Die geplante Reform der
Agrarpolitik für die Zeit nach 2013 ist für den Öko-Landbau und die Entwicklung einer tatsächlich nachhaltigen Landwirtschaft von größter Bedeutung.
Die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN), Beate Jessel, analysierte, inwiefern die Reform Antworten auf die von der europäischen Kommission definierten neuen Herausforderungen gebe. Dazu zählen Klima-, Gewässer- und Bodenschutz sowie der Erhalt der biologischen Vielfalt. Der anhaltende Verlust an biologischer Vielfalt in Agrarlandschaften sei besorgniserregend.
Erhebliche Verluste artenreichen Grünlands und die intensive Ackernutzung mit massiv gestiegenem
Maisanbau seien wesentliche Ursachen. Deshalb müsse die Reform der
GAP dringend stärker ökologisch ausgerichtet werden. Die geplanten „Greening-Maßnahmen“ seien erste folgerichtige Ansätze, hinter welche die Politik auf keinen Fall zurück fallen dürfe. So müsse unbedingt an der Ausweisung von 7 % der landwirtschaftlichen Fläche als „Ökologische Vorrangflächen“ festgehalten werden.
Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA im europäischen Parlament, machte auf die hohen Folgekosten der intensiven Landwirtschaft aufmerksam. Er forderte, den Ökologischen Landbau zum Leitbild der europäischen Politik zu machen, da dieser Antworten auf die gestellten Fragen gebe: Den etwa 20 Prozent geringeren Erträgen des Ökolandbaus in der gemäßigten Zone stünden riesige Potenziale zur Einsparung hoher Nachsorgekosten bei der Tiergesundheit, beim Boden-, Trinkwasser- und
Klimaschutz und die Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum gegenüber. In tropischen Gebieten sei der Ökologische Landbau der konventionellen Landwirtschaft mit bis zu 120 % höheren Erträgen sogar überlegen, so Häusling.
Im Dialog zwischen Erzeugern – vertreten durch das BÖLW-Vorstandsmitglied Jan Plagge – sowie Verarbeitern und Händlern – deren Sicht die Geschäftsführerin des Bundesverbandes Naturkost Naturwaren Herstellung und Handel (BNN), Elke Röder, vertrat – wurde ein Dilemma sichtbar: Die Agrarpolitik gleiche einem
Maislabyrinth, in dem jeder Maisstängel für eine der zahlreichen Detailregelungen stehe. Die Regelungsdichte sei so hoch, dass sie von den Bürgern nicht zu durchschauen sei. Das eigentliche Ziel, eine an den Bedürfnissen der Steuerzahler ausgerichtete Landwirtschaft, gerate aus dem Blickfeld. Zusätzlich, so Plagge, würden in das Labyrinth von jenen, die gegen eine Änderungen der Agrarpolitik sind, noch Nebelkerzen geworfen, um von den Herausforderungen und den erforderlichen Lösungen abzulenken.
So würde beispielsweise behauptet, bei den 7 % ökologische Vorrangflächen handele es sich um Flächenstilllegung. Dabei gehe es um eine ökologische Mindestausstattung gerade auch intensiv genutzter Ackerstandorte, um dort die Funktionsfähigkeit des Agrarökosystems aufrecht zu erhalten. Eine solche ökologische Aktivierung sei sehr wohl unter Beibehaltung der Produktion möglich: der ökologische Landbau habe das längst bewiesen. Röder forderte die Direktzahlungen in der ersten Säule kritisch zu prüfen und das Geld besser in der zweiten Säule zu verwenden. Die Maßnahmen der 2. Säule müssten konsequent an den Erwartungen der Steuerzahler ausgerichtet werden. Dabei gelte das Prinzip: öffentliches Geld gegen Leistungen für das Gemeinwohl. Der derzeit vorliegende Legislativvorschlag leiste dies nicht.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Robert Kloos, unterstrich, auch der Bundesregierung gehe es darum, die Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten. Zudem sei Deutschland bei der Umsetzung der
Agrarreform Vorreiter. So sei hier die Entkoppelung der Prämien hin zu einer einheitlichen
Flächenprämie für Acker und Grünland im Gegensatz zu vielen anderen EU-Mitgliedsstaaten bereits vollzogen. Er plädierte dafür, bei Forderungen an die Agrarpolitik stets die bürokratische Umsetzbarkeit im Auge zu behalten. Der Vorsitzende des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Felix Löwenstein, mahnte an, konkret zu sagen, was unter dem Begriff „Nachhaltige Landwirtschaft“ verstanden wird und damit der Öffentlichkeit zu sagen, welche Form von Landwirtschaft angestrebt wird. Das sei Voraussetzung, um die Agrarpolitik zielgerichtet ausgestalten zu können und die Akzeptanz des Steuerzahlers zu gewinnen.
Der Geschäftsführer des
BÖLW, Alexander Gerber, machte in seinem Schlusswort deutlich, dass eine Politik für den Öko-Landbau deshalb so wichtig sei, weil er das Leitbild für den ökologischen Umbau der Landwirtschaft darstelle. Vor diesem Hintergrund fasste Gerber die zentralen Forderungen für die Reform der GAP zusammen: Die zweite Säule muss finanziell schrittweise besser ausgestattet werden, es ist ein Mindestanteil von 50 % in der zweiten Säule für Agrarumweltmaßnahmen vorzusehen und der Ökologische Landbau muss verpflichtender Bestandteil der Maßnahmen in der zweiten Säule sein. Bei der Koppelung der ersten Säule an ökologische Mindestanforderungen müssen eine dreifeldrige
Fruchtfolge mit einem maximalen Anteil einer Frucht von 50 % und 10 % ökologische Vorrangflächen umgesetzt werden. (bölw)