dezember 2009 hatte das Parlament entschieden, dass Flüsse und Seen revitalisiert werden müssen, und dass an jenen Flüssen, die für die Stromproduktion genutzt werden, das Wasser natürlicher fließen soll. Das UVEK hat am 26. Mai 2010 die Anhörung zu den entsprechenden Verordnungsänderungen eröffnet. Damit startet eine weitere Etappe in diesem für den Zustand der Schweizer Gewässer entscheidenden Prozess.

Die Parlamentsbeschlüsse als Gegenvorschlag zur Volksinitiative Lebendiges Wasser, die inzwischen zurückgezogen wurde, sind ein Meilenstein für die Schweizer Gewässer. Fließgewässer und Seeufer sollen wieder naturnäher werden. Gegenwärtig sind im Mittelland rund 40% der Fließgewässer verbaut, im Siedlungsgebiet gar über 80%. Mehr als 90% aller nutzbaren Gewässer dienen der Energiegewinnung. Unterhalb von ungefähr 100 Speicherkraftwerkzentralen sind die Flüsse durch starke Wasserpegelschwankungen (Schwall/Sunk) beeinträchtigt (siehe unten).

Das Parlament hat zwei Stoßrichtungen vorgegeben:

  • Förderung von Revitalisierungen sowie Sicherung und extensive Bewirtschaftung des Gewässerraums;
  • Reduktion der negativen Auswirkungen der Wasserkraftnutzung, durch die Verminderung der Auswirkungen von Schwall und Sunk unterhalb von Wasserkraftwerken, die Reaktivierung des Geschiebehaushalts sowie durch die Wiederherstellung der Fischgängigkeit.

Gleichzeitig hat das Parlament die Aspekte der Gewässernutzung berücksichtigt, in dem bei der Reduktion der negativen Auswirkungen der Wasserkraftnutzung bauliche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Nicht vorgeschrieben sind betriebliche Maßnahmen, welche die Stromproduktion beeinträchtigen würden. Zudem sind zusätzliche Ausnahmen von den gesetzlichen Mindestrestwassermengen unterhalb von Stromkraftwerken vorgesehen. Die Bewirtschafter erhalten eine Abgeltung für ökologische Ausgleichsflächen im Gewässerraum. Dafür wird das Landwirtschaftsbudget aufgestockt.

Für alle Bereiche schreibt das Gesetz strategische Planungen vor, und es bietet, Finanzierungslösungen und einen zeitlichen Umsetzungsplan. Während die Sanierung der Wasserkraft auf 20 Jahren angelegt ist, stellen die Revitalisierungen eine Mehrgenerationenaufgabe dar.


Die Neuerungen in der Gewässerschutzverordnung

Im Einzelnen wird die Gewässerschutzverordnung um folgende Bestimmungen erweitert:

  • Gewässerraum: Die Verordnung präzisiert die jeweils erforderliche Breite des Gewässerraums und definiert die zulässige extensive landwirtschaftliche Nutzung. Unabhängig von allfälligen Revitalisierungen muss der Gewässerraum innert 5 Jahren.
  • Revitalisierungen: Die Verordnung beschreibt das Vorgehen bei der konzeptionellen Revitalisierungsplanung, welche sicherstellt, dass zunächst dort revitalisiert wird, wo die Wirkung am größten ist.
  • Reduktion der negativen Auswirkungen der Wasserkraftnutzung: Bezüglich Schwall/Sunk und Geschiebe präzisiert die Verordnung, welche Beeinträchtigungen als wesentlich gelten und bei welchen Anlagen Maßnahmen zu prüfen sind. Zudem beschreibt die Verordnung das Vorgehen bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen.


Kantone müssen Arbeiten bis Ende 2014 planen

Neben der Gewässerschutzverordnung werden auch die Verordnung zum Bundesgesetz über die Fischerei, die Wasserbauverordnung sowie die Energieverordnung angepasst.

Diese Verordnungen regeln den Zeitplan für und das Vorgehen bei den Planungen in den verschiedenen Bereichen. Sie gewährleisten eine koordinierte Umsetzung der neuen Regelungen. Die Planungen im Bereich Wasserkraft und die erste Planungsrunde bei den Revitalisierungen sind bis Ende 2014 durch die Kantone vorzunehmen. Diese Arbeiten werden allesamt aus regulären Bundesmitteln finanziert, ebenso wie die Umsetzung von Revitalisierungen.

Die Maßnahmen im Bereich Wasserkraft werden hingegen durch einen Zuschlag von max. 0.1 Rp/kWh auf die Übertragungskosten der Hochspannungsnetze finanziert. Dieses Geld wird in einem Sonderfonds der Netzgesellschaft swissgrid verwaltet, und den Kraftwerken werden die Sanierungskosten zu 100 % entschädigt.

Das UVEK schickt zudem Anpassungen bei den Subventionsbestimmungen in die Anhörung (siehe unten). Die Anhörung dauert bis am 31. August 2010.


Auswirkungen von Schwall und Sunk

In Fließgewässern können die Abflüsse unterhalb von Speicherkraftwerkzentralen täglich schwanken. Wenn in Zeiten großen Strombedarfs mehr Wasser turbiniert wird, entsteht ein Schwall. Der Begriff Sunk steht für die Niedrigwasserphase, die zwischen den Schwällen in Zeiten mit geringem Strombedarf auftritt, also meist in der Nacht und am Wochenende. Bei diesen kurzfristigen Abflussschwankungen kann der Maximalabfluss (Schwall) 10 bis 40 mal größer sein als der Minimalabfluss (Sunk). Dies hat unter anderem negative Auswirkungen auf die Wassertiere: bei Schwall werden sie abgeschwemmt und bei Sunk stranden sie. Rund 25% der mittleren bis großen Wasserkraftwerke, d.h. schätzungsweise 100 Wasserkraftwerke, weisen einen Schwallbetrieb auf.


Anpassungen der Subventionsbestimmungen

Auf Grund der in den letzten Jahren im Umweltbereich gemachten Erfahrungen mit dem neuen Subventionsinstrument der Programmvereinbarung werden im Verordnungsrecht Anpassungen von Subventionsbestimmungen vorgeschlagen. Diese dienen der Weiterentwicklung der Programmvereinbarungen im Umweltbereich und beinhalten zum einen Präzisierungen der Kriterien für die Festlegung der Höhe der Bundesbeiträge und zum anderen Verbesserungen der Verfahren der Subventionsgewährung. (UVEK)

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