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31.08.2009 | 15:50 | Jahresbericht 

Ergebnisse der landesweiten Grundwasserüberwachung 2008 vorgestellt

Stuttgart - Umweltministerin Tanja Gönner und Landwirtschaftsminister Peter Hauk stellten vergangenen Freitag in Stuttgart den Jahresbericht 2008 zur Überwachung der Grundwasservorkommen im Land vor.

Grundwasserüberwachung 2008
(c) proplanta
In weiten Landesteilen habe der Jahresverlauf von Grundwasserständen und Quellschüttungen den langjährigen Mittelwerten entsprochen. "Starke Niederschläge in den Monaten März und April sowie im Oktober führten dazu, dass sich die Grundwasservorräte weiter auf dem langjährigen durchschnittlichen Niveau befinden. Die Trinkwasserversorgung ist damit weiterhin gesichert“, erklärte Umweltministerin Gönner. Lediglich in Oberschwaben sei die Situation zum Jahresende unterdurchschnittlich gewesen. Grundwasser in ausreichender Menge und guter Qualität sei für die öffentliche Trinkwasserversorgung in Baden-Württemberg unverzichtbar. "Etwa drei Viertel des gesamten Trinkwasserbedarfs im Land wird aus Grundwasser gedeckt", betonten Gönner und Hauk.


Rechenmodell soll Aufschluss über Einfluss des Klimawandels geben

In Folge des Klimawandels könnten sich in Zukunft allerdings die Grundwasserverhältnisse im Land verändern. "Es sind noch keine konkreten Auswirkungen erkennbar. Wir müssen allerdings davon ausgehen, dass Klimaerwärmung und Veränderungen bei den Niederschlägen sowohl die Grundwassermenge wie auch die Grundwassergüte beeinflussen", so Umweltministerin Gönner. So hätten die Ernteausfälle im Jahrhundertsommer 2003 zu erhöhten Reststickstoffgehalten im Boden und in den Folgejahren zu einer verstärkten Nitratauswaschung ins Grundwasser geführt. "Erst jetzt nach etwa fünf Jahren sind die Folgen ausgeglichen", so Gönner und Hauk. Mit einem Bodenwasserhaushaltsmodell würden deshalb derzeit auf Grundlage von aktuellen Klimaszenarien landesweite Berechnungen durchgeführt. "Wir wollen Erkenntnisse darüber gewinnen, wie sich die Situation verändern könnte, um gegebenenfalls auch gegensteuern zu können. Böden und Grundwasser müssen auch weiterhin geschützt und langfristig überwacht werden“, betonten Ministerin Gönner und Minister Hauk.


Nitrat weiterhin Hauptbelastung in der Fläche

Nach wie vor steht die Belastung des Grundwassers mit Nitrat im Mittelpunkt des Interesses, das vor allem über Düngemittel aus der Landwirtschaft eingetragen wird und bei hohen Werten als gesundheitsschädlich gilt. "In der Tendenz stellen wir einen Rückgang bei den Werten fest. Nitrat bleibt dennoch das Sorgenkind Nummer Eins", so Umweltministerin Gönner. Die Qualitätsnorm der EU von 50 Milligramm Nitrat pro Liter Grundwasser sei nach den Messungen der LUBW - Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg - an jeder neunten Landesmessstelle überschritten worden. Im Vorjahr wurden dagegen noch an jeder achten Messstelle zu hohe Nitratwerte gemessen. "Erfreulich ist, dass in den am höchsten belasteten Gebieten der Rückgang der Nitratbelastung am größten ausfällt. Das ist ein Beleg dafür, dass die Anstrengungen, den Schadstoffeintrag zu verringern, greifen." Die regionalen Belastungsschwerpunkte waren im vergangenen Jahr wie schon in den Vorjahren die Räume Markgräfler Land, Bruchsal-Mannheim-Heidelberg, Kraichgau, Stuttgart-Heilbronn, Main-Tauber-Kreis und Oberschwaben.


Ausgleichszahlungen an Landwirte führen zu sinkender Belastung

In der Kontrollaktion 2008 der Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung (SchALVO), koordiniert durch das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg, wurden fast 16.500 Standorte im Zeitraum vom 15. Oktober bis 15. November in den Problem- und Sanierungsgebieten Baden-Württembergs kontrolliert. Dazu wurden Bodenproben in jeweils 30 Zentimeter-Schichten bis zu einer Tiefe von 90 Zentimeter entnommen und auf den Nitratgehalt untersucht. Im Landesdurchschnitt lagen die Nitratgehalte 2008 niedriger als im Vorjahr. Insbesondere in den am höchsten belasteten Sanierungsgebieten war der Rückgang am größten. Betrachtet man die Ergebnisse der Untersuchungen seit Novellierung der SchALVO 2001, so kann man 2008 als durchschnittliches Jahr eingruppieren. "Vorteilhaft ist, dass seit 2005 die oberste Bodenschicht den höchsten Nitratgehalt aufweist. Eine Auswaschung des Restnitrates aus dieser Schicht in das Grundwasser ist unwahrscheinlich", erklärte Landwirtschaftsminister Hauk.

"Durch die SchALVO konnte in den Wasserschutzgebieten die Nitratbelastung in den letzten 15 Jahren bereits um 16 Prozent verringert werden", erklärte Minister Hauk. Der finanzielle Ausgleich für höhere Aufwendungen und/oder Ertragseinbußen, den die Landwirte für gesetzlich vorgeschriebene, besonders grundwasserschonende Maßnahmen in Wasserschutzgebieten erhalten, sei im Sinne des Grundwasserschutzes gut angelegtes Geld. "Dennoch ist es unser Bestreben, den Eintrag von Nitraten aus landwirtschaftlich genutzten Flächen weiter zu verringern. Deshalb fördert das Land auch außerhalb von Wasserschutzgebieten über das Agrarumweltprogramm MEKA weitere freiwillige grundwasserrelevante Maßnahmen. Als Beispiel seien die Förderung der Begrünung, der pfluglosen Bewirtschaftung oder der Grünlandbewirtschaftung genannt", erläuterte Landwirtschaftsminister Hauk. So stelle das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum in der aktuellen Programmplanungsperiode jährlich rund 100 Millionen Euro an Fördermitteln für Agrarumweltmaßnahmen bereit.


Pflanzenschutzmittelbelastung geht zurück

Seit rund 20 Jahren werde bei der Grundwasserüberwachung auch nach Pflanzenschutzmittelrückständen gefahndet. "Es konnten die Stoffe identifiziert werden, die für das Grundwasser und die Trinkwasserversorgung ein Problem darstellen. Jetzt zeigt sich, dass die Belastung mit Pflanzenschutzmitteln in den vergangenen Jahren erfreulicherweise insgesamt merklich zurückgegangen ist", so Umweltministerin Gönner und Landwirtschaftsminister Hauk. "Die Wirkstoffe selbst werden immer weniger nachgewiesen." Vereinzelt gefundene Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln seien aus Vorsorgegründen in das Überwachungsprogramm aufgenommen worden. Dabei handele es sich insbesondere um Dimethylsulfamid (DMS), das Abbauprodukt (Metabolit) des inzwischen nicht mehr zugelassenen Wirkstoffs Tolylfluanid und um Metaboliten des Wirkstoffs Chloridazon. Von einer Gefährdung für den Menschen sei bei den gefundenen Konzentrationen zwar nicht auszugehen. Aus dem Vorsorgeprinzip heraus werde dennoch eine Verringerung dieser Stoffe im Grundwasser angestrebt.

Die LUBW - Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg untersucht das Grundwasser regelmäßig an rund 2.100 Messstellen im Land und wertet die Daten systematisch aus. Das Messnetz wird durch Meldungen von rund 1.600 Messstellen der Wasserversorgungsunternehmen ergänzt.

Hauptbelastungsfaktor für das Grundwasser in der Fläche sind durch Pflanzendüngung eingetragene Nitrate. Etwa ein Viertel der Landesfläche ist als Wasserschutzgebiet ausgewiesen; abhängig von der Nitratbelastung erfolgt eine Einteilung in: Normalgebiete (78 Prozent der Wasserschutzgebietsfläche) sowie Problem- und Sanierungsgebiete (22 Prozent der Wasserschutzgebietsfläche).

Über die Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung (SchALVO) werden den Landwirten jährlich rund 20 Millionen Euro Ausgleichsleistungen für eine gewässerschonende Bewirtschaftung der Flächen in Problem- und Sanierungsgebieten als Ausgleich für die wirtschaftlichen Nachteile zur Verfügung gestellt.

Mit dem Agrarumweltprogramm MEKA werden freiwillige Umweltleistungen ausgeglichen. Der Ausgleich erfolgt für die durch die Bewirtschaftungsauflagen entstandenen höheren Kosten oder geringeren Erlöse.

Der Bericht "Grundwasser-Überwachungsprogramm - Ergebnisse der Beprobung 2008" kann unter www.lubw.baden-wuerttemberg.de (Stichwort: "Grundwasser 2008") als pdf-Datei abgerufen werden. Es gibt eine Kurzfassung mit dem elektronischen Jahresdatenkatalog und einen ausführlichen Fachbericht. (PD)
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