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31.05.2010 | 18:23 | Ölkatastrophe nimmt kein Ende 

Ein Alptraum, aus dem man nicht aufwacht

Grand Isle - Dean Blanchards Faust ballt sich, dass die Knöchel weiß durch die sonnenbraune Haut schimmern.

Ein Alptraum, aus dem man nicht aufwacht
(c) proplanta
All das Trara um die Operation «Top Kill», den fehlgeschlagenen Versuch, die Ölquelle im Golf von Mexiko mit Schlamm zu stopfen: «Alles eine große Show von BP für die Regierung, so dass es danach aussieht, dass die etwas tun», schnaubt der Shrimp- und Fischgroßhändler aus Grand Isle, ganz im Süden Louisianas, dort, wo das Öl sirupdick an die Strände kriecht. Seine Augen funkeln, Blanchard hat abgeschlossen, mit allem: BP, der Regierung, der Hoffnung.

In Grand Isle, sonst munterer Urlaubsort und Heimat vieler Fischer, hat derzeit jeder nur Trauriges zu berichten, seit die schlimmste Ölpest der US-Geschichte kam. Marschland, soweit das Auge reicht. Am Horizont schimmern Bohrinseln, Pelikane fliegen. Häuser baut man hier wegen des allgegenwärtigen Wassers auf Stelzen. Tourismus, Öl, Fischfang - mehr gibt es in Grand Isle nicht.


Es reichte den Menschen, alles existierte friedlich nebeneinander

Bis jetzt. Die Hitze drückt um diese Zeit des Jahres tropisch. Eigentlich müssten die Ferienhäuser am zehn Kilometer langen Strand ausgebucht sein, die Durchgangsstraße verstopft, die Fischerboote unterwegs auf Jagd nach Fang. Stattdessen liegt über Grand Isle die Ruhe wie ein Leichentuch. «BP, wir wollen unseren Strand zurück!», hat jemand auf ein Schild gepinselt. Ein anderer hat eine alte Toilette an den Straßenrand platziert, mit einem Schild daneben. Ein Pfeil zeigt in die Schüssel, darüber steht: «BPs Hauptquartier».

Sieben Millionen Dollar Umsatz hätte er in einem normalen Mai gemacht, wenn die Saison der Shrimp-Fischer beginnt, sagt Großhändler Dean Blanchard. 300 000 Dollar waren es dann tatsächlich. Seine Welt steht Kopf, die Regierung in Washington ist für den Geschäftsmann unabänderlich korrupt, BP komplett ahnungslos.


Am schlimmsten ist der Fluch der Untätigkeit

«Ich wache auf, habe nichts zu tun, nirgendwo hinzugehen. In meinen wildesten Träumen habe ich mir so etwas nicht vorstellen können», sagte Blanchard plötzlich mit leiser Stimme. Was bleibt, ist Sarkasmus. Wann er glaubt, dass das alles vorbei ist? «Am 11. September, ist mein Tipp», und er spielt auf den Jahrestag der verheerenden Terroranschläge von 2001 an. «Ich gebe auf, ich bin aus dem Geschäft raus.» Vielleicht geht er nach Costa Rica. Viele Erwartungen verbanden sich mit dem am Samstag für gescheitert erklärten «Top Kill»-Versuch. «Du hoffst und Du hoffst - und dann...», sagt Debbie Collins, die vor dem Bürgerzentrum auf ihren Mann wartet, einen Shrimp-Fischer, der drinnen Verhandlungen um Ausgleichszahlungen führt. «Zuerst gibt es noch Hoffnung, dass sie es irgendwie hinbekommen, Hoffnung auf die Regierung.» Damit ist es jetzt vorbei. «Die Herzen von allen sind gebrochen.»


Viel gebe es wohl nicht, was die Regierung oder der Ölkonzern tun könnten

BP «weiß einfach nicht, was sie tun sollen, deshalb lügen sie», sagt Debbie Collins. «Es ist wie ein Alptraum, aus dem man nicht aufwacht.» Vor ein paar Tagen war US-Präsident Barack Obama hier. «Die Medien mögen der Geschichte müde werden - wir nicht», versprach er. «Wir werden an Eurer Seite sein und das durchstehen.» Böses über Obama ist an diesem Nachmittag nicht zu hören, aber auch nichts Positives.

Aus den Worten der Menschen spricht, dass sie den mächtigsten Mann der Welt für genau so hilflos halten wie sich selbst. Wohl bis August wird das Öl-Drama am Golf noch dauern. Werden die Menschen gehen? Debbie Collins zuckt die schmalen Schultern. «Hier gibt es doch nichts außer Shrimps und Touristen», meint sie. «Wenn das nicht mehr ist, muss man eben woanders hingehen, um zu überleben. Aber wenn man Fischer ist - wohin geht man dann?» Dann wehrt sich plötzlich etwas in ihr. «Die Leute im Süden, das sind doch Kämpfer. Wenn es eine Chance gibt, es wieder zu schaffen, dann werden sie es schaffen.» (dpa)
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