Auf dem Deutschen
Bauerntag sprach sich die CDU- Chefin am Mittwoch für eine Fortschreibung des befristeten Steuervorteils für Bauern beim Agrardiesel aus. «Ich würde mich dafür einsetzen, dass das verlängert wird», sagte sie in Stuttgart. Merkel kam damit Bauernpräsident Gerd
Sonnleitner entgegen, der mehr Entlastung beim Agrardiesel und ein staatliches Konjunkturpaket für Bauern fordert. Der 60-Jährige wurde in Stuttgart mit 97 Prozent Zustimmung überraschend deutlich im Amt bestätigt.
Sonnleitner, der seit 1997 den
Bauernverband führt, kritisierte eine fehlende staatliche Unterstützung für die Branche. «800 Millionen Euro verlieren wir derzeit jeden Monat. Aus dieser Misere müssen wir raus. Der Dampf im Kessel ist groß», sagte er. Die Landwirtschaft leide wie andere Branchen unter der Wirtschaftskrise. Auch die Bauern brauchten wie Autohersteller und Handwerk ein Konjunkturprogramm, um den Absatz anzukurbeln. «Die Bauern sollen von ihrer harten Arbeit wieder leben können», forderte der 60-Jährige vor rund 1.300 Teilnehmern des Bauerntags.
Vor allem die Preismisere auf dem
Milchmarkt könnte nach Ansicht des Bauernpräsidenten mit Konjunkturhilfen behoben werden. «Gibt es mehr Nachfrage, steigt automatisch der Preis», sagte Sonnleitner. Er verlangte einen Milchpakt von Handel, Molkereien, Bauern und Politik. Die Milchbauern bekommen derzeit rund 25 Cent pro Liter Milch. Nötig wären nach Branchenangaben etwa 40 Cent. Merkel sagte Unterstützung zu, dass Bauern wieder mehr Geld für ihre Milch erhalten. Es könne nicht sein, dass wenige Lebensmittelketten den Markt beherrschten, aber Zusammenschlüsse von Molkereien vom Kartellamt erschwert würden.
Die Regelung beim Agrardiesel, die zunächst auf zwei Jahre befristet ist, führt nach Merkels Angaben zu einer Entlastung für Bauern um 570 Millionen Euro. Während die deutschen Landwirte über 25 Cent pro Liter zahlen, liegt der Satz etwa in Frankreich nur bei 0,6 Cent. Merkel zeigte wenig Verständnis für die Proteste der Landwirte in den vergangenen Monaten. Der Bauernstreik sei nicht hilfreich gewesen und habe bei den Verbrauchern für Ärger gesorgt, sagte sie. Der Bundesverband Deutscher
Milchviehhalter hatte 2008 einen Lieferboykott und in diesem Jahr einen Hungerstreik organisiert.
Sonnleitner verteidigte die Protestzüge der Bauern. «Demonstrationen zum richtigen Zeitpunkt waren und sind unerlässlich», betonte der 60- Jährige. «Wir sind als Bauernverband aber keine Krawallmaschine.» Am Mittwoch gab es in mehreren Bundesländern erneut Protestaktionen. Die Kanzlerin forderte die Bauern zu Geschlossenheit auf. «Meine dringende Bitte ist, lasst uns die einzelnen Interessen nicht gegeneinander ausspielen.» Gerade wegen der Milchpreise solle es keinen weiteren Streit mehr zwischen den Verbänden geben.
Die Milchviehhalter und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft werfen Sonnleitner vor, die Interessen der Milchbauern nicht ausreichend zu vertreten. Die AbL - ein Zusammenschluss von Kleinbauern - sprach von einem Schaulaufen der Politik in Stuttgart. Dem
DBV gehören rund 90 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland an. (dpa)